Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Das Oberlandesgericht Düsseldorf legt dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Auslegung von Art. 9 der Verordnung (EG) des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. EG Nr. L 78 S. 1; zukünftig: Gemeinschaftsmarkenverordnung), Art. 9 der VO (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. EU L 154 S. 1; zukünftig Unionsmarkenverordnung) sowie von Art. 5 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken (ABl. EG Nr. L 299 S. 25; zukünftig: Markenrechtsrichtlinie) zur Vorabentscheidung vor:

1. Stellt es eine rechtsverletzende Benutzung einer Individualmarke im Sinne der Art. 9 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe. b) Gemeinschaftsverordnung/Unionsmarkenverordnung oder Art. 5 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe a) Markenrichtlinie dar, wenn

  • die Individualmarke auf einer Ware angebracht ist, für die die Individualmarke nicht geschützt ist,
  • die Anbringung der Individualmarke durch einen Dritten vom Verkehr als sogenanntes Testsiegel verstanden wird, also in dem Sinne, dass die Ware von einem nicht unter Kontrolle des Markeninhabers stehenden Dritten hergestellt und in den Verkehr gebracht wurde, der Markeninhaber diese Ware aber auf bestimmte Eigenschaften hin getestet und auf Grund dessen mit einem bestimmten, in dem Testsiegel vermerkten Ergebnis bewertet hat,
  • und die Individualmarke unter anderem für "Verbraucherinformation und -beratung bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen, insbesondere unter Verwendung von Test- und Untersuchungsergebnissen sowie mittels Qualitätsurteilen" eingetragen ist?

2. Sollte der Gerichtshof die Frage zu Nummer 1. verneinen:

Stellt es eine rechtsverletzende Benutzung im Sinne des Art. 9 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe c) Gemeinschaftsmarkenverordnung und des Art. 5 Absatz 2 Markenrechtsrichtlinie dar, wenn

  • die Individualmarke nur als - unter Nummer 1. beschriebenes - Testsiegel bekannt ist und
  • die Individualmarke vom Dritten als Testsiegel verwendet wird?
 

Gründe

I. 1 Die Klägerin ist Herausgeberin des bundesweit erscheinenden ÖKO-TEST-Magazins, in dem neben allgemeinen Verbraucherinformationen insbesondere Waren- und Dienstleistungstests veröffentlicht werden. Sie finanziert sich vor allem durch Erlöse aus dem Vertrieb dieser Hefte sowie durch die nachstehend unter Randnummer 5 geschilderte Lizenzierungspraxis.

2 Sie ist seit vielen Jahren Inhaberin verschiedener ÖKO-TEST Labels, die markenrechtlich geschützt sind. Unter anderem ist sie Inhaberin der am 21.03.2012 angemeldeten, am 24.05.2012 veröffentlichten und am 31.08.2012 unter der Nr. 010745529 in das Register des Amtes der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) eingetragenen Unionsbildmarke (zukünftig: Klagemarke 1)

(Abbildung))

die für folgende Waren und Dienstleistungen geschützt ist:

(Abbildungen))

3 Die Klägerin ist ferner Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt am 05.01.2012 angemeldeten und am 23.04.2012 unter der Nr. 302012000566 eingetragenen (Individual-)Wort-/Bildmarke (zukünftig Klagemarke 2)

(Abbildung))

eingetragen für

(Abbildung))

4 Sie berühmt sich schließlich, Inhaberin identischer nicht eingetragener bekannter älterer Individualmarken zu sein.

5 Die Klägerin gestattet Herstellern getesteter Produkte grundsätzlich die Werbung mit dem ÖKO-TEST Label, verlangt hierfür jedoch den Abschluss eines entgeltlichen Lizenzvertrages. Der Lizenzvertrag endet, wenn der Test, der sich auf das Produkt des Lizenznehmers bezieht, durch einen zeitlich neueren Test überholt ist oder die Beschaffenheit oder Merkmale des Produktes verändert werden. Nach Vertragsschluss stellt die Klägerin den Herstellern sodann eine Datei mit ihrer jeweils aktuellen Wort-/Bildmarke zur Verfügung. In das zur Marke gehörende Leerfeld tragen die Hersteller das Testergebnis und dessen Fundstelle ein. Letzteres ist notwendig, weil nach der Rechtsprechung der deutschen Gerichte zum unlauteren Wettbewerb eine Werbung mit Testergebnissen nur bei Nennung der Fundstelle zulässig ist. Dem Verbraucher soll es dadurch ermöglicht werden, sich über die verwendeten Kriterien und die Gesamtergebnisse informieren können.

6 Die Beklagte ist Herstellerin von Zahncremes, u.a. des Produktes "X.". Das Produkt "X. Fluorid-Kamillen-Zahncreme" wurde von der Klägerin in einem in dem Jahrbuch Kosmetik 2005 veröffentlichten Warentest getestet und mit "sehr gut" bewertet. Zur Bewerbung ihres Produktes mit diesem Testergebnis schloss die Beklagte mit der Klägerin am 15./18. August.2005 einen Lizenzvertrag zur Nutzung des zu dem damaligen Zeitpunkt aktuellen ÖKO-TEST Labels.

7 Im Oktober 2014 erlangte die Klägerin Kenntnis vom Vertrieb von "X." auf Webseiten Dritter, wie nachfolgend eingelichtet:

((Abbildung))

Die Verpackung war gegenüber der ursprünglichen Verpackung verändert.

8 Die Klägerin hat ihre Ansprüche vornehmlich auf die Klagemarke 1 und ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge