Leitsatz (amtlich)
1. Das OLG hat, wenn es als das Gericht der weiteren Beschwerde angerufen wird, stets in seiner vollen Besetzung zu erscheinen.
2. In Streitwertsachen endet der Rechtsweg bim (Erst-)Beschwerdegericht, es sei denn, es lässt die weitere Beschwerde zu.
3. Das Rechtsmittelgericht ist auf der Grundlage einer Gegenvorstellung dann nicht mehr zur Streitwertänderung befugt, wenn es diesen im Instanzenzug aufgrund einer Streitwertbeschwerde festgesetzt hat.
Normenkette
GKG § 63 Abs. 2, § 66 Abs. 4 S. 3, § 68 Abs. 1 S. 5, § 68 S. 6
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 16.07.2009; Aktenzeichen 6 T 371/09) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 16.7.2009 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Die Antragsteller (Wohnungsmieter) haben gegen den Antragsgegner (Vermieter) wegen diverser Feuchtigkeitserscheinungen an den Wänden der gemieteten Wohnung ein Beweissicherungsverfahren betrieben. Das AG hat den Streitwert durch Beschluss vom 29.5.2009 auf 2.000 EUR festgesetzt. Der dagegen gerichteten Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner (künftig: Verfahrensbeteiligter), der das Rechtsmittel aus eigenem Recht führt und die Erhöhung des Streitwerts "um ein Vielfaches" erstrebt hat, hat es nicht abgeholfen, und zwar mit der (nicht näher ausgeführten) Begründung, maßgeblich für die Bemessung des Streitwerts seien nicht die Kosten der Sanierungsmaßnahmen (angeblich 80.000 EUR), sondern das Maß der Mietminderung.
Die Beschwerdekammer des LG (Einzelrichter) hat mit dem den Antragstellern am 23.7.2009 zugestellten Beschluss vom 16.7.2009, in dem es die weitere Beschwerde nicht zugelassen hat, den Streitwert unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses anderweitig auf 11.290 EUR (42 Mon × 245 EUR/Mon) festgesetzt. Gemäß §§ 3, 9 ZPO sei das Maß der monatlichen Mietminderung für den Zeitraum von 3 ½ Jahren anzusetzen. Mit Blick auf die geltend gemachten Mängel sei die monatliche Miete (490 EUR) um 50 % auf 245 EUR gemindert.
Mit ihrer an das LG adressierten und dort am 9.10.2009 eingegangenen Schrift vom selben Tage, die mit "Beschwerde und Gegenvorstellung ..." überschrieben ist, bitten die Antragsteller "um Überprüfung und Abänderung des Streitwerts". Unter Hinweis auf § 41 Abs. 5 GKG meinen sie, das nur der Jahreswert der Mietminderung ansetzbar sei, so dass der Streitwert 3.940 EUR (12 Mon × 245 EUR/Mon) betrage.
Durch den den Beteiligten bekannt gemachten Nichtabhilfevermerk vom 15.10.200 hat die Beschwerdekammer (Einzelrichter) notiert, sie könne der weiteren Beschwerde, die sie für unzulässig halte, nicht abhelfen. Unter Hinweis darauf, dass über die "Gegenvorstellung" demnächst entschieden werde, hat das LG die Akten dem Senat zur "Entscheidung über die (weitere) Beschwerde" vorgelegt.
II.1. Der Senat entscheidet gem. § 122 Abs. 1 GVG in seiner vollen Besetzung, weil es für den Streitfall an einer spezifischen Vorschrift, die die Entscheidung dem Einzelrichter zuweist, fehlt. Gemäß §§ 63 Abs. 2, 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 6 S. 1, Halbs. 2 GKG entscheidet der Einzelrichter über "die Beschwerde", wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen worden ist. Weil die angefochtene ursprüngliche Entscheidung von einem Amtsrichter erlassen worden ist, hatte allerdings die Beschwerdekammer durch ihren Einzelrichter über "die Beschwerde" zu entscheiden. Eine dem § 66 Abs. 6 S. 1, Halbs. 2 GKG vergleichbare Bestimmung für die "weitere Beschwerde", bei der es sich gem. §§ 63 Abs. 2, 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 4 S. 1 GKG um ein eigenständiges Rechtsmittel handelt, fehlt. Deshalb hat das OLG, wenn es als das Gericht der weiteren Beschwerde angerufen wird (§§ 63 Abs. 2, 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 4 S. 3 GKG), stets in seiner vollen Besetzung zu entscheiden. Anderes gilt nur dann, wenn das OLG gem. §§ 63 Abs. 2, 68 Abs. 1 S. 1 GKG als Erstbeschwerdegericht angerufen wird, was z.B. auch dann der Fall ist, wenn das LG als Berufungsgericht den Berufungsstreitwert festsetzt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2009 - I-24 W 16/09, WuM 2009, 543 sub I = GE 2009, 1188, juris).
2. Dem Senat ist das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde auch angefallen, obwohl unklar geblieben ist, ob die Antragsteller (schon) eine Entscheidung des Senats wünschen.
a) Allerdings sind nicht eindeutige Prozesserklärungen in analoger Anwendung des § 133 BGB auszulegen (BGH NJW 1995, 2563, 2564; NJW-RR 1994, 568 und 2000, 1446; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., vor § 128 Rz. 25 m.w.N.). Das gilt insbesondere für alternative und/oder kumulative Prozesserklärungen, mit denen der Sache nach dasselbe Ziel verfolgt wird (vgl. BGH FamRZ 2001, 1703). Mit ihnen bringt der Erklärende nämlich zum Ausdruck, dass es ihm zwar um ein bestimmtes Ziel geht, er aber nicht genau weiß, welcher Prozessweg dahin führt. Im Zweifel hat der Rechtsanwender in diesen Fällen davon auszugehen, dass die Partei das anstrebt, was nach den Maßstäben d...