Leitsatz (amtlich)
›1. Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers beträgt auch in Strafsachen zwei Wochen. Die einwöchige Frist des § 311 Abs. 2 StPO gilt hier nicht.
2. Zur Anwendbarkeit der sog. Differenztheorie bei Kostenentscheidung bzw. Kostenfestsetzung im Falle des Teilfreispruchs nach Inkrafttreten des § 464d StPO (Auslagenverteilung nach Bruchteilen).‹
Verfahrensgang
StA Düsseldorf (Aktenzeichen 810 Js 902/88) |
Gründe
I.
Die I. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf hat gegen den Verurteilten durch rechtskräftiges Urteil vom 5. Juli 1996 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten erkannt, deren Vollstreckung sie zur Bewährung ausgesetzt hat. Vom Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung wurde der Verurteilte freigesprochen.
Soweit der Antragsteller verurteilt worden ist, wurden ihm die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin B auferlegt. Soweit er freigesprochen worden ist, wurden die Auslagen der Staatskasse und die dem Verurteilten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt.
Der Verurteilte hat beantragt, ihm aufgrund seines Teilfreispruchs in den Fällen B und B anteilige Verteidigergebühren für vier Verhandlungstage in Höhe von insgesamt 5.290,-- DM und aufgrund des Freispruchs vom Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung in den Fällen B, S und anteilige Verteidigergebühren für einen weiteren Verhandlungstag in Höhe von 874,-- DM aus der Staatskasse zu erstatten.
Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat den Antrag durch Beschluß vom 18. April 2000 mit der Begründung zurückgewiesen, nach der anzuwendenden sog. Differenztheorie seien ausscheidbare, allein durch die vom Teilfreispruch erfaßten Taten verursachte notwendige Auslagen des Verurteilten nicht entstanden.
Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seiner als "Erinnerung" bezeichneten sofortigen Beschwerde.
II.
1.
Das Rechtsmittel ist zulässig.
Der angefochtene Beschluß ist dem Verteidiger des Verurteilten ausweislich der Akten am 28. April 2000 ohne Rechtsmittelbelehrung zugestellt worden. Nachdem die sofortige Beschwerde des Verurteilten am 8. Mai 2000 bei dem Landgericht eingegangen ist, bedarf es einer Entscheidung gemäß § 44 Satz 2 StPO über den von dem Verurteilten gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht. Dieser ist gegenstandslos, denn die sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 464 b Satz 3 StPO, § 104 Abs. 3 ZPO rechtzeitig eingelegt und damit zulässig.
Für die Einlegung des Rechtsmittels gilt gemäß §§ 104 Abs. 3, 577, Abs. 2 ZPO eine Frist von zwei Wochen und nicht die einwöchige Frist nach § 311 Abs. 2 StPO. Dies folgt aus der Verweisung in § 464 b Satz 3 StPO. Wenn dort für die "Kostenfestsetzung" - so die amtliche Überschrift - eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der ZPO auf das Verfahren und auf die Vollstreckung der Entscheidung angeordnet wird, so hat das für das gesamte Verfahren einschließlich des Beschwerdeverfahrens zu gelten. Es ist kein Grund ersichtlich, die Kostenfestsetzung und deren Vollstreckung zwar nach den zivilprozessualen Bestimmungen der ZPO durchzuführen, auf das Beschwerdeverfahren jedoch die Regeln der StPO anzuwenden (vgl. OLG Düsseldorf - 3. Strafsenat -, Beschl. v. 16. September 1999 - 3 Ws 408/99 -: LR-Hilger, StPO, 24. Aufl., § 464b Rn. 9; KK-Franke, StPO, 4. Aufl., § 464 b Rn. 4; a.M. OLG Düsseldorf - 4. Strafsenat -, Beschl. v. 7. Februar 2000 - 4 Ws 400/99 -; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 464 b Rn. 7). Die kurzen strafprozessualen Anfechtungsfristen dienen der Beschleunigung des Strafverfahrens und damit sowohl dem Interesse des Beschuldigten als auch dem öffentlichen Interesse (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., Einl. Rn. 160). Auf das der Regelung vermögensrechtlicher Ansprüche dienende und deshalb anders als das Strafverfahren keine besondere Beschleunigung erfordernde Kostenfestsetzungsverfahren sind sie deshalb auch nicht entsprechend anwendbar.
2.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.
a)
Die Kostenentscheidung des Urteils ist auf der Grundlage der sog. "Differenttheorie" ergangen. Danach hat der Angeklagte bei einem Teilfreispruch seine Auslagen grundsätzlich selbst zu tragen. Nur die auscheidbaren Auslagen, die ausschließlich auf den freisprechenden Teil des Urteils entfallen, sind ihm aus der Staatskasse zu erstatten. Bei den Verteidigergebühren geschieht diese Ausscheidung in der Weise, daß von dem Gesamthonorar des Verteidigers das fiktive Honorar abgezogen wird, das diesem entstanden wäre, wenn nur die abgeurteilten Taten Gegenstand der Verteidigung gewesen wären. Der verbleibende Differenzbetrag ist dem Verurteilten zu erstatten (OLG Karlsruhe NStZ 1998, 317; OLG München JurBüro 1985, 151).
An dieser Rechtslage hat sich durch die Einführung des § 464 d St...