Leitsatz (amtlich)
Das Unterlassungsgebot gemäß § 139 Abs. 1 PatG umfasst regelmäßig nicht die Pflicht des Schuldners, rechtlich und tatsächlich selbständige Abnehmer aufzufordern, den Vertrieb der vor Erlass der einstweiligen Verfügung an diese ausgelieferten angegriffenen Ausführungsformen vorrübergehend einzustellen und diesen anzubieten, die patentverletzenden Produkte zurückzunehmen, sofern für sie eine vorrübergehende Einstellung des Vertriebs nicht in Betracht kommt.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4a O 66/17 ZV) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Gläubigerin vom 02.11.2017 hin wird - unter Zurückweisung im Übrigen - der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 11.10.2017, 4a O 66/17 ZV, teilweise abgeändert und gegen die Schuldnerin zu 1) ein Ordnungsgeld in Höhe von 15.000,00 EUR festgesetzt.
II. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Gläubigerin 90 % und die Schuldnerin zu 1) 10 % zu tragen; die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren trägt die Gläubigerin.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 150.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die gem. §§ 793, 567 Abs. 1, 569 Abs. 1 ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Lediglich gegen die Schuldnerin zu 1) ist wegen Zuwiderhandlung gegen das landgerichtliche Urteil vom 18.07.2017 ein Ordnungsgeld gem. § 890 Abs. 1 ZPO in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe festzusetzen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.
I. Die Schuldnerin zu 1) vertreibt in L1 von der in der L2 ansässigen Schuldnerin zu 2) hergestellte auswechselbare Rasierklingeneinheiten für den X-Rasierer (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Beide Schuldnerinnen gehören zum C-Konzern, dessen Muttergesellschaft die Schuldnerin zu 3) mit Sitz in den L3 ist.
Die angegriffene Ausführungsform wird ausschließlich über Drogerie- und Handelsketten an Endkunden vertrieben. Die Schuldnerin zu 1) lieferte die angegriffene Ausführungsform an die A. GmbH & Co. KG, die B. GmbH, die K.GmbH & Co. KG, die D. Ltd. & Co. KG, die F. Holding GmbH & Co. KG, X, Y und Z . Diese verkauf(t)en die angegriffene Ausführungsform in ihren (Drogerie)Märkten und/oder Onlineshops unter ihrer jeweiligen Eigenmarke. Die von der Schuldnerin zu 1) belieferte E. GmbH & Co. KG vertreibt die angegriffene Ausführungsform unter der Eigenmarke der Schuldnerinnen "G." an Endkunden.
Die Gläubigerin ermächtigte als Markeninhaberin die mit ihr konzernverbundene H. GmbH zur Durchsetzung der deutschen Marken Nr. xxxxxx und xxxxxxxx "J.". Die H. GmbH erwirkte gegen acht der Abnehmerinnen wegen der Gestaltung der Verpackungen, in denen die angegriffene Ausführungsform vertrieben wurde, wegen marken- und wettbewerbsrechtlicher Verstöße einstweilige Verfügungen.
Auf Antrag der Gläubigerin hat das Landgericht u.a. den Schuldnerinnen zu 1) bis 3) wegen Patentverletzung mit Urteil vom 18.07.2017, Az. 4a O 66/17 (Anlage G1), im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes untersagt, die angegriffene Ausführungsform in L1 anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen (Ziffer I. des Tenors). Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot wurden den Schuldnerinnen Ordnungsmittel angedroht (Ziffer II. des Tenors). Die Vollstreckung der einstweiligen Verfügung wurde von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht (Ziffer III. des Tenors).
Mit Urteil vom 11.01.2018 hat der Senat die Berufung der Schuldnerinnen zu 1) bis 3) gegen das landgerichtliche Urteil zurückgewiesen (Anlage G19).
Die Zustellung des landgerichtlichen Urteils an die Schuldnerinnen zu 1) bis 3) erfolgte von Amts wegen am 18.07.2017. Zum Zwecke der Vollziehung der einstweiligen Verfügung stellte die Gläubigerin den Schuldnerinnen am 27.07.2017 beglaubigte Abschriften des Urteils sowie eine Bürgschaftsurkunde (Anlagen G2, G3) zu.
Die Schuldnerinnen unterrichteten ihre Abnehmer vom Erlass und von der Vollziehung der einstweiligen Verfügung und stellten ihre eigenen Benutzungshandlungen ein.
X, Y, Z und die E. GmbH & Co. KG entfernten die angegriffene Ausführungsform aus ihren Märkten und retournierten diese auf eigene Initiative. Die übrigen genannten Abnehmerinnen vertreiben die angegriffene Ausführungsform mit modifizierter Verpackung weiter. Die Gläubigerin erwarb am 03.08.2017 in einem Markt der K.GmbH & Co. KG (Anlage G10) und am 04.08.2017 in einem Markt der A. GmbH & Co. KG (Anlage G9) Exemplare der angegriffenen Ausführungsform.
Die Gläubigerin trägt vor, die Schuldnerinnen zu 1) bis 3) hätten schuldhaft gegen das Unterlassungsgebot der Urteilsverfügung vom 18.07.2017 verstoßen.
Ein Verstoß ist ihrer Ansicht nach zunächst darin zu sehen, dass die Schuldnerinnen im Hinblick auf die Unterbindung des weiteren Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform durch ihre Abnehmerinnen untätig geblieben sind. Das Unterlassungsgebot beinhalte nämlich auch die Verpflichtung, auf ihre Vertriebspartnerinnen, m...