Leitsatz (amtlich)

1. Die kalkulatorische Gewerbesteuer nach § 8 GasNEV ist ausschließlich nach den kalkulatorischen Maßstäben der GasNEV zu ermitteln. Fiktive Bemessungsgrundlage ist die kalkulatorisch ermittelte Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV. Diese und nicht ein erst zu berechnender "kalkulatorischer Vorsteuergewinn" stellt den maßgeblichen fiktiven Gewerbeertrag dar, weswegen die kalkulatorische Gewerbesteuer auf der Grundlage der sog. "Vom-Hundert"-Rechnung zu ermitteln ist.

2. Diese Vorgehensweise bei der Berechnung der kalkulatorischen Gewerbesteuer steht weder im Widerspruch zur Vorgehensweise der Bundesnetzagentur in den Festlegungen der Eigenkapitalzinssätze zur Berechnung des Vorsteuerzinssatzes in Bezug auf die Körperschaftsteuer noch führt sie zu einer unzulässigen Reduzierung der Eigenkapitalverzinsung. Dass die Eigenkapitalverzinsung nicht in vollem Umfang erhalten bleibt, ist zwangsläufige Folge des rein kalkulatorischen Berechnungsansatzes, so dass Kostenneutralität nicht hergestellt werden muss.

 

Normenkette

GasNEV § 7 Abs. 6, § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Bundesnetzagentur (Beschluss vom 17.06.2014; Aktenzeichen BK9-11/8148)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Betroffenen vom 17.07.2014 wird der Beschluss der Beschlusskammer 9 der Bundesnetzagentur vom 17.06.2014, BK9-11/8148, aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Betroffene unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Bestimmung des Jahresanfangsbestands der kalkulatorischen Restwerte bei Neuanlagen, die im Basisjahr aktiviert wurden, im Rahmen der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung neu zu bescheiden. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Betroffene zu 56 % und die Bundesnetzagentur zu 44 %.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR... festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Betroffene ist Betreiberin eines Gasverteilernetzes.

Mit dem angegriffenen Bescheid vom 17.06.2014 legte die Bundesnetzagentur die Erlösobergrenzen der Betroffenen für die zweite Regulierungsperiode fest. Dabei setzte sie bei der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung für Neuanlagen, die erstmals im Basisjahr 2010 aktiviert wurden, den Jahresanfangsbestand der kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens im Rahmen der Mittelwertbildung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 GasNEV unter Berufung auf den Grundsatz der Bilanzidentität gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB mit Null an. Die kalkulatorische Gewerbesteuer errechnete die Bundesnetzagentur auf der Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung im Wege der "Vom-Hundert"-Rechnung.

Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde.

Die Betroffene ist der Ansicht, die Festlegung der Erlösobergrenzen sei schon insoweit rechtswidrig, als die Bundesnetzagentur im Rahmen der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung entgegen der Vorgaben der §§ 6, 7 GasNEV, § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG kalkulatorische Restwerte von Neuanlagen, welche im Basisjahr aktiviert worden seien, bei der Mittelwertbildung den Jahresanfangsbestand mit Null und nicht entsprechend § 6 Abs. 5 Sätze 3, 4 GasNEV in Höhe der Anschaffungs- und Herstellungskosten in Ansatz gebracht habe. Auch der erkennende Senat gehe in seinem Beschluss vom 27.05.2015, VI- 3 Kart 115/14 (V), von der Rechtswidrigkeit dieser Vorgehensweise aus.

Die Bundesnetzagentur habe außerdem die kalkulatorische Gewerbesteuer unter Verstoß gegen §§ 8 GasNEV, 21 Abs. 1, 2 EnWG fehlerhaft berechnet, indem sie - rechnerisch fehlerhaft - eine "Vom-Hundert"-Rechnung vorgenommen habe. Sinn und Zweck von § 8 GasNEV sei, dass der Netzbetreiber aus der regulatorisch zugestandenen Eigenkapitalverzinsung als Gewerbeertrag keine Gewerbesteuer finanzieren müsse. Dies folge auch aus der Ratio der §§ 7, 8 GasNEV sowie § 21 Abs. 2 EnWG, wonach die Rendite einer Netzinvestition nicht hinter der Rendite einer Alternativanlage am Kapitalmarkt zurückbleiben dürfen. Da § 7 GasNEV die Verzinsung des gebundenen Eigenkapitals nach Gewerbesteuer und vor Körperschaftsteuer darstelle, sei die Gewerbesteuer daher anhand der so genannten "Im-Hundert"-Rechnung zu ermitteln. Nur so werde gewährleistet, dass die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung im vollen Umfang erhalten bleibe und das in der GasNEV hinsichtlich der Altanlagen verankerte Prinzip der Nettosubstanzerhaltung nicht vereitelt werde. Mit ihrem Berechnungsansatz setze sich die Bundesnetzagentur auch in Widerspruch zu ihrem methodischen Vorgehen bei der Bestimmung der Eigenkapitalzinssätze (Festlegung vom 31.10.2011, BK4-11-304), bei der sie die Nachsteuerformel zur Ermittlung eines Zinssatzes vor Körperschaftssteuer zugrunde gelegt habe. Die spezielle Regelung des § 8 GasNEV bezwecke indes keine Schlechterstellung der Gewerbesteuer, sondern solle lediglich die Berücksichtigung regionaler Unterschiede beim Gewerbesteuerhebesatz gewährleisten. Bei Anwendung der Nachsteue...

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