Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung eines Unterlassungsanspruchs auf Nutzung von im Spitzboden gelegenen Räumen zu Wohnzwecken

 

Leitsatz (amtlich)

1. In der Teilungserklärung als „Speicherräume” oder „Abstellräume” bezeichnete Räumlichkeiten, die sich – im Spitzboden – über den im Dachgeschoss liegenden Wohnungen befinden, dürfen nicht ohne weiteres als Wohnräume genutzt werden.

2. Ist die Nutzung solcher Räume zu Wohnzwecken von allen Wohnungseigentümern über einen langen Zeitraum geduldet worden – hier mehr als 25 Jahre – und haben die Sondereigentümer der genannten Räume im Vertrauen auf die Zulässigkeit dieser Nutzung ihre Wohnung, zu der die Räume gehören, mit erheblichem Aufwand erworben, so ist – auch für ein später der Wohnungseigentümergemeinschaft beitretendes Mitglied – ein etwaiger Unterlassungsanspruch verwirkt.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 07.08.2003; Aktenzeichen 19 T 162/02)

AG Neuss (Aktenzeichen 27a II 36/02 WEG)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 25.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft F.-Straße 44 in M.

Alle sind Sondereigentümer einer Wohnung im Dachgeschoss, die Wohnung der Beteiligten zu 1) liegt zwischen den Wohnungen der Beteiligten zu 2) und 3). In den Wohnungen der Beteiligten zu 2) und 3) führt jeweils eine Innentreppe zu den im Spitzboden – über dem Dachgeschoss – liegenden Räumen, die in den Bauzeichnungen als „Speicher” bzw. „Abstellraum” bezeichnet sind. In der Teilungserklärung heißt es bezüglich der Wohnungen der Beteiligten zu 2) und 3):

a) ein Miteigentumsanteil von 139,2/1.000

wird verbunden mit der Wohnung im Dachgeschoss links, bestehend aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Diele, Bad, Loggia, Innentreppe zum Spitzboden, Spitzboden: Speicherraum, Abstellraum, Diele, in einer Gesamtgröße von ca. 117,68 qm,

einem Kellerraum im Kellergeschoss und einer Garage im Garagengebäude,

– im Aufteilungsplan mit DG links 6 bezeichnet –,

b) ein Miteigentumsanteil von 138,3/1.000

wird verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Dachgeschoss rechts, bestehend aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Diele, Küche, Bad, Loggia, Innentreppe zum Spitzboden, im Spitzboden: Abstellraum und Speicher sowie Diele, in einer Gesamtgröße von ca. 116,93 qm,

– im Aufteilungsplan mit DG rechts 8 bezeichnet.

Die Räume im Spitzboden sind seit Erstellung des Gebäudes mit Dachflächenfenstern und Heizkörpern ausgestattet und werden seit Gründung der Wohnungseigentümergemeinschaft als Wohnräume genutzt.

Die Beteiligte zu 2), die ihr Wohnungseigentum im Jahr 1997 erworben hat, benutzt sie als Schlafräume für Eltern und Kinder, die Beteiligten zu 3), die seit 2001 Eigentümer sind, nutzen die Räume als Kinderzimmer und Arbeitszimmer.

In der Wohnflächenberechnung sind die Räume im Spitzboden als „Atelierzimmer” bzw. „Mehrzweckraum” bezeichnet. Nach der Baugenehmigung vom 3.5.1971 war eine Nutzung der Räume im Spitzboden als Wohnräume, Büroraum oder Arbeitsräume nicht gestattet.

Die Beteiligte zu 1) hat beim AG beantragt, den Beteiligten zu 2) und 3) – Letztere als Gesamtschuldner – zu verpflichten, die Nutzung der zu ihren Wohnungen gehörenden Speicherräume über ihren Wohnungen zu Wohnzwecken zu unterlassen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Nutzung der im Spitzboden gelegenen Räume verstoße gegen die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung und gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen.

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben eingewendet, die Teilungserklärung erlaube eine Nutzung der Räume im Spitzboden zu Wohnzwecken. Die Bezeichnung als „Speicher” oder „Abstellraum” stelle keine Zweckbestimmung der Räume dar. Die betreffenden Räume würden auch seit mehr als 30 Jahren zu Wohnzwecken genutzt. Sie hätten die entspr. Räume auch als „Wohnräume” gekauft. Ein Verbot, die Räume im Spitzboden zu Wohnzwecken zu nutzen, würde die Nutzung auch der unteren Wohnräume für sie nicht mehr ermöglichen, da diese Räume kein Kinderzimmer aufwiesen. Sie hätten auf die Zulässigkeit der Nutzung der Räume im Spitzboden zu Wohnzwecken vertraut, die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs durch die Beteiligte zu 1) verstoße gegen Treu und Glauben.

Das AG hat die Anträge zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat gegen die Entscheidung des AG sofortige Beschwerde eingelegt und vorgetragen, aus der Teilungserklärung ergebe sich eine eindeutige Zweckbestimmung der im Spitzboden befindlichen Räume, danach sei eine Nutzung zu Wohnzwecken nicht gestattet. Im Übrigen würde sie durch die bei der Nutzung als Wohnraum wesentlich intensivere Nutzung dieser Räume nicht unerheblich beeinträchtigt.

Das LG hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1) ihr Begehren weiter.

Die Beteiligten zu 2) und 3) sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?