Verfahrensgang
AG Mülheim a.d. Ruhr (Beschluss vom 01.02.2012; Aktenzeichen 31 F 234/11) |
Tenor
I. Der Beschluss des AG Mülheim an der Ruhr vom 1.2.2012 wird auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2) im Ausspruch zum Versorgungsausgleich hinsichtlich der bei der Deutschen Rentenversicherung bestehenden Anrechte beider früheren Ehegatten teilweise abgeändert und ergänzt und wie folgt neu gefasst:
1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland (Versicherungs-Nr.: 11 1 ...) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 1,9419 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungs-Nr.: 11 2 ...), bezogen auf den 31.3.2011, übertragen.
2. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungs-Nr.: 11 2 ...) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 1,5181 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland (Versicherungs-Nr.: 11 1 ...), bezogen auf den 31.3.2011, übertragen.
Im Übrigen bleibt es bei der Entscheidung des AG.
II. Die Entscheidung im Beschwerdeverfahren ergeht gerichtsgebührenfrei. Die weiteren Kosten des Beschwerdeverfahrens werden und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bleiben gegeneinander aufgehoben.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
IV. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben am 24.3.2005 die Ehe miteinander geschlossen und sind auf den im April 2011 zugestellten Scheidungsantrag durch den am 1.2.2012 verkündeten Beschluss des AG Mülheim an der Ruhr geschieden worden.
Im Ausspruch zum Versorgungsausgleich hat das AG das in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Anrecht der Antragstellerin intern geteilt und festgestellt, dass der Ausgleich eines Anrechts der Antragstellerin auf betriebliche Altersversorgung und eines weiteren Anrechts der Antragstellerin aus einem privaten Versicherungsvertrag gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht stattfindet.
Die weitere Beteiligte zu 2) rügt mit ihrer Beschwerde, dass das AG das bei ihr bestehende Anrecht des Antragsgegners im Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt habe.
II. Die Beschwerde führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
1) Das AG hat in seiner Entscheidung übersehen, dass beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben haben. Die Antragstellerin hat bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil i.H.v. 3,0362 Entgeltpunkten erlangt. Der korrespondierende Kapitalwert des Anrechts beträgt 9.144,02 EUR. Der Versorgungsträger hat einen Ausgleichswert von 1,5181 Entgeltpunkten vorgeschlagen.
Der Antragsgegner hat bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland ein Anrecht und einen Ehezeitanteil von 3,8838 Entgeltpunkten erlangt. Das Anrecht hat einen korrespondierenden Kapitalwert von 11.696,71 EUR. Als Ausgleichswert hat der Versorgungsträger 1,9419 Entgeltpunkte vorgeschlagen.
2) Obwohl die Differenz der Kapitalwerte der erworbenen Anrechte, die als gleichartig i.S.d. § 18 VersAusglG anzusehen sind, mit 2.552,69 EUR den Grenzwert nach § 18 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 18 Abs. 1 SGB IV (zum Ehezeitende: 3.066 EUR) nicht übersteigt, hält der Senat den Ausgleich der Anrechte für geboten.
Nach § 18 VersAusglG soll das Familiengericht gleichartige Anrechte mit einer geringen Wertdifferenz (Abs. 1) und einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert (Abs. 2) nicht ausgleichen. Die Ausübung des durch diese Sollvorschrift eingeräumten Ermessens muss unter besonderer Beachtung des Halbteilungsgebots erfolgten. So hat der BGH entschieden, dass der Ausgleich eines einzelnen Anrechts mit geringem Ausgleichswert geboten sein kann, wenn mit dem Ausgleich kein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand für die Versorgungsträger verbunden ist (Beschl. v. 30.11.2011 - XII ZB 344/10, FamRZ 2012, 192; Beschl. v. 1.2.2012 - XII ZB 172/11). Dies gilt in gleicher Weise für ohne nennenswerten Verwaltungsaufwand teilbare gleichartige Anrechte, deren Kapitalwerte eine geringe Wertdifferenz haben (so BGH, Beschl. v. 23.1.2013 - XII ZB 491/11, Tz. 15).
Zwar sind Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht generell vom Bagatellausschluss nach § 18 VersAusglG ausgenommen (so BGH, Beschl. v. 30.11.2011 - XII ZB 344/10, Tz. 39). Die Beachtung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Bagatellausschluss entwickelten Grundsätze hat jedoch zur Folge, dass diese Anrechte jedenfalls dann trotz geringen Ausgleichswerts oder geringer Wertdifferenz auszugleichen sind, wenn für beide Ehegatten bereits ein Versicherungskonto vorhanden ist und beide früheren Ehegatten noch keine Rente beziehen. In diesen Fällen beschränkt sich nämlich der Teilungsaufwand des Versorgungsträgers auf die Prüfung der gerichtlichen Entscheid...