Leitsatz (amtlich)
Die Verpflichtung für Gasverteilernetzbetreiber, einen Anreizmechanismus für eine Standardlastprofil-Prognose vorzuschlagen, umzusetzen, regelmäßig zu überprüfen und zu berichten, ist nicht zu beanstanden.
Normenkette
EnWG §§ 20, 29, 73 Abs. 1a S. 1; GasNZV § 50 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Bundesnetzagentur (Beschluss vom 19.12.2014; Aktenzeichen BK7-14-020) |
Tenor
Die Beschwerde der Betroffenen vom 27.2.2015 gegen Beschluss der Bundesnetzagentur vom 19.12.2014, Az. BK7-14-020, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur trägt die Betroffene. Die weitere Beteiligte trägt ihre Kosten selbst.
Der Beschwerdewert wird auf 250.000 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Betroffene betreibt Gasverteilernetze in... Sie wendet sich gegen die Festlegung "GABI Gas 2.0", mit der erstmals verbindlich vorgegeben wird, dass Netzkonten tagesscharf saldiert und abgerechnet werden sollen. Die Betroffene wurde in der Vergangenheit noch nie abgerechnet. Sie verwendet zur Planung des Verbrauchs der nicht registrierend gemessenen Letztverbraucher das analytische Standardlastprofil-Verfahren, ohne weitere Optimierungsfaktoren zur Gasmengenplanung zu nutzen. Als Faktor wird nur die Prognosetemperatur nur bei der Aufschlüsselung auf die einzelnen Kundengruppen verwandt.
Die Betroffene hat zunächst vorgetragen, dass je nach Betrachtungsweise durch die Festlegung für sie Zahlungen von bis zu mehr als... EUR jährlich an den Marktgebietsverantwortlichen anfielen (davon... EUR Liquiditätskosten). Dann hat sie - nach Bekanntwerden der Schwellenwerte aus der Kooperationsvereinbarung 2016 - erklärt, dass sie vermutlich durch die Neuregelung nicht finanziell stärker als bisher belastet werde. Möglicherweise werde es zu geringfügigen Ausschüttungen an die Verteilernetzbetreiber kommen.
Unter- und Überspeisungen der Gasnetze werden durch den Einsatz von Regelenergie ausgeglichen und die Differenz im Wege der Mehr- und Mindermengenabrechnung zwischen Lieferanten (Netznutzer) und Verteilernetzbetreibern ermittelt. Anhand der Netzkonten (erstmals eingeführt mit GaBi-Gas 2008) werden im Gasbereich alle Ein- und Ausspeisungen eines Netzgebietes erfasst. Die Bilanzierung aller Ein- und Ausweisungen im Marktgebiet und deren Zuordnung zu den Transportkunden erfolgt durch Bilanzkreise auf der Basis eines Tagesregimes. Die bilanzierten Ausspeisungen ("Allokationen") werden daher täglich angepasst.
Ein Teil der Letztverbraucher wird durch die so genannte registrierende Leistungsmessung (RLM) erfasst, bei der der Verbrauch stündlich gemessen wird (Jahresverbrauch über 1,5 GWh oder Leistung über 500 kW, § 24 Abs. 1 GasNZV). Bei nicht registrierend gemessenen Letztverbrauchern wird der Verbrauch aus Kostengründen anhand eines Standardlastprofils (SLP) geschätzt. Das Standardlastprofil bildet den Gasverbrauch eines typischen Verbrauchers über das Jahr ab, unterschieden nach mindestens drei Gruppen (§ 24 Abs. 3 GasNZV, Gewerbebetriebe, Kochgas- und Heizgaskunden). Das Standardlastprofil erstellt der Verteilernetzbetreiber.
Für das Standardlastprofil werden zwei Verfahren eingesetzt. Das synthetische Standardlastprofil (SLP) summiert die durch Profile ermittelten Einzelwerte jedes Kunden auf und berechnet so die Gesamtlast der Kundengruppen. Anhand von Funktionskoeffizienten, Kundenwert und einer Prognosetemperatur für den Folgetag wird die bilanzkreisrelevante Ausspeisemenge berechnet. Der Kundenwert ist ein Skalierungsfaktor, der das Normverhalten des Standardlastprofils an das individuelle Verbrauchsverhalten des einzelnen SLP-Ausspeisepunkts anpasst, wobei auch die Jahresverbrauchsprognose berücksichtigt wird. Weitere Korrekturfaktoren dürfen nur nach Abstimmung mit der Bundesnetzagentur verwandt werden (Leitfaden Standardlastprofilverfahren, Anlage BF3, S. 40). Aus Gründen der Transparenz dürfen beim synthetischen Lastprofilverfahren außerhalb der mathematischen Formeln keine individuellen Korrekturfaktoren verwandt werden. Die TU München entwickelte hierfür Standardlastprofile auf Basis einer Sigmoidfunktion, wobei die Eingabedaten Verbrauchertyp, Jahresverbrauch und klimatischer Standort, als wesentliche Einflussfaktoren berücksichtigt werden (2002, überarbeitet 2005, Statusbericht zum Standardlastprofilverfahren Gas, beauftragt vom BDEW, November 2014, Anlage BF4, S. 7, "Statusbericht SLP"). Die weit überwiegende Zahl der Gasnetzbetreiber greift auf diese Modelle zurück (88,6 % der Ausspeisenetzbetreiber, Statusbericht SLP, Anlage BF4, S. 9).
Als zweites Verfahren wird die analytische Standardlastprofil-Methode genutzt. Sie geht aus vom Gesamtverbrauch, ermittelt die Restlast und verteilt diese anschließend auf alle Verbraucher ohne RLM. Anstelle einer Temperaturprognose erfolgt eine Mengenprognose auf der Basis des Verbrauchs am Vor-Vortag ("D-2"). Eine Prognosetemperatur muss nicht mit einbezogen werden. Verteilernetzbetreiber müssen die ...