Leitsatz (amtlich)

1. Will ein Beteiligter die Bestellung eines Nachtragsliquidators nach § 66 Abs. 5 GmbHG erreichen, genügt die bloße Behauptung, die wegen Vermögenslosigkeit gelöschte Gesellschaft besitze noch Vermögenswerte, nicht; vielmehr muss der Beteiligte durch substantiierte Behauptungen nachvollziehbar darlegen, dass noch konkretes verteilbares Vermögen der gelöschten Gesellschaft vorhanden ist.

2. Sind Vermögenswerte der Gesellschaft vor deren Löschung im Handelsregister an einen Dritten übertragen worden, setzt die Bestellung eines Nachtragsliquidators voraus, dass der antragstellende Beteiligte stichhaltige Einwände gegen die Wirksamkeit der Rechtsübertragung vorträgt.

 

Normenkette

GmbHG § 66 Abs. 5

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. werden der Beschluss des Amtsgerichts (Registergericht) Düsseldorf vom 15. März 2023 aufgehoben und der Antrag der Beteiligten zu 1. auf Bestellung ihres Verfahrensbevollmächtigten ... zum Nachtragsliquidator der gelöschten ... GmbH zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 1. hat der Beteiligten zu 2. die ihr in der Beschwerdeinstanz entstandenen notwendigen Aufwendungen zu ersetzen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die betroffene Gesellschaft vermittelte bis zu ihrer Löschung wegen Vermögenslosigkeit am 15. Juni 2020 als Finanzdienstleisterin Darlehen. In dem Rechtsstreit 6 O 236/17 ist zu ihren Gunsten durch Endurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Juni 2022 eine Hauptforderung in Höhe von 83.555 Euro nebst Zinsen gegen den Schuldner S... D... tituliert worden. Dem Urteil vorausgegangen waren ein entsprechendes Versäumnisurteil vom 11. Januar 2018 und ein jenes Versäumnisurteil bestätigendes Vorbehaltsurteil vom 7. Juni 2019. Das genannte Endurteil hat das Vorbehaltsurteil für vorbehaltlos erklärt. Der Beklagte hat gegen das Endurteil Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden ist (OLG Düsseldorf, I-16 U 133/22).

Die Beteiligte zu 1. ist Gläubigerin einer Forderung von mindestens 300.000 Euro gegen Herrn Peter B... Dieser war alleiniger Geschäftsführer und einer von drei Gesellschaftern der betroffenen Gesellschaft. Die Beteiligte zu 1. hat in dessen Geschäftsanteile an der betroffenen Gesellschaft sowie in alle mit diesen Anteilen verbundenen Ansprüche vollstreckt.

Unter Hinweis auf die vorgenannte titulierte Forderung gegen Herrn D... begehrt die Beteiligte zu 1. die Bestellung ihres Verfahrensbevollmächtigten als Nachtragsliquidator der gelöschten ... GmbH.

Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben und Rechtsanwalt ... aus ... als Nachtragsliquidator mit dem Aufgabenkreis "Prüfung des Bestandes sowie gegebenenfalls der Durchsetzung/Beitreibung der titulierten Forderung gegen den Schuldner S... D..." bestellt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2., die auf die "Darlehensrückführungsvereinbarung mit Abtretung" vom 22. Dezember 2017 (Anlage Ast 1 zur Beschwerdeschrift) verweist und geltend macht, die in Rede stehende Forderung stehe seit Ende 2017 nicht mehr der betroffenen Gesellschaft, sondern ihr selbst zu. Zudem reklamiert die Beteiligte zu 2. die Besorgnis eines Interessenkonflikts des bestellten Nachtragsliquidators und führt dazu näher aus.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit Beschluss vom 16. Mai 2023 zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Registerakte und die im Beschwerdeverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die Beschwerde hat Erfolg und führt zur Zurückweisung des Antrags der Beteiligten zu 1. auf Bestellung eines Nachtragsliquidators.

A. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die Beteiligte zu 2. nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt. Denn als Zessionarin des Abtretungsvertrages vom 22. Dezember 2017 kann sie geltend machen, durch die angefochtene Bestellung eines Nachtragsliquidators in ihren Gläubigerrechten an der streitbefangenen Forderung gegen den Schuldner S... D... beeinträchtigt zu sein.

B. Das Rechtsmittel ist auch begründet. Die Voraussetzungen, unter denen das Registergericht gemäß § 66 Abs. 5 GmbHG auf Antrag einen Nachtragsliquidator für eine gelöschte Gesellschaft bestellen kann, liegen nicht vor.

1. Ist eine GmbH durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst, findet eine Liquidation nach § 66 Abs. 5 GmbHG nur statt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, welches der Verteilung unterliegt; hierbei sind die Liquidatoren auf Antrag eines Beteiligten durch das Gericht zu ernennen. Erforderlich für die Bestellung eines Nachtragsliquidators ist, dass im Zeitpunkt der Eintragung der Löschung in das Handelsregister noch Vermögen in dem einer Löschung entgegenstehenden Umfang vorhanden gewesen ist, also bereits seinerzeit zugunsten der Gläubiger verwertbare Aktivposten existierten. Eine Forderung stellt ein derartiges Aktivvermögen dar, wenn sie rechtlichen Bestand hat und werthaltig ist. Bestrittene oder so...

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