Leitsatz (amtlich)
1. Am Verfahren nicht beteiligen Dritten, für deren rechtliche Belange das Verfahren selbst oder wenigstens der ihm zugrunde liegende Sachverhalt von konkreter Bedeutung ist, kann Einsichtnahme in die Akten eines Zivilprozesses (nur) gewährt werden, wenn sie ein rechtliches oder auch rechtlich begründetes wirtschaftliches Interesse glaubhaft machen (hier bejaht, weil die Antragstellerin mit der Beklagten des Verfahrens, in dem sie Akteinsicht begehrt, auf Grund mit dieser geschlossener Vereinbarungen eines Kreuzlizenzvertrages zur gemeinsamen Lizenzierung von Patenten im Bereich der Verbindung von Fertigparkett in der "Fold Down Technologie" sowie nachfolgender Unterlizensierungsvereinbarung in einer rechtlichen Beziehung stehe, die einen konkreten Bezug zu dem Gegenstand des eigenen Verfahrens gegen die Beklagte aufweise und damit den rechtlich geschützten Interessenkreis der Antragstellerin berühre) und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen.
2. Die Bejahung des rechtlichen Interesses an der Einsicht in die Akten begründet noch keinen Anspruch auf Akteneinsicht, sondern eröffnet erst den Weg für eine - namentlich unter Berücksichtigung des Schutzes des aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG herzuleitenden informationellen Selbstbestimmungsrechts der Prozessparteien vorzunehmende - Ermessensentscheidung des Gerichtsvorstands nach § 299 Abs. 2 ZPO.
Normenkette
EGGVG § § 23 ff., § 27 Abs. 2 S. 2, § 28 Abs. 1 S. 1; ZPO § 299 Abs. 2; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 17.06.2016; Aktenzeichen 1451 E - 1143.2016.256) |
Tenor
Der Bescheid des Präsidenten des LG Düsseldorf vom 5.8.2016 wird aufgehoben. Der Antragsgegner wird angewiesen, den Antrag der Antragstellerin vom 17.6.2016 auf Bewilligung von Akteneinsicht in die Akten des Zivilprozesses mit dem Aktenzeichen 4c 11/14 LG Düsseldorf unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 17.6.2016 hat die hiesige Antragstellerin den Antragsgegner um Einsicht in die Gerichtsakten des Zivilprozesses mit dem Aktenzeichen des LG Düsseldorf 4c O 11/14, an welchem sie nicht beteiligt ist, ersucht.
Die Antragstellerin ist Klägerin in dem unter dem Aktenzeichen 4a O 172/15 beim LG Düsseldorf geführten Verfahren. Beklagte ist unter anderem die C. I. P. GmbH (= C.). Die Parteien und ihre Unternehmensgruppen sind Wettbewerber auf dem Markt für Paneel-Fußboden. Sie haben sich im August 2009 im Rahmen eines Kreuzlizenzvertrages (C. L. A. = CLA) zur gemeinsamen Lizenzierung von Patenten in der Fold Down Technologie verpflichtet. Dadurch wollten sie insoweit eine einheitliche Lizenzierungspraxis fördern. Im Hinblick auf die Lizenzierung ihrer sonstigen Patente sind sie nach wie vor Wettbewerber. Den Kreuzlizenzvertrag ergänzten sie im Dezember 2009 um eine Unterlizenzierungsvereinbarung (FAA).
Die Antragstellerin nimmt C. u.a. in dem genannten Verfahren auf Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch, weil sie einen Lizenzvertrag mit E. geschlossen hat, ohne zugleich Unterlizenzen an den Patenten der Antragstellerin zu erteilen. Sie, die Antragstellerin, wisse dies auf Grund einer Prozessmitteilung auf der C. -Website, wo auf das veröffentlichte Urteil des LG Düsseldorf in Sachen 4 C 11/14 aufmerksam gemacht worden sei; danach falle ein von E. selbst entwickeltes Fold Down System unter das Schutzrecht der M. -Patent-Familie und damit einen gemeinsamen Lizenzvertrag von C. und E.C. verteidige sich in dem Verfahren 4a O 172/15 damit, dieser Lizenzvertrag sei bereits vor Abschluss der Unterlizenzierungsvereinbarung (FAA) geschlossen worden (1.12.2009).
Die Antragstellerin hat zur Begründung ihres Akteneinsichtsgesucht geltend gemacht, sie habe ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht, da ihr - in dem Verfahren 4a O 172/15 geltend gemachter - Anspruch gegen C. u.a. von dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwischen C. und E. abhänge. Es bestünden begründete Zweifel an der Richtigkeit des Verteidigungsvorbringens der Beklagten in dem vorgenannten Verfahren, da ausweislich des Tatbestands des Urteils vom 19.3.2015 der Lizenzvertrag zwischen den dortigen Prozessparteien - C. und E.- am 7.1.2011 unterzeichnet worden sei mit dem Wirksamkeitsdatum 28.12.2009. Zur Klärung dieses Widerspruchs bzw. zur Aufklärung des Verdachts wahrheitswidrigen Vortrages von C. sei die Akteneinsicht erforderlich.
Die Prozessparteien des Verfahrens 4c 11/14 LG Düsseldorf haben dem Akteneinsichtsgesuch widersprochen, wobei C. darauf hinwies, sie habe im Klageverfahren 4a 172/15 ausgeführt, dass sie mit E. bereits im Juni 2009 einen mündlichen Vertrag geschlossen habe, der im Verfahren gegen E. keine Rolle gespielt habe (vgl. Bl. 1365 des VV). Es sei vorliegend - im Verfahren 4a 172/15 - unstreitig, dass der schriftliche Vertrag als "Effective date of the Agr...