Leitsatz (amtlich)
1. Der einheitliche Erfüllungsort für anwaltliche Dienstleistungen gem. Art. 7 Nr. 1 VO EU 1215/2012 ist im Allgemeinen der Kanzleisitz, von dem aus die Beratungsleistungen erbracht werden. Aus dem Anwaltsdienstvertrag erwachsene Zahlungsansprüche können somit ebenfalls dort geltend gemacht werden.
2. Die Angemessenheit eines anwaltlichen Stundensatzes hängt u.a. von der Kostenstruktur der jeweiligen Anwaltskanzlei ab. Einzelkanzleien mit wenig Personal, zum Teil mit Familienangehörigen, in ländlichen mietpreismäßig günstigen Landesteilen können deutlich anders kalkulieren können als international tätige Großkanzleien in Städten mit teuren Mieten und einem großen und kostspieligen Personalbestand (vgl. Senat, Beschluss vom 14. November 2011 - I-24 U 192/10, Rn. 10 mwN).
3. Die Höhe eines anwaltlichen Stundensatzes unterliegt keiner AGB-rechtlichen Kontrolle, denn Preisvereinbarungen sind von einer Inhaltskontrolle gem. §§ 307ff. BGB ausgenommen.
4. Bestreitet der Mandant pauschal den Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwalts, dann ist dies bei Vorgängen unerheblich, die der Mandant selbst miterlebt hat (z.B. Telefonate, Gespräche) oder durch die er anhand objektiver Unterlagen (z.B. Beweisaufnahmeprotokolle) Kenntnis erlangt hat (vgl. auch Senat, Beschluss vom 8. Januar 2019 - I-24 U 84/18, Rn. 33).
5. Ein Gericht ist aus eigener Sachkunde in der Lage, den Zeitaufwand anwaltlicher Tätigkeit zu schätzen (§ 287 ZPO), denn auch ein Richter leistet vergleichbare Arbeit, indem er Informationen rechtlicher Art verarbeitet, Recherchen durchführt und Dokumente erstellt (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Januar 2019 - I-24 U 84/18, Rn. 36).
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 7 O 81/18) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Der auf den 11. Januar 2022 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 11.786,83 festgesetzt.
Gründe
I. Die Berufung der Beklagten hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).
Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Vielmehr hat das Landgericht zutreffend das Versäumnisurteil vom 18. Januar 2019 aufrechterhalten.
1. Das Landgericht Düsseldorf war zur Entscheidung über die von der Klägerin verfolgte Honorarforderung international zuständig. Gemäß dem hier anwendbaren Art. 7 Nr. 1 VO EU 1215/2012 (= Brüssel Ia-VO, gültig seit dem 10. Januar 2015) besteht im Bereich der EU für bestimmte Vertragstypen ein autonomer Gerichtsstand des Vertrages. Für die Erbringung von Dienstleistungen ist der Ort der Dienstleistung maßgebend. Dieser bestimmt den einheitlichen Erfüllungsort für alle sich aus diesen Verträgen ergebenden Ansprüche, auch die aus dem Vertrag erwachsenen Zahlungsansprüche (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, Rn. 14, jetzt und im Folgenden zitiert nach juris; OLG München, Urteil vom 26. Februar 2020 - 15 U 4202/19, Rn. 41ff.; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Auflage, § 29 Rn. 3; Zöller/Geimer, aaO, Art. 7 EuGVVO Rn. 13). Unter Erfüllungsort ist nach der Rechtsprechung des EuGH der Ort zu verstehen, an dem die engste Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht besteht, wobei dies im Allgemeinen der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung sein wird (vgl. nur EuGH, Urteil vom 8. März 2018 - C-64/17, Rn. 44 mwN).
Hier sollte die Klägerin ihre Beratungstätigkeit in Düsseldorf, dem damaligen Kanzleisitz, erbringen, was bei einem Rechtsanwalt auch der Regelfall sein dürfte (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, Rn. 24; vgl. auch LG Hamburg, Urteil vom 10. November 2017 - 327 O 59/16, Rn. 35 mwN). Vom Kanzleisitz in Düsseldorf aus hielt die Klägerin auch Kontakt zu der Beklagten als Mandantin bzw. zu deren Geschäftsführer und führte die Beratungsleistungen aus. Soweit sie auch auf Leistungen der ... in Rom bzw. Mailand zurückgriff, ändert dies nichts. Denn der Beratungsvertrag war mit der in Düsseldorf ansässigen Klägerin geschlossen worden, welche von dort aus agierte, während die Rechtsanwälte in Rom bzw. Mailand lediglich unterstützend für die Klägerin tätig wurden.
2. Die zwischen den Parteien zustande gekommene Gebührenvere...