Leitsatz (amtlich)

Die Insolvenz einer Partei, durch die gem. § 240 ZPO das Berufungsverfahren unterbrochen ist, bewirkt keine Unterbrechung des Prozesskostenhilfeverfahrens, in dem die gegnerische Partei Prozesskostenhilfe beantragt hat.

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Entscheidung vom 05.05.2000; Aktenzeichen 4 O 43/98)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin und Berufungsklägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufung gegen das Urteil des LG Duisburg vom 5.5.2000 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Das LG hat die Klage auf Schadensersatz wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die nach der Behauptung der Klägerin durch einen Teppichboden hervorgerufen worden sein sollen, welcher von der Beklagten zu 1), einer in Belgien ansässigen Gesellschaft, hergestellt und von der Beklagten zu 2) nach Deutschland importiert worden sein soll, abgewiesen. Die Abweisung ist darauf gestützt, dass die Ansprüche verjährt seien. Für die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung begehrt die Klägerin Prozesskostenhilfe. Das Berufungsverfahren ist gem. § 240 ZPO unterbrochen, weil am 17.8.2000 in Belgien der Konkurs der Beklagten zu 1) angeordnet worden ist und am 10.12.2000 über das Vermögen der Beklagten zu 2) das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

Das Prozesskostenhilfeverfahren ist nicht unterbrochen. Ob durch Insolvenz oder Konkurs einer Partei eine Unterbrechung auch des Prozesskostenhilfeverfahrens eintritt, ist umstritten.

Die h.M. lehnt eine Unterbrechung des Prozesskostenhilfeverfahrens ab (vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach, ZPO, 61. Aufl., Übers. vor § 239 Rz. 5; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., Vorbem. § 239 Rz. 1; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., vor § 239 Rz. 8 jew. m.w.N.; OLG Koblenz v. 20.11.1987 – 5 W 583/87, AnwBl. 1989, 178; OLG Dresden OLGReport Dresden 1996, 221; OLG Köln v. 7.7.1998 – 15 W 70/98, NJW-RR 1999, 276; OLG Karlsruhe v. 25.10.2002 – 2 UF 98/02, OLGReport Karlsruhe 2003, 43). Dieser Meinung schließt sich der Senat jedenfalls für den Fall der Insolvenz des Gegners der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei an. Da das Prozesskostenhilfeverfahren kein kontradiktorisches Verfahren gegen die andere Partei ist, sondern ein Antrag an die Staatskasse, ist es in diesem Fall nicht geboten, die Vorschriften über die Unterbrechung, die auf das Streitverfahren zugeschnitten sind, anzuwenden. Dem Sinn und Zweck des Prozesskostenhilfeverfahrens würde es gerade widersprechen, die Entscheidung so lange zurück zu stellen, bis im Insolvenzverfahren entschieden ist, ob der Rechtsstreit gem. § 180 InsO aufgenommen wird, oder das Insolvenzverfahren beendet ist bzw. bis die entspr. Fragen für das belgische Konkursverfahren geklärt sind. Die Prozesskostenhilfe soll die Partei gerade vorläufig von den Belastungen durch die Kostenvorschusspflicht freistellen, andererseits dem Anwalt den Vorschuss durch § 127 BRAGO sichern und der Partei hinsichtlich der Kostenvorschussverpflichtung alsbald Gewissheit geben.

Die Gegenmeinung (OLG Köln, 2. Zivilsenat, OLGReport Köln 2003, 52; OLG Düsseldorf v. 4.12.1998 – 16 U 139/98, OLGReport Düsseldorf 1999, 166) überzeugt nicht. Es handelt sich bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht um ein dauerndes Verfahrenshindernis (vgl. OLG Köln, 2. Zivilsenat, OLGReport Köln 2003, 52), denn es kann zur Aufnahme des Verfahrens unter den Voraussetzungen des § 180 InsO oder nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens kommen. Darauf zu warten ist der Partei aus den dargelegten Gründen nicht zuzumuten. Der Entscheidung steht auch nicht die grundsätzlich gegebene Verpflichtung zur Anhörung des Gegners entgegen (OLG Düsseldorf v. 4.12.1998 – 16 U 139/98, OLGReport Düsseldorf 1999, 166). Von dieser kann gem. § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen werden, wenn sie aus besonderen Gründen untunlich ist. Ein solcher Fall ist bei Insolvenz des Gegners aus den vorgenannten Gründen gegeben.

Das Prozesskostenhilfegesuch kann jedoch keinen Erfolg haben, weil die beabsichtigte Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Hinsichtlich der Beklagten zu 1) ist davon auszugehen, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gem. §§ 852 BGB a.F., 12 ProdHG verjährt ist, wie das LG festgestellt hat.

Die Klägerin hatte nach ihrem eigenen Vortrag seit September 1993, nämlich seit dem Erhalt der Laborergebnisse des Instituts S. über den Schadstoffgehalt des Teppichs Kenntnis vom Schaden, denn durch die Hinweise der behandelnden Ärzte auf mögliche Vergiftungen und die Feststellungen des Schwefelkohlenstoffgehalts in dem Teppich waren alle Umstände des Schadenseintritts und der -ursachen bekannt. Dass das später eingeholte Gutachten des Fraunhoferinstituts über die Bestätigung des Schadstoffgehalts hinaus gehende Erkenntnisse vermittelt hätte, ergibt der Klagevortrag nicht.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ist auch davon auszugehen, dass der Klägerin mehr als drei Jahre vor Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs am 19.1.1998 auch hinsichtlich der...

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