Leitsatz (amtlich)
1. Überschreitet die vom Sachverständigen begehrte Vergütung den Auslagenvorschuss um mehr als 20 % und hat der Sachverständige auf die Überschreitung nicht rechtzeitig hingewiesen, so ist die Vergütung mit dem Betrag des Vorschusses zu kappen.
2. Die frühere Rechtsprechung, nach der die Kürzung der Vergütung des Sachverständigen unterblieb, wenn davon auszugehen war, dass es auch bei pflichtgemäßer Anzeige zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit gekommen wäre, ist durch die gesetzliche Neuregelung des § 8a Abs. 4 JVEG überholt.
Normenkette
JVEG §§ 4, 8a
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 06.09.2016; Aktenzeichen 3 O 215/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - vom 6.9.2016 abgeändert. Die Vergütung des Sachverständigen Prof. Dr. W. für seine Gutachtertätigkeit anlässlich der Erläuterung seines Gutachtens in der Sitzung vom 2.5.2016 wird auf 600 EUR festgesetzt. Der weiter gehende Vergütungsantrag des Sachverständigen wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde des Sachverständigen Prof. Dr. W. gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - vom 6.9.2016 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde der Landeskasse ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig und hat in der Sache Erfolg, die Beschwerde des Sachverständigen ist hingegen unbegründet.
Der Vergütungsanspruch des Sachverständigen für seine Gutachtertätigkeit anlässlich der Erläuterung seines Gutachtens in der Sitzung vom 2.5.2016 besteht gemäß § 8a Abs. 4 JVEG nur in Höhe des Auslagenvorschusses von 600 EUR. Nach dieser Vorschrift erhält der Sachverständige eine Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich übersteigt und der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO auf diesen Umstand hingewiesen hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die vom Sachverständigen begehrte Vergütung übersteigt den Auslagenvorschuss um mehr als 20 % und damit erheblich im Sinne des § 8a Abs. 4 JVEG (vgl. BT-Drucks. 17/11471 (neu), S. 260). Gleiches gilt, soweit die Rechnung des Sachverständigen entsprechend den Ausführungen der Kammer angesichts einer erforderlichen Vorbereitungszeit von lediglich 2 Stunden um 6 Stunden zu kürzen ist. § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO gilt in gleicher Weise anlässlich der Erstellung schriftlicher und mündlicher Gutachten bzw. der mündlichen Erläuterung eines schriftlichen Gutachtens. Auf die Überschreitung des Auslagenvorschusses, die bereits anlässlich der Vorbereitung des Termins absehbar war, hat der Sachverständige nicht rechtzeitig hingewiesen und damit gegen seine Mitteilungspflicht nach § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO verstoßen.
Mangelndes Verschulden (§ 8a Abs. 5 JVEG) hat der Sachverständige nicht dargelegt. Insbesondere folgt dieses nicht daraus, dass der Sachverständige anlässlich des Auftrags zur Erläuterung seines Gutachtens nicht erneut darauf hingewiesen worden ist, dass er zur Überprüfung verpflichtet ist, ob mit dem Auslagenvorschuss sein voraussichtlicher Aufwand gedeckt werden kann. Zur Zeit der Auftragserteilung musste er die am 1.8.2013 in Kraft getretene Vorschrift des § 8a JVEG kennen.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8a Abs. 4 JVEG ist die Vergütung des Sachverständigen somit entsprechend dem ausdrücklichen Hinweis in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 17/11471 (neu), S. 260) "mit dem Betrag des Vorschusses zu kappen (vgl. Senat, I-10 W 137/15, Beschluss vom 20.10.2015; OLG Hamm, I-24 U 220/12, Beschluss vom 24.7.2014). Die frühere Rechtsprechung, nach der die Kürzung der Vergütung des Sachverständigen unterblieb, wenn davon auszugehen war, dass es auch bei pflichtgemäßer Anzeige zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit gekommen wäre, ist durch die gesetzliche Neuregelung des § 8a Abs. 4 JVEG überholt. Der klare und eindeutige Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung lässt keinen Spielraum für eine einschränkende Auslegung.
II. Der Kostenausspruch folgt aus §§ 4 Abs. 8 JVEG.
Fundstellen
Haufe-Index 10764416 |
JurBüro 2017, 426 |