Verfahrensgang

LG Wuppertal (Beschluss vom 24.11.1989; Aktenzeichen 2 O 227/89)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Wuppertal wird der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 24. November 1989 insoweit aufgehoben, als der Klägerin im Hinblick auf ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht die Zahlung von Betragen aus dem Vermögen auferlegt worden ist.

Soweit Aufhebung erfolgt ist, werden die weiteren Anordnungen dem Landgericht übertragen.

 

Gründe

Die Parteien sind Geschwister. Die Klägerin hat nach dem Tode ihrer Mutter im Wege der Stufenklage einen Pflichtteilserganzungsanspruch gegen die Beklagte geltend gemacht. Mit Beschluß vom 3. August 1989 hat das Landgericht der Klägerin für den Wertermittlungsantrag Prozeßkostenhilfe ohne Auferlegung von Zahlungen bewilligt. Im Verhandlungstermin vom 24. November 1989 hat das Landgericht für einen abzuschließenden Vergleich und weitergehende Klageantrage Prozeßkostenhilfe bewilligt, ohne der Klägerin zu Zahlungen aus dem Vermögen zu verpflichten. In dem im selben Termin abgeschlossenen Vergleich hat sich die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 30.000,– DM zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs sind gegeneinander aufgehoben worden.

Mit der am 15. Dezember 1989 beim Landgericht eingegangenen Beschwerde wendet sich der Bezirksrevisor insoweit gegen die durch Beschluß vom 24. November 1989 erfolgte Prozeßkostenhilfebewilligung, als die Kammer davon abgesehen hat, eine Zahlung aus dem Vermögen gemäß § 115 Abs. 2 ZPO anzuordnen.

Die nach § 127 Abs. 3 S. 1 bis 3 ZPO zulässige Beschwerde der Staatskasse hat in der Sache Erfolg und führt zur teilweisen Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Dem Landgericht wird im Rahmen der Aufhebung nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe die Entscheidung übertragen, welche einmalige Zahlung oder welche monatlichen Teilbeträge die Klägerin nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen aus ihrem Einkommen und Vermögen auf die am und nach dem 24. November 1989 entstandenen Prozeß- und Vergleichskosten zu zahlen hat. Entgegen der vom Landgericht im Nichtabhilfebeschluß vom 24. Januar 1990 geäußerten Auffassung verfolgt die Beschwerde des Bezirksrevisors nicht das Ziel, die mit Beschluß vom 24. November 1989 bewilligte Prozeßkostenhilfe nachträglich zu entziehen. Ausweislich der Beschwerdebegründung und des Schriftsatzes vom 5. Januar 1990 wendet sich der Vertreter der Staatskasse nur insoweit gegen den Beschluß des Landgerichts, als der Klägerin Prozeßkostenhilfe ohne Anordnung von Zahlungen aus dem Vermögen bewilligt worden ist, obwohl ihr aus dem am Tage der Bewilligung abgeschlossenen Vergleich 30.000,– DM zufließen sollen. Insoweit hat die Beschwerde Erfolg.

Zwar sind für die im Zusammenhang mit der Gewährung von Prozeßkostenhilfe zu entscheidenden Fragen die zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehenden Verhältnisse maßgebend. Lediglich in Aussicht stehende Vermögens- und Einkommensverbesserungen, erst recht solche, die im anhängigen Rechtsstreits noch durchzusetzen sind, müssen grundsätzlich außer Betracht bleiben (so Zoller-Schneider, 15. Aufl., § 120 Rdnr. 14; a.A. OLG Frankfurt FamRZ 84, 809, 810). Das bedeutet aber nicht, daß auch im Zeitpunkt der Entscheidung bereits gesicherte zukünftige Einkommens- und Vermögenszuwächse außer Ansatz bleiben dürfen. Der durch das Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen vom 9. Dezember 1986 BGBl I S. 2326 angefügte § 120 Abs. 1 S. 2 ZPO bestimmt im Gegenteil, daß bei der Festsetzung der von der Partei zu erbringenden Raten auch zu berücksichtigen ist, daß bestehende Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden. Der Gesetzgeber schreibt somit hinsichtlich der im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Belastungen eine Berücksichtigung der überschaubaren Zukunftspntwicklung ausdrücklich vor. Nach dem Zweck der Gesetzesänderung, von der Staatskasse unberechtigte Zahlungen fernzuhalten (BT-Drucksache 10/3054 Seite 18; vgl. auch Thomas-Putzo, 15. Aufl. § 120 Anm. 4 b) und dem Sachzusammenhang der zitierten Gesetzesbestimmung ist bei der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe ein im Entscheidungszeitpunkt nach dem normalen Lauf der Dinge als sicher erscheinender erheblicher Vermögenszuwachs in den nächsten vier Jahren in der Weise zu berücksichtigen, daß entsprechend der in § 120 Abs. 1 S. 2 ZPO getroffenen Regelung der Partei künftige Leistungen aus dem Vermögen aufzuerlegen sind. Dabei kann es sich um eine einmalige Zahlung oder auch um Ratenzahlungen aus dem zukünftigen Vermögens- und Einkommeszuwachs handeln. Der Zahlungszeitpunkt ist entsprechend dem erwarteten Zahlungseingang festzusetzen.

Die Klägerin ist unter Berücksichtigung ihres in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 8. März 1989 ausgewiesenen Einkommens in der Lage, aus den ihr aus dem Vergleich zustehenden 30.000,– DM die auf sie entfallenden Kosten zu zahlen. Zwar war die Zahlung der 30.000,– DM na...

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