Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht
Leitsatz (redaktionell)
Gebührenerhöhung nach BRAGO § 6 Abs. 1 Satz 2 bei ungeteilter Erbengemeinschaft.
Normenkette
BRAGO § 6
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 05.09.1994; Aktenzeichen 10 O 146/92) |
Tenor
Die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der Beschwerdeführer gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Düsseldorf vom 5. September 1994 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 11 Abs. 2 Satz 5 RPflG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht eine 20/10-Prozeßgebühr gemäß §§ 11 Abs. 1, 31 Abs. 1 Nr. 1, 6 Abs. 1 BRAGO als erstattungsfähig angesehen.
Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO haben die unterliegenden Beschwerdeführer die gesetzlichen Gebühren und Auslagen zu erstatten, welche die obsiegenden Beklagten ihren gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten schulden. Zu diesen Gebühren gehört auch der nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO zu entrichtende Erhöhungsbetrag von 3/10 für jeden weiteren Auftraggeber, wobei mehrere Erhöhungen die Summe von zwei vollen Gebühren nicht übersteigen dürfen. Die Beschwerdegegner haben als ungeteilte Erbengemeinschaft ihre Prozeßbevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in dem vor dem Landgericht Düsseldorf zu dem Aktenzeichen 10 O 146/92 geführten Rechtsstreit beauftragt und schulden ihnen daher die erhöhte 20/10-Prozeßgebühr. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO kommt diese Erhöhung regelmäßig dann in Betracht, wenn der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit – wie hier – derselbe ist und mehrere Auftraggeber vorhanden sind. Als solche kommen mehrere natürliche oder juristische Personen in Betracht. Wird der Rechtsanwalt durch mehrere Gesellschafter bürgerlichen Rechtes in derselben Angelegenheit bei gleichem Gegenstand der Tätigkeit beauftragt, so erhöht sich nach der Rechtsprechung des Senats die Prozeßgebühr gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO für jeden zusätzlichen Auftraggeber (JurBüro 1980, 856 = MDR 1980, 679 = AnwBl 1980, 260). Auch die Mitglieder eines nicht rechtsfähigen Vereins sind im Hinblick auf § 54 BGB bezogen auf das Mandatsverhältnis zu ihrem Prozeßbevollmächtigten mehrere Auftraggeber im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO, und zwar auch dann, wenn der Anwalt die Vertretung des Vereins in einem Passivprozeß übernehmen soll (Senat Rpfleger 1993, 507 = JurBüro 1994, 348 = OLGR – Düsseldorf 1994, 60).
Konsequenterweise sind auch die Mitglieder einer Erbengemeinschaft als Auftraggebermehrheit im Sinne dieser Vorschrift zu behandeln, wobei es gleichgültig ist, ob es sich um einen Aktiv- oder Passivprozeß der Erbengemeinschaft handelt (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, Kommentar zur BRAGO, 12. Aufl., § 6, Rdnr. 9; Göttlich/Mümmler, Kommentar zur BRAGO, 18. Aufl., Stichwort „mehrere Auftraggeber”, Anm. 6.2; Hartmann, Kostengesetze, 24. Aufl., § 6 BRAGO jeweils mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen; Riedel/Sußbauer, Kommentar zur BRAGO, 6. Aufl., §6, Rdnr. 11). Denn eine Erbengemeinschaft stellt als solche kein eigenständiges rechts- und parteifähiges Gebilde dar, sondern eine Gemeinschaft zur gesamten Hand. Der Anwaltsvertrag in einer durch die Erbengemeinschaft betriebenen Rechtsstreitigkeit kommt zwischen dem Prozeßbevollmächtigten und den einzelnen Mitgliedern der Erbengemeinschaft zustande, die daher auch als mehrere Auftraggeber im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO anzusehen sind.
Entgegen der durch die Beschwerdeführer vertretenen Auffassung ist eine andere Beurteilung nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Beschwerdegegner im vorliegenden Fall das Mandat ihrem Prozeßbevollmächtigten durch einen gemeinsamen Vertreter erteilen ließen. Hierdurch wurde nämlich nicht der Vertreter selbst zum Auftraggeber der Prozeßbevollmächtigten, vielmehr kam diese Eigenschaft gemäß § 164 Abs. 1 BGB den von ihm vertretenen einzelnen Miterben zu. Deshalb kann in Widerspruch zu der Darstellung der Beschwerdeführer keine Rede davon sein, die Beschwerdegegner seien in den durch ihren Vertreter abgeschlossenen Mandatsvertrag „eingetreten”, nachdem jener seine Tätigkeit für die Erbengemeinschaft Mitte des Jahres 1993 beendet hatte.
Die im Schrifttum zu der Frage der Auftraggeberstellung einer Erbengemeinschaft zitierten Senatsentscheidungen (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert; Göttlich/Mümmler und Hartmann jeweils a.a.O.) sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Sie betreffen den Fall, daß der Prozeßbevollmächtigte des Klägers nach dessen Tod den Rechtsstreit auf Weisung der Miterben fortführt. Nach der Rechtsprechung des Senats wird der Prozeßbevollmächtigte nur in diesem Sonderfall mangels eines weiteren Auftrags nicht für mehrere Auftraggeber im Sinne des § 6 Abs. 1 BRAGO tätig (Beschluß vom 10.12.1981, Az.: 10 W 111/81, JurBüro 1982, 858 = Rpfleger 1982, 199 sowie Beschluß vom 19.1.1989, Az.: 10 W 4–6/89, JurBüro 1989, 795 = Rpfleger 1989, 214).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Der Gegenstandswert beträgt 914...