Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
Das gemäß § 910 BGB im Falle des Überhangs gegebene Selbsthilferecht des Eigentümers ist im Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar.
Normenkette
BGB § 910; WEG §§ 13-14
Beteiligte
3. mit Ausnahme der Beteiligten zu 1. und 2. sämtliche Wohnungs- und Teileigentümer der obengenannten Wohnungseigentumsanlage, namentlich aufgeführt in der anliegenden Eigentümerliste |
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 6 T 348/00) |
AG Mettmann (Aktenzeichen 7 II a 2/99 WEG) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 2. tragen die Gerichtskosten der 3. Instanz und die den übrigen Beteiligten in diesem Rechtszug notwendig entstandenen aussergerichtlichen Kosten.
Wert: 2000,00 DM
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1. und 2. sind Mitglieder der eingangs näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Eigentumsanlage ist terrassenförmig ausgestaltet. Die Terrasse der Beteiligten zu 1., die versetzt über der Terrasse der Beteiligten zu 2. angeordnet ist, wird an einer Seite durch Pflanzkübel begrenzt, in denen sich mehrere Tannen und sonstige Pflanzen befinden, unter anderem eine Edeltanne (vgl. die Lichtbilder Bl. 8 d. A.). Diese Edeltanne hing teilweise über, und zwar in den Luftraum über der Terrasse der Beteiligten zu 2., wie diese vorgetragen haben. Die Beteiligten zu 2. haben die Edeltanne beschnitten.
Die Beteiligte zu 1. hat geltend gemacht, die Beteiligten zu 2. hätten am 26.06.1998 auch den ca. 1,40 m nach oben gewachsenen Hauptast der Edeltanne abgeschnitten. Sie hat auf Grund dessen Schadensersatz verlangt und weiter beantragt, dass den Beteiligten zu 2. aufgegeben wird, es zu unterlassen, aus den über ihrer Terrasse liegenden Pflanzkübeln der Beteiligten zu 1. wachsende Pflanzen zu beschneiden.
Die Beteiligten zu 2. haben vorgetragen, es seien lediglich überhängende Äste, aber nicht der nach oben weisende Hauptast abgeschnitten worden. Im übrigen stehe ihnen ein Selbsthilferecht nach § 910 BGB zu, da die Benutzung ihrer Terrasse beeinträchtigt gewesen sei. Eine vorherige Fristsetzung gegenüber der Beteiligten zu 1. sei entbehrlich gewesen.
Das Amtsgericht hat die Beteiligten zu 2. verpflichtet, an die Beteiligte zu 1. DM 1.000,00 nebst 4 % Zinsen seit dem 20. November 1998 zu zahlen. Darüber hinaus hat es den Beteiligten zu 2. bei Androhung eines Ordnungsgeldes bis 50.000,00 DM, hilfsweise Ordnungshaft, für jeden Fall der Zuwiderhandlung, aufgegeben, es zu unterlassen, aus den über ihrer Terrasse liegenden Pflanzencontainern der Beteiligten zu 1. wachsende Pflanzen zu beschneiden, sofern diese nicht in erheblichem Maße über die Pflanzencontainer zur Terrasse der Beteiligten zu 2. hinauswachsen und diese beeinträchtigen.
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. ist vom Landgericht nach Ortsbesichtigung, mündlicher Verhandlung mit den Beteiligten und Anhörung des Zeugen B. zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2., mit der sie geltend machen, sie hätten lediglich einen Seitentrieb der Tanne abgeschnitten; im übrigen sei § 910 BGB entgegen der Ansicht der Kammer im Wohnungeigentumsrecht anwendbar.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).
Das Landgericht hat ausgeführt: Die Beteiligte zu 1. habe gegen die Beteiligten zu 2. einen Anspruch auf Zahlung von 1.000,00 DM aus § 823 Abs. 1 BGB. Die Beteiligten zu 2. hätten das Eigentum der Beteiligten zu 1. widerrechtlich und schuldhaft verletzt. Nach den vom Amtsgericht und von der Kammer durchgeführten Ermittlungen stehe fest, dass der Beteiligte zu 2. den nach oben gewachsenen Hauptast der in einem Pflanzentrog auf der Terrasse der Beteiligten zu 1. befindlichen Edeltanne selbst abgeschnitten habe. Das sei rechtswidrig gewesen. Ein Selbsthilferecht habe den Beteiligten zu 2. nicht zugestanden, § 910 BGB sei vorliegend nicht anwendbar. Mit dem für eine Wohnungseigentümergemeinschaft in besonderer Weise geltenden Rücksichtnahmegebot sei es nicht vereinbar, dass ein Eigentümer eigenmächtig Pflanzen eines anderen Eigentümers beschneidet. Gegen die vom Amtsgericht auf 1.000,00 DM bezifferte Höhe des Anspruchs der Beteiligten zu 1. habe keiner der Beteiligten Einwendungen erhoben. Der Unterlassungsanspruch beruhe auf § 1004 BGB. Die Wiederholungsgefahr folge bereits daraus, dass der Beteiligte zu 2. in dem von der Kammer durchgeführten Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.02.01 ausdrücklich erklärt habe, er halte sich nach wie vor für berechtigt, Äste zu entfernen.
Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand. Soweit die Beteiligten zu 2. mit der weiteren Beschwerde vortragen, sie hätten lediglich einen Seitentrieb der Tanne abgeschnitten, ist dem nicht zu folgen. Für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht sind die vom Landgericht festgestell...