Leitsatz (amtlich)
1) Veräußert der Angeklagte Betäubungsmittel an drei Tagen, so ist es rechtsfehlerhaft, ihn wegen einer Tat zu verurteilen, es sei denn, es liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, daß bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren.
2) Der Umstand, daß der Angeklagte selbst nicht betäubungsabhängig ist, darf nur bei übersteigertem Gewinnstreben ( Profitgier ) strafschärfend berücksichtigt werden.
Tenor
1. Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den dazu getroffenen Feststellungen aufgehoben; insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Düsseldorf zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Angeklagten "wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln" zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die (Sprung-)Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Im übrigen hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
I.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht näher ausgeführt und damit nach 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unbeachtlich.
2. Die Sachrüge ist unbegründet, soweit sie den Schuldspruch angreift. Insoweit hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
a) Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt, obwohl er nach den nicht angegriffenen Feststellungen an drei Tagen Heroin verkauft hat. Dem - wie auch der gleichlautenden Anklage - scheint die (stillschweigende) Vorstellung zugrunde zu liegen, daß es sich bei den drei Verkäufen um unselbständige Teilakte im Sinne einer Bewertungseinheit gehandelt habe (vgl. nur BGH NStZ 1997, 344; NStZ 2000, 540; jeweils m. w. N. ). Das ist rechtsfehlerhaft. Die Annahme einer Bewertungseinheit setzt konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, daß bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren. Die bloße Möglichkeit, daß Einzelmengen einer Gesamtmenge entnommen sein können, genügt dabei nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Zuordnung bestimmter Einzelverkäufe zu einer bestimmten erworbenen Gesamtmenge fehlen (BGH NSU 2000, 540 m. w. N. ). Letzteres ist hier der Fall; zur Herkunft des Heroins hat das Amtsgericht keine Feststellungen getroffen.
b) Der Rechtsfehler hat sich aber nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt. Daß es für den Angeklagten günstiger war, wegen einer statt wegen drei Taten verurteilt zu werden, liegt auf der Hand. Anders wäre es nur, wenn die Zusammenrechnung der Teilmengen zu einer Gesamtmenge geführt hätte, die erst ihrerseits die Grenze der nicht geringen Menge erreicht oder überschritten hätte (vgl. BGH StV 1995, 417, 418). Das ist hier aber nicht geschehen. Das Amtsgericht hat den Angeklagten nicht wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt und die verkaufte(n) Menge(n) auch nicht bei der Strafzumessung berücksichtigt.
c) Daß die Revision des Angeklagten zum Schuldspruch keinen Erfolg hat, kann der Senat gemäß § 349 Abs. 2 StPO durch Beschluß aussprechen, weil die (auch) von der Generalstaatsanwaltschaft beantragte Änderung des Schuldspruchs sich zu Lasten und nicht zu Gunsten des Angeklagten ausgewirkt hätte (vgl. BGHR StPO § 349 Abs. 2 Antrag 1 und Verwerfung 2, 3, 4).
3. Der Rechtsfolgenausspruch kann nicht bestehen bleiben.
a) Zwar durfte das Amtsgericht auch bei Annahme nur einer Tat feststellen, daß der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat, und das bei der Strafzumessung berücksichtigen. Es ist auch kein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten, daß das Amtsgericht, wenn auch ohne Begründung, die Strafe § 29 Abs. 1 BtMG und nicht § 29 Abs. 3 BtMG entnommen hat. Das Amtsgericht hat aber nicht ausdrücklich mitgeteilt, vom welchem Strafrahmen - dem des § 29 Abs. 1 BtMG (bis zu fünf Jahren) oder dem des § 29 Abs. 3 BtMG in Verb. mit § 38 Abs. 2 StGB (ein bis fünfzehn Jahre) - es bei der Verurteilung ausgegangen ist. Angesichts der nicht unerheblichen Strafe kann deshalb ein Fehler zum Nachteil des Angeklagten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden.
b) Das Amtsgericht hat den Umstand, daß der Angeklagte nach eigenen Angaben zur Tatzeit selbst nicht betäubungsmittelabhängig war, ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt. Diese Strafzumessungserwägung wird von den Feststellungen nicht getragen. Zwar ist es dem Tatrichter nicht verwehrt, die ausschließlich gewinnorientierte Motivation eines Angeklagten als verwerflicher zu bewerten als den häufig vorkommenden Fall, daß der Täter nur deshalb Handel mit Betäubungsmitteln treibt, weil er keinen anderen Weg sieht, die Mittel für die Befriedigung seiner eigene...