Leitsatz (amtlich)

Wird ein Rechtsanwalt wegen rechtswidrig einbehaltener Fremdgelder eines Mandanten strafrechtlich verurteilt und unter anderem die Einziehung des Wertes des Tatertrages angeordnet, ist der Mandant nicht gehindert, seine Zahlungsansprüche auch zivilrechtlich zu verfolgen. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt vor, zumal es sich auch aus den einschlägigen Regelungen der Strafprozessordnung herleiten lässt.

Werden die Ansprüche des Mandanten als Geschädigtem befriedigt, hat das Strafgericht nach § 459g Abs. 4 StPO den Ausschluss der Vollstreckung anzuordnen. Wie auch § 73e Abs. 1 StGB verfolgt die Regelung des § 459g Abs. 4 StPO das Ziel, den Einziehungsadressaten vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 7 O 100/20)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Mai 2021 von Amts wegen gem. § 319 Abs. 1 ZPO insoweit zu berichtigen, als statt der zuerkannten Zinsen iHv 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 10.449,58 und aus EUR 1.742,35, jeweils seit dem 15. September 2019, Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zuerkannt werden.

Der Senat beabsichtigt weiter, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der auf den 8. November 2022 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 12.191,93 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung vereinnahmter Fremdgelder und überzahlten Honorars aus einem Verkehrsunfallprozess in Anspruch. Die Rechtsanwaltspartnerschaft, der auch der Beklagte angehörte und welche zwischenzeitlich im Partnerschaftsregister gelöscht wurde, vereinnahmte von der gegnerischen Versicherung Zahlungen für Schadensersatz, Sachverständigenkosten und außergerichtliche Kosten. Eine Information an die Klägerin über den Zahlungseingang durch die Rechtsanwaltspartnerschaft oder den Beklagten als Sachbearbeiter bzw. eine Abrechnung hierüber erfolgte nicht. Von der Zahlung der Versicherung erfuhr die Klägerin durch einen gegnerischen Schriftsatz vom 13. März 2017. Nachdem der Beklagte trotz mehrfacher Aufforderungen keine Zahlungen leistete, nahm die Klägerin ihn mit einer im Mai 2020 erhobenen Klage auf Zahlung von insgesamt EUR 12.936,93 sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch.

Am 23. April 2020 hatte die Klägerin bei der Staatsanwaltschaft ... eine Strafanzeige gegen den Beklagten erstattet. Aufgrund dessen wurde vom Amtsgericht ... am 8. Dezember 2020 ein Strafbefehl erlassen, in dem gegen den Beklagten eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je EUR 100,00 festgesetzt und die Einziehung des Wertes des Tatertrages iHv EUR 10.312,52 angeordnet wurde. Dagegen legte der Beklagte einen auf die Rechtsfolgenseite beschränkten Einspruch ein, welcher zu einer Reduzierung der Geldstrafe, jedoch zur Beibehaltung der Einziehung der Taterträge für die Opferentschädigung führte.

Der Beklagte hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.

Mit seinem am 12. Mai 2021 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage unter Abweisung im Übrigen iHv EUR 12.191,93 stattgegeben und den Beklagten darüber hinaus zur Zahlung vorgerichtlicher Kosten iHv EUR 805,20 verurteilt.

Mit seiner zulässig eingelegten Berufung wendet sich der Beklagte gegen die - im Urteil nicht erläuterte - Annahme des Landgerichts, die Klägerin verfüge über ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage. Er meint, die Klägerin könne durch die von der Staatsanwaltschaft betriebene Vollstreckung, welche auch die Einziehung des Wertes des Tatertrages umfasse, ihre Forderung befriedigen, weshalb für ihn die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme bestünde. Er zahle monatlich an die Staatsanwaltschaft EUR 500,00. Des Weiteren meint der Beklagte, mit Ablauf des Jahres 2019 sei Verjährung eingetreten.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen des Beklagten entgegen und trägt vor, sie habe bislang kein Geld erhalten. Eine doppelte Inanspruchnahme des Beklagten werde, worauf auch das Landgericht verwiesen hatte, durch die Regelung des § 459g Abs. 4 StPO verhindert.

Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

II. Die Berufung des Beklagten hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).

Die Berufung kann gemäß §§ 51...

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