Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluß der Geltendmachung von Pflichteilsansprüchen durch den Erziehungsberechtigten der minderjährigen Erben durch Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Anordnung der Ergänzungspflegschaft ist die befristete Beschwerde und nicht die Beschwerde nach §§ 19.f. FGG das statthafte Rechtsmittel. Wenn man von letzterem ausgeht, greift das Prinzip der formellen Anknüpfung. Es kommt dann darauf an, welches Gericht und welcher Spruchkörper tatsächlich entschieden haben.

2. Eine persönliche Anhörung ist (auch bei Kindern) nur dann notwendig, wenn dies nach Art. der Angelegenheit erforderlich erscheint, dass heißt vor allem dann, wenn es auf die Neigungen, Bindungen oder Willen des Beschwerdeführers ankommt oder auf einen unmittelbaren Eindruck des Gerichts von der Persönlichkeit.

3. Die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen erfasst allein deren Sicherung, gerichtliche wie außergerichtliche Durchsetzung. Nicht aber die Entscheidung über die Erklärung der Annahme oder Ausschlagung von Vermächtnissen oder des Verzichts auf Pflichtteilsrechte und Pflichtteilsansprüche.

 

Verfahrensgang

AG Mönchengladbach (Entscheidung vom 15.03.2007)

 

Gründe

Die Beschwerdeführer sind die noch minderjährigen Kinder aus der zweiten Ehe ihres am 06.12.1945 geborenen und am 31.02.2003 verstorbenen Vaters B. R. mit ihrer gesetzlichen Vertreterin E. C. R., geb. T.. In erster Ehe war ihr Vater mit einer Frau M. R., geb. U., verheiratet. Aus dieser Ehe sind die beiden Halbgeschwister der Beschwerdeführer E. C. (geb. 30.12.1981) und A. R. (geb. 05.11.1984) hervorgegangen.

Am 08.11.2006 verstarb auch die am 12.02.1911 geborene Mutter des Herrn B. R. und Großmutter der Beschwerdeführer, E. M. R., geb. W.. Diese hat ein notarielles Testament vom 31.08.2006 - UR-Nr. 1012/06 des Notars Dr. N. F. in Kempen - hinterlassen, in dem sie die beiden Halbgeschwister der Beschwerdeführer zu ihren Erben berufen und den Beschwerdeführern selbst eine Reihe von Vermächtnissen ausgesetzt hat. In Ziffer V des Testaments hat die Großmutter der Beschwerdeführer außerdem die folgende Anordnung getroffen:

"Bezüglich aller Zuwendungen, die in diesem Testament meinen Enkelkindern M. R. und J. R. gemacht worden sind, sowie bezüglich der Geltendmachung eines etwaigen Pflichtteilsrechts und der Verwaltung des auf einen Pflichtteil Geleisteten, schließe ich das Vermögenssorgerecht der leiblichen Mutter der vorgenannten Kinder, E. C. R., geb. T., geboren am 12.03.1959, wohnhaft M., 41063 Mönchengladbach, aus und benenne insoweit als Vermögenssorgeberechtigten Herrn M. W., wohnhaft D., 40545 Düsseldorf."

Im Hinblick auf die Anordnung hat das Amtsgericht Mönchengladbach (Rechtspfleger) durch Beschluss vom 07.02.2007 zunächst die Ergänzungspflegschaft zur Vertretung der Beschwerdeführer hinsichtlich des ihnen durch das Testament ihrer Großmutter zugewandten Vermögens angeordnet. Durch den angefochtenen Beschluss vom 15.03.2007 hat es außerdem auch noch die Ergänzungspflegschaft hinsichtlich der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegen die Erben der Großmutter der Beschwerdeführer angeordnet.

Gegen diesen, ihrem erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten am 21.03.2007 zugestellten Beschluss haben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 26.03.2007 ein bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf am 30.03.2007 eingegangenes, von ihnen als "sofortige Beschwerde gemäß § 621e ZPO" bezeichnetes Rechtsmittel eingelegt.

Zur Begründung dieses Rechtsmittels machen sie geltend, die angefochtene Entscheidung sei bereits deshalb fehlerhaft ergangen, weil sie vor deren Erlass nicht angehört worden seien. Darüber hinaus sei die darin angeordnete Ergänzungspflegschaft für die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen aufzuheben, weil dieser Aufgabenkreis von ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin wahrzunehmen sei. Eine wirksame Entziehung der Vermögenssorge ihrer Mutter durch das Testament vom 08.11.2006 auch im Hinblick auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen sei schon rechtlich nicht möglich, so dass ein Bedürfnis für die Bestellung eines Ergänzungspflegers, der insoweit an die Stelle ihrer Mutter zu treten hätte, von vornherein nicht bestehe.

Die Beschwerdeführer beantragen,

die Anordnung der Ergänzungspflegschaft bezüglich ihrer Vertretung hinsichtlich der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegen die Erben ihrer Großmutter aufzuheben.

II.

1. Gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen keine Bedenken.

a) Gegen den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - vom 15.03.2007, mit dem gemäß §§ 1693, 1909 BGB in Verbindung mit § 3 Nr. 2a RPflG durch den Rechtspfleger die Ergänzungspflegschaft im Hinblick auf die "Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen" der Beschwerdeführer angeordnet wurde, ist das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde statthaft, denn die Anordnung der Ergänzungspflegschaft für die Beschwerdeführer stellt eine im ersten Rechtszug ergangene Endentscheidung über einen Teilbereich der elterlichen Sorge da...

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