Tenor
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenbetroffenen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I. 1. Mit Bußgeldbescheid vom 21. Dezember 2018 hat das Bundeskartellamt gegen die Nebenbetroffene M. eine Geldbuße in Höhe von 1.600.000 EUR festgesetzt, § 81 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: M.1 soll sich in seiner Funktion als Geschäftsführer der Nebenbetroffenen während des Vergabeverfahrens zu der Ausschreibung der Gewerke Heizung/Kälte und Lüftung betreffend das Projekt "X." der Auftraggeberin C. im Dezember 2008 mit dem Zeugen I., einem Mitarbeiter der (ehemaligen) Nebenbetroffenen D., bei einem Treffen in einem Café in ... darauf verständigt haben, dass sich die Nebenbetroffene zugunsten der D. bei dieser Ausschreibung zurückhalten werde (Bußgeldbescheid Rn. 62).
Diese Absprache habe die Nebenbetroffene umgesetzt, indem sie innerhalb der Angebotsfrist keine Angebote abgab, obgleich sie gegenüber dem mit der Durchführung des Vergabeverfahrens betrauten Ingenieurbüro C.1 zunächst zugesagt habe, am 13. Dezember 2008 Angebote abzugeben.
Bereits vor dem Treffen zwischen I. und M.1 an einem nicht mehr genau bestimmbaren Tag im Dezember 2008 hatte D. ihre (ersten) Angebote abgegeben und zwar am 14. November 2008 für die Gewerke "Heizung/Kälte" und am 21. November 2008 für "Lüftung".
Den Zuschlag für beide Gewerke habe die D. am 20. April 2009 erhalten. Die Schlussrechnung der D. vom 28. September 2010 habe sich einschließlich Nachtragsforderungen auf eine Gesamtsumme von 13.912.027,28 EUR belaufen.
2. Der Bußgeldbescheid wurde am 10. Januar 2019 der Nebenbetroffenen M. und am 14. Januar 2019 dem Verteidiger zugestellt. Gegen den Bußgeldbescheid hat die Nebenbetroffene am 16. Januar 2019 Einspruch eingelegt. Am 25. Februar 2019 hat das Bundeskartellamt das Verfahren gegen die Nebenbetroffene M. aus dem Ursprungsverfahren ausgetrennt und mit Schreiben vom 18. Juli 2019 der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf übersandt, mit der Bitte, die Akten nach § 69 Abs. 3 OWiG dem zuständigen Kartellsenat beim hiesigen Oberlandesgericht vorzulegen. Mit Verfügung vom 23. August 2019 hat die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf die Akten dem Senat vorgelegt, wo sie am 29. August 2019 eingingen.
3. Ausgangspunkt des Verfahrens war ein Ordnungswidrigkeitenverfahren, das das Bundeskartellamt ursprünglich wegen des Verdachts wettbewerbsbeschränkender Absprachen gegen verschiedene Hersteller technischer Gebäudeausrüstung geführt hat. Dieses Verfahren ging zurück auf die Erklärung der Bereitschaft zur Zusammenarbeit gemäß Ziffer 1.1 (sog. "Marker") der sogenannten Bonusregelung (Bekanntmachung Nr. 9/2006 vom 7. März 2006 des Bundeskartellamtes über den Erlass und die Reduktion von Geldbußen in Kartellsachen) der S., der niederländischen Konzernmutter der (ehemaligen) Nebenbetroffenen J., vom 4. November 2014.
Am 7. November 2014 setzte die D. ebenfalls einen Marker nach der Bonusregelung und zwar betreffend den Markt "gebäudetechnische Dienstleistungen bezüglich Kraftwerksprojekte, wie z.B. bezüglich des X.1 in ..." (Bd. 1, Bl. 29 f. d. A.).
Mit Schreiben vom 15. Januar 2015 hat das Bundeskartellamt das Verfahren nach § 41 Abs. 1 OWiG mit Blick auf die strafrechtliche Verfolgung der betroffenen natürlichen Personen an die zuständige Staatsanwaltschaft München I abgegeben. Gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft München I bereitete das Bundeskartellamt eine Durchsuchung vor und beantragte Durchsuchungsbeschlüsse, die am 3. Februar 2015 gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft München I in den Geschäftsräumen verschiedener Nebenbetroffenen vollstreckt wurden. Die Staatsanwaltschaft München I durchsuchte zudem noch weitere Unternehmen und Privatwohnungen, u.a. auch die Privatwohnung des Zeugen I..
Der Zeuge I. sagte am 17. März 2015 erstmals als Beschuldigter in dem gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren - im Beisein auch des Bundeskartellamts - aus und belastete u.a. M.1. Infolge dieser Aussage leitete die Staatsanwaltschaft München I am 18. März 2015 ein Verfahren gegen M.1 ein. Zudem beantragte das Bundeskartellamt Durchsuchungsbeschlüsse betreffend D., die am 24. März 2015 vollstreckt wurden: Es wurden die Geschäftsräume der D. in den Niederlassungen ..., ... und ... durchsucht. Ferner leitete das Bundeskartellamt am selben Tag gegen mehrere Unternehmen - unter anderem auch gegen die Nebenbetroffene - Verfahren ein. Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten M.1 stellte die Staatsanwaltschaft München I mit Verfügung vom 17. Oktober 2019 nach § 170 Abs. 2 StPO ein, da sich eine Strafbarkeit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ergebe. Eine Strafbarkeit nach § 298 StGB scheide aus, da keine Ausschreibung im Sinne dieser Vorschrift durchgeführt worden sei. Bei Wertung aller Umstände des Einzelfalls sei die Vergabe freihändig durchgeführt worden und habe auch nicht in den wesentlichen Grundzüge...