Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenpauschale”. Pflegeheim. letzter Wohnsitz
Leitsatz (amtlich)
Hält sich der Erblasser zur Zeit des Erbfalles in einem "Pflegewohnzentrum" auf, weil sein Gesundheitszustand eine auf nicht begrenzte Dauer angelegte medizinische und pflegerische Betreuung erfordert, und spricht nichts dafür, dass eine Rückkehr des Erblassers in die zuletzt von ihm bewohnte, an einem anderen Ort befindliche, Wohnung in Betracht zu ziehen ist, so ist der für die örtliche Zuständigkeit nach § 73 FGG maßgebliche letzte Wohnsitz des Erblassers am Ort des "Pflegewohnzentrums".
Normenkette
FGG §§ 5, 73
Verfahrensgang
AG Wuppertal (Aktenzeichen 562 VI 1699/08) |
Tenor
Als örtlich zuständiges Gericht i.S.d. § 73 FGG wird das AG Wuppertal bestimmt, § 5 FGG.
Gründe
I. Die am 8.5.1927 geborene Erblasserin, die zuvor in Köln gewohnt hatte, zog am 4.4.2008 in das Pflegewohnzentum in Wuppertal ein.
Der Arzt Dr. M. stellte im Rahmen des Betreuungsverfahrens am 18.4.2008 die Diagnose: "Einzelniere Nierentumor links; Arterielle Hypertonie KHK Diabetes mellitus Typ 2 Z. n. Hirnstamminfarkt" und befürwortete, dass die Erblasserin aufgrund des neurologischen Defizits durch ihren Stammhirninfarkt der dauerhaften Betreuung bedürfe. Am 28.4.2008 ordnete das AG Wuppertal die Betreuung der Erblasserin an.
Am 28.5.2008 verstarb die Erblasserin im Pflegewohnzentum in Wuppertal.
Unter dem 1.7.2008 ließ Julia Freytag über die Notare D. P. eine Erbschaftsausschlagungserklärung beim AG Wuppertal einreichen.
Die Antragstellerin suchte unter dem 19.3.2009 beim AG - Nachlassgericht - Wuppertal um einen gemeinschaftlichen Erbschein nach.
Dieses verneinte seine örtliche Zuständigkeit, weil der letzte Wohnsitz der Erblasserin in Köln gelegen habe und übersandte die Sache deshalb zuständigkeitshalber dem AG Köln, das seine Zuständigkeit seinerseits verneinte, weil die Erblasserin ihren letzten Wohnsitz in Wuppertal gehabt habe.
Das AG Wuppertal hat die Sache zunächst dem OLG Köln und sodann dem OLG Düsseldorf mit der Bitte um Bestimmung des zuständigen Gerichts übersandt.
II. Das AG Wuppertal ist für die weitere Bearbeitung der Nachlasssache zuständig, weil sich zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Wohnsitz der Erblasserin im Bezirk dieses Gerichts befand.
1.a) Gemäß § 73 FGG bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Wohnsitz, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte. Der Wohnsitz wird durch tatsächliche Niederlassung an einem Ort begründet, verbunden mit dem Willen, diesen zum ständigen Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen (BayObLGZ 1985, 161; BeckOK-Bamberger BGB Stand 1.5.2009 § 7 Rz. 19 ff.).
b) Schwerpunkt der Lebensverhältnisse der Erblasserin in diesem Sinne war zum Zeitpunkt ihres Todes am 28.5.2008 Wuppertal. Die offenbar schwer erkrankte und pflegebedürftige Erblasserin hielt sich nämlich auf Dauer, seit dem 4.4.2008 bis zu ihrem Tode am 28.5.2008, in dem dortigen "Pflegewohnzentrum" auf. Dieses ist mit einem Krankenhaus, in dem regelmäßig ein Wohnsitz nicht begründet wird, nicht vergleichbar. In einem Krankenhaus steht eine zeitlich begrenzte medizinische Versorgung im Vordergrund; die damit einher gehende Unterbringung ("Wohnen") stellt sich eher als notwendiger Begleitumstand dar, und die alsbaldige Rückkehr des Patienten in sein Wohnumfeld ist regelmäßig vorgesehen. In einem Pflegewohnzentrum dagegen steht die Wohnungsgewährung für einen auf Dauer angelegten Zeitraum nahezu gleichgewichtig neben der - pflegenden - medizinischen Versorgung von Patienten (vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 2002, 314 (Hospiz); Keidel/Kuntze/Winkler FGG, 15. Aufl. 2003 § 73 Rz. 6a). Hier erforderte der Gesundheitszustand der Erblasserin eine auf nicht begrenzte Dauer angelegte medizinische und pflegerische Betreuung. Dafür, dass die Rückkehr der Erblasserin in ihre ursprüngliche Kölner Wohnung in Betracht gezogen wurde, spricht nichts.
2.a) Fraglich kann sein, ob der ursprünglichen Wohnung der Erblasserin in Köln die Qualität eines (weiteren) Schwerpunktes der Lebensverhältnisse (vgl. dazu BGH X ARZ 117/03 vom 16.12.2003 bei Juris) der Erblasserin zukam.
Hierfür spricht, dass zwar möglicherweise nach dem Willen der Erblasserin bzw. dem maßgeblichen Willen des aufenthaltsbestimmungsberechtigten Betreuers (§§ 1896, 1902 BGB; BayObLG NJW-RR 1993, 460) davon ausgegangen werden kann, dass der Wohnsitz Köln aufgehoben werden sollte, § 7 Abs. 3 BGB, anderseits Maßnahmen zur Aufhebung dieser Wohnung offenbar noch nicht in die Wege geleitet worden sind. So teilt der Betreuer in seinem Schreiben an das Gericht vom 9.7.2009 mit, dass Verfügungen aufgrund der kurzen Betreuungszeit nicht vorgenommen worden seien. Der Wohnsitz bleibt aber fortbestehen, wenn zwar der Domizilwille fortfällt, die Niederlassung indes nicht aufgehoben wird (BeckOK-Bamberger BGB Stand 1.5.2009 § 7 Rz. 25).
b) Letztlich kann dies indes dahinstehen.
Denn zum Zeitpunkt des Erbfalles bestand jedenfalls (auch) ein die örtliche Zuständigkeit des angegangenen AG Wuppertal begründender Wohn...