Leitsatz (amtlich)
Im Regressprozess wegen einer versäumten Unterhaltsabänderungsklage hat der klagende Mandant dem Gericht den Sachverhalt vorzutragen, den er als Schuldner dem Familiengericht im Ausgangsverfahren unterbreitet hätte und aus dem sich schlüssig ergeben muss, dass der titulierte Unterhalt wegen unvorhergesehener, wesentlicher Veränderung der tatsächlichen und/oder rechtlichen Verhältnisse hätte herabgesetzt werden müssen.
Normenkette
BGB §§ 675, 611, 280; ZPO § 323
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 25.01.2008; Aktenzeichen 1 O 353/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 25.1.2008 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Kleve wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Berufungsstreitwert: 5.535,53 EUR.
Gründe
I. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das LG hat die gegen den beklagten Rechtsanwalt gerichtete Klage auf Schadensersatz (nebst Zinsen) i.H.v. insgesamt 5.535,53 EUR (Ehegattenunterhaltsschaden: 2.192,75 EUR; Kostenschäden: 3.342,78 EUR) zu Recht abgewiesen. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 10.12.2008. Dort hat der Senat im Wesentlichen u.a. ausgeführt:
1. Unterhaltsschaden
Offen bleiben kann, ob der Beklagte dadurch den Rechtsbesorgungsvertrag verletzt hat, dass er (angeblich weisungswidrig) die vom Kläger gewünschte und gegen den Ehegattenunterhaltsauspruch im Ehescheidungsverbundurteil vom 17.1.2003 (19 F 2/02 AG Kleve, künftig: EU-Titel) zu richtende Abänderungsklage aus § 323 Abs. 1 ZPO erst im Mai 2005 erhob statt bereits im Oktober 2004. Denn der Kläger hat den Kausalitätsnachweis nicht geführt, nämlich den Nachweis, dass die behauptete Pflichtverletzung zu dem geltend gemachten Ehegattenunterhaltsschaden (künftig: EU-Schaden) i.H.v. (7 Mon × 313,25 EUR/Mon) 2.192,75 EUR geführt hat.
a) Hinsichtlich eines behaupteten Teilschadens von (7 Mon × 195,01 EUR/Mon) 1.365,07 EUR ist die Kausalität der behaupteten Pflichtverletzung sogar widerlegt.
aa) Nach dem Vortrag des Klägers soll sich der EU-Schaden aus der Differenz zwischen dem titulierten und dem angeblich nur geschuldeten Ehegattenunterhalt (künftig: EU) zusammensetzen, und zwar im Einzelnen wie folgt:
Tabelle 1
Zeile |
Position |
Beträge/EUR |
Beträge/EUR |
Beträge/EUR |
01 |
EU-Titel/mtl. |
769,00 |
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02 |
mtl. gezahlter EU ab 11/03 (Vereinbarung) |
-573,99 |
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03 |
Differenz/monatlich |
195,01 |
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04 |
Zahlungsdifferenz 10/04 bis 04/05 (7 Mon × 195,01 EUR) |
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1.365,07 |
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05 |
Zahlungsdifferenz (Zeile 07) vollstreckt |
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1.365,07 |
06 |
mtl. gezahlter EU ab 11/03 |
573,99 |
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07 |
reduzierter Unterhalt/mtl. |
-455,75 |
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08 |
EU-Schaden/mtl. |
118,24 |
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09 |
EU-Schaden 10/04 - 04/05 (7 Mon × 118,24 EUR) |
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827,88 |
10 |
behaupteter EU-Schaden 10/04-04/04 (7 Monate) |
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2.192,75 |
bb) In Höhe der in Tabelle 1/Zeile 05 ausgewiesenen Zahlungsdifferenz (1.365,07 EUR) hat der Kläger in feststellbarer Weise keinen Schaden erlitten. Ausweislich der mitgeteilten Entscheidungsgründe des am 18.8.2006 verkündeten Urteils des OLG Düsseldorf (II-3 UF 102/06, künftig: Vollstreckungsurteil) hat die Ehefrau aus dem EU-Titel zwar rückwirkend ab 20.3.2004 und damit auch für die hier umstrittene Zeit von Oktober 2004 bis April 2005 wegen der Zahlungsdifferenz i.H.v. 195,01 EUR/mtl. die Vollstreckung betrieben. Das ist ihr dann aber durch das in Rede stehende Vollstreckungsurteil verboten worden. Wäre die Vollstreckungsmaßnahme der geschiedenen Ehefrau des Klägers (künftig: Ehefrau) erfolgreich durchgeführt worden, hätte das Vollstreckungsurteil wegen Teilerledigung der Hauptsache gar nicht ergehen dürfen. Vielmehr hätte der Kläger in diesem Fall zur Leistungsklage aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung bzw. des Schadensersatzes übergehen können und müssen (vgl. BGHZ 58, 207, 214 ff.; 77, 9, 11 und 17; 83, 278, 280; BGH NJW 1985, 3080, 3081 jew. m.w.N.; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 767 Rz. 2 Stichw. "Bereicherungsklage", "Schadensersatz"). Der Umstand, dass das nicht geschehen ist, belegt vielmehr, dass die Ehefrau mit ihrer Vollstreckung letztlich keinen Erfolg gehabt hat, so dass es näherer Darlegungen des Klägers zum Schadenseintritt bedurft hätte, die indes fehlen.
b) Der Kläger hat in feststellbarer Weise auch keinen EU-Schaden wegen der verbleibenden Differenz i.H.v. 827,88 EUR (Tabelle 1/Zeile 09) erlitten.
aa) Hängt im Regressprozess die Frage, ob dem Mandanten durch eine schuldhafte Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ein Schaden entstanden ist, vom hypothetischen Ergebnis des Ausgangsverfahrens ab, muss das Regressgericht selbst prüfen, wie jenes Verfahren richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre. Dabei ist der Sachverhalt zugrundezulegen, der auch dem Ausgangsgericht zur Entscheidung vorgelegt worden wäre. Die Darlegungs- und Beweislast im Regressprozess richtet sich dann grundsätzlich nach der Darlegungs- und Beweislast im Ausgangsverfahren (vgl. BGHZ 133, 110, 111 f. = NJW 1996, 2501, 2502 sub Nr. 3; BGH ...