Leitsatz (amtlich)
Zur Einziehung von Wertersatz beim Drittbeteiligten im Falle einer Übertragung "nicht inkriminierte" Vermögens ohne rechtlichen Grund.
Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Entscheidung vom 30.11.2018; Aktenzeichen 302 OWi 94/18) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 30. November 2018 (302 OWi 94/18) mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
Gründe
I.
Mit Bußgeldbescheid vom 6. April 2018 hat die Zentralstelle für Rechts- und Schadensangelegenheiten im Justizvollzug in D. gegen den Betroffenen wegen unbefugten Verkehrs mit Gefangenen gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 2 OWiG eine Geldbuße in Höhe von 150 Euro festgesetzt. Auf seinen Einspruch und nach durchgeführter Hauptverhandlung hat das Amtsgericht den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil von dem Vorwurf freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft Düsseldorf mit ihrem von der Generalstaatsanwaltschaft vertretenen und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 80 Abs. 2 Nr. 2, § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG).
Durch heutigen Beschluss hat der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zugelassen und die Sache zur Fortbildung des Rechts dem mit drei Richtern besetzten Bußgeldsenat übertragen (§ 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG).
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht (§ 79 Abs. 6 OWiG).
1. Das angefochtene Urteil enthält folgende Feststellungen zum Geschehenshergang:
"Der Betroffene war Verteidiger des in der JVA K. in anderer Sache inhaftierten Strafgefangenen C. C. Dieser war zumindest in der Zeit vom 03.05.2017 bis 28.09.2017 in Besitz eines von der Anstaltsleitung nicht genehmigten Mobiltelefons. In diesem Mobiltelefon war der Betroffene unter Dr abgespeichert. Der Betroffene hat über WhatsApp ein Schreiben an die zuständige Strafkammer des Landgerichts Köln vom 02.09.2017 über einen Screenshot an seinen Mandanten C. C. übermittelt. Ferner wurde die Nummer einmal am 20.09.2018 angewählt."
Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Amtsgericht den Betroffenen - im Ergebnis aus rechtlichen Gründen - von dem Vorwurf des unbefugten Verkehrs mit Gefangenen gemäß § 115 Abs. 1 OWiG freigesprochen. Zur Begründung ist im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass der festgestellte Geschehenshergang nicht die Annahme unbefugten Handelns im Sinne von § 115 OWiG rechtfertige. Besondere Rechtsvorschriften, die ein Handeln befugt erscheinen lassen, könnten sich aus allen einschlägigen Rechtsquellen ergeben, wie etwa aus § 148 StPO, der den ungehinderten Verkehr zwischen dem Verteidiger und dem Beschuldigten gestatte. Der Gesetzgeber habe das Recht des Beschuldigten auf ein faires Verfahren mit § 148 Abs. 1 StPO im Sinne einer Gestattung schriftlichen und mündlichen Verkehrs des inhaftierten Beschuldigten mit seinem Verteidiger konkretisiert. Da hier an das "nicht genehmigte" Mobiltelefon des Gefangenen Verteidigerpost übersandt worden sei, liege - ungeachtet des Verstoßes gegen § 24 Abs. 1, § 26 Abs. 5 StVollzG NRW - kein unbefugtes Handeln im Sinne von § 115 Abs. 1 Nr. 2 OWiG vor.
2. Der so begründete Freispruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Der Betroffene gehört zum möglichen Täterkreis des § 115 OWiG. Dieser ergibt sich in Abgrenzung zu dem als Kommunikationspartner des Täters fungierenden Gefangenen. Täter kann jeder sein, der nicht selbst als Gefangener an der Tat beteiligt ist (vgl. KK-OWiG/Rogall, OWiG, 5. Auflage [2018], § 115 Rdnr. 7), also jedermann, der im Sinne der Vorschrift eine Sache oder Nachricht übermittelt oder sich übermitteln lässt oder von außen Kontakt mit einem Gefangenen in der Anstalt aufnimmt (vgl. Göhler/Gürtler, OWiG, 17. Auflage [2017], § 115 Rdnr. 13). Hierzu gehören insbesondere Besucher, Anstaltspersonal, einfache Passanten, aber - wie hier - auch Verteidiger (vgl. BeckOK OWiG/Gerhold, 24. Edition 15. September 2019, § 115 Rdnr. 3; Krenberger/Krumm, OWiG, 5. Auflage [2018], § 115 Rdnr. 6).
b) Eine Kommunikation des Verteidigers mit seinem in Haft befindlichen Mandanten über ein in dessen Besitz befindliches Mobiltelefon ist unbefugt im Sinne von § 115 Abs. 1 OWiG, selbst wenn sie der Übermittlung inhaltlich verteidigungsbezogener Informationen dienen sollte. Die anderslautende Ansicht des Amtsgerichts beruht auf einer überdehnten Auslegung des § 148 Abs. 1 StPO und ist daher rechtsfehlerhaft.
aa) Unbefugt handelt derjenige, der mit einem Gefangenen in Verkehr tritt, ohne sich auf eine Befugnis stützen zu können, oder der die Grenzen einer vorhandenen Befugnis überschreitet (vgl. KK-OWiG/Rogall, aaO, Rdnr. 32 m.w.N.). Ersteres ist bei der Kommunikation mit einem Gefangenen über ein in dessen Besitz befindliches Mobiltelefon stets gegeben, denn die Nutzung privater Mobilt...