Leitsatz (amtlich)
1. Überträgt der Nacherbe seine Anwartschaft auf den Vorerben, wird dieser infolge Konfusion Vollerbe des Erblassers.
a) Die Übertragung der Anwartschaft bedarf nicht der Zustimmung des Ersatznacherben.
b) Fehlt die Zustimmung des Ersatznacherben und tritt der Ersatznacherbfall ein, endet allerdings die Wirkung der Konfusion und der Vollerbe wird mit Wirkung ex nunc wieder Vorerbe.
2. Der Nacherbe ist befugt, in die Übertragung einzelner Nachlassgegenstände auf einen Dritten oder den Vorerben einzuwilligen, ohne dass es der Zustimmung des Ersatznacherben bedarf. Das gilt selbst dann, wenn die zu übertragenden Nachlassgegenstände nahezu den gesamten Nachlasswert ausmachen.
3. Besteht der Nachlass aus einem einzigen Gegenstand und wird dieser Gegenstand mit Zustimmung des Nacherben auf einen Dritten oder den Vorerben übertragen, hängt die Rechtsbeständigkeit dieses Übertragungsgeschäfts von der Zustimmung des Ersatznacherben ab. Fehlt dessen Zustimmung, wird die Übertragung bei Eintritt des Ersatznacherbfalles hinfällig.
Normenkette
BGB § 2120
Verfahrensgang
AG Grevenbroich (Aktenzeichen LA-341-8) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Grevenbroich vom 24. Juni 2020 aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Grundbuchberichtigungsantrag der Beteiligten nach Maßgabe der folgenden Gründe erneut zu behandeln und zu bescheiden und ihn hierbei nicht mit der Begründung, es fehle an erforderlichen Erklärungen der Ersatznacherben, zurückzuweisen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Eigentümerin (unter anderem) des im hiesigen Beschlusseingang bezeichneten sowie weiteren, im Grundbuch des Amtsgerichts Grevenbroich von Bedburdyck Blatt ... eingetragenen Grundbesitzes war die 1999 verstorbene Frau ... Die Beteiligte zu 1. ist die Nichte, der Beteiligte zu 3. ist der Neffe der ehemaligen Eigentümerin (und Bruder der Beteiligten zu 1.), die Beteiligten zu 2. sind die Kinder der Beteiligten zu 1. Heute besteht der Nachlass nur aus den beiden vorgenannten Grundstücken. Die Beteiligten gehen für das hier in Rede stehende Grundstück von einem Verkehrswert von rund 350.000 EUR sowie für das weitere Grundstück von ungefähr 6.000 EUR aus.
In ihrem umfangreichen privatschriftlichen Testament vom 17. Februar 1999 verfügte die seinerzeitige Eigentümerin unter anderem: Zu ihrer alleinigen Vorerbin setze sie die Beteiligte zu 1. ein; Ersatzerben seien deren Abkömmlinge; die Vorerbin sei für das Haus ... von den gesetzlichen Beschränkungen nicht befreit. Nacherben nach dem Tode der Vorerbin oder des oder der Ersatzerben seien die ehelichen Kinder zu gleichen Teilen; sollten die Nacherben ohne Abkömmlinge versterben, gehe das vorbezeichnete Haus an den Beteiligten zu 3. oder dessen Erben, "also in meine Blutsverwandtschaft zurück". Die Nacherbenanwartschaften seien weder vererblich, noch veräußerlich. Schließlich setzte die Testierende zahlreiche und umfangreiche Vermächtnisse aus, darunter eines zugunsten des Beteiligten zu 3.
In Abteilung II des hiesigen Grundbuchblattes ist ein dem Testamentsinhalt entsprechender Nacherbenvermerk eingetragen, nach welchem mit dem Tode der Vorerbin eintretende Nacherbfolge angeordnet sei und zu Nacherben die ehelichen Kinder der Vorerbin berufen seien; seien zum Zeitpunkt des Nacherbfalls keine ehelichen Kinder der Vorerbin vorhanden, sei Nacherbe der Beteiligte zu 3., ersatzweise dessen Abkömmlinge.
Mit notarieller Urkunde vom 21. Mai 2020 (UR-Nr. ... des Verfahrensbevollmächtigten) erklärten die Beteiligten die "Überführung eines der Nacherbschaft unterliegenden Grundstücks in das freie Vermögen des Vorerben". Eingangs referierten sie den zuvor dargestellten Inhalt des Testaments und würdigten ihn unter anderem dahin, bezüglich des hiesigen Grundbesitzes sei die Beteiligte zu 1. nicht befreite Vorerbin, der Beteiligte zu 3. sei aufschiebend bedingter weiterer Nacherbe, dessen Ersatznacherben seine Abkömmlinge. Sodann hieß es unter anderem:
...
Mit Schrift des Verfahrensbevollmächtigten vom 26. Mai 2020, ergänzt unter dem 4. Juni 2020, haben die Beteiligten - soweit gegenwärtig noch von Belang - die Löschung des Nacherbenvermerks im hiesigen Grundbuchblatt im Wege der Grundbuchberichtigung beantragt und das Grundbuchamt gebeten, vom Erlass einer Zwischenverfügung abzusehen.
Durch die angefochtene Entscheidung hat das Grundbuchamt den Grundbuchberichtigungsantrag zurückgewiesen. Daraufhin hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schrift vom 29. Juni 2020 erklärt, gegen die Zurückweisung des Antrags auf Löschung des Nacherbenvermerks lege er Beschwerde ein, und dies näher begründet. Mit weiterem Beschluss vom 3. Juli 2020 hat das Grundbuchamt dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Grundakte Bezug genommen.
II. A. Das vom beurkundenden und antragstellende...