Tenor

I. Auf den Antrag zu 2. der Antragstellerinnen aus dem Schriftsatz vom 30. November 2020 wird die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerden gegen die Aussprüche in den Ziffern 1. bis 3. des Beschlusses des Bundeskartellamts vom 6. Februar 2019 (B6-22/16) vorläufig und bis zur Entscheidung des Senats über den Antrag zu 1. aus demselben Schriftsatz angeordnet.

II. Das Bundeskartellamt und der Beigeladene erhalten bis zum 23. Januar 2021 Gelegenheit, zum Antrag zu 1. der Antragstellerinnen vom 30. November 2020 Stellung zu nehmen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antrag zu 2. der Antragstellerinnen aus dem Schriftsatz vom 30. November 2020, die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerden gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 6. Februar 2019 (B6-22/16) vorläufig und bis zur Entscheidung über den Eilantrag zu 1. aus demselben Schriftsatz anzuordnen, ist zulässig und begründet.

1. Der Antrag auf Erlass einer Zwischenentscheidung im Eilverfahren ist zulässig.

Der Eilantrag zu 1. der Antragstellerinnen, die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerden anzuordnen, ist zulässig. Die Beschwerden der Antragstellerinnen gegen die auf § 32 Abs. 1 GWB gestützte Abstellungsverfügung haben keine aufschiebende Wirkung, wie sich aus einem Umkehrschluss aus § 64 Abs. 1 GWB ergibt. Die vom Bundeskartellamt angeordnete Aussetzung der Vollziehung (§ 65 Abs. 3 S. 2 GWB) läuft mit dem heutigen Tage aus; eine Verlängerung hat das Bundeskartellamt mit Beschluss vom 13. November 2020 (Anlage 2 zur Antragsschrift) abgelehnt. Die Antragstellerinnen können daher gemäß § 65 Abs. 3 S. 1 und S. 3 GWB beantragen, dass das Beschwerdegericht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anordnet, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung bestehen (§ 65 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB) oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 65 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB). Der Zulässigkeit dieses Antrags steht nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 23. Juni 2020 (KVR 68/19) einen früheren Antrag der Antragstellerinnen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Amtsverfügung abgelehnt hat. Dieser Entscheidung kommt keine materielle Rechtskraft zu. Soweit Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich insoweit der beschränkten materiellen Rechtskraft fähig sind, als eine Antragswiederholung bei unveränderten Verhältnissen, d.h. bei unverändertem Sachvortrag und unveränderten Mitteln der Glaubhaftmachung, in der Regel unzulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2004, III ZR 200/04, Rn. 10 bei juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.01.2014, 6 U 228/13 - Schneller kann keiner, Rn. 3 bei juris; Urteil vom 15.08.2013, 6 U 122/13, Rn. 3 bei juris; Urteil vom 14.07.2005, 16 U 23/05, Rn. 38 bei juris; Zöller/Vollkommer, ZPO, 33. Auflage 2020, vor § 916 Rn. 13 m.w.N.), liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der neue Eilantrag der Antragstellerinnen basiert auf einer gegenüber der Amtsverfügung geänderten Begründung der Verbots- und Gebotsaussprüche durch den Bundesgerichtshof in dem zitierten Beschluss und durch das Bundeskartellamt in seiner Beschwerdeerwiderung.

b) Über den danach zulässigen neuen Eilantrag kann der Senat nicht binnen weniger Tage entscheiden. Die Erfassung und - summarische - Bewertung der jeweils rund 200 Seiten starken Beschwerdebegründung der Antragstellerinnen und Beschwerdeerwiderung des Bundeskartellamts erfordern angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage und der Begründungsänderung der Amtsverfügung durch den Bundesgerichtshof im oben erwähnten Beschluss und - diesem folgend - durch das Bundeskartellamt in seiner Beschwerdeerwiderung einen erheblichen Zeitaufwand. Zudem ist dem Bundeskartellamt und dem Beigeladenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem neuen Eilantrag zu gewähren.

Unter solchen Umständen ist für das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO anerkannt, dass Zwischenentscheidungen ("Hängebeschlüsse") erlassen werden können, um während der Anhängigkeit des Eilverfahrens effektiven Rechtsschutz i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG im Zeitraum zwischen dem Eingang des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz und der gerichtlichen Entscheidung über den Eilantrag zu gewährleisten (vgl. OVG NRW, NWVBl 2009, 224; Guckelberger, NVwZ 2001, 275). Nichts anderes gilt für das kartellrechtliche Verwaltungsverfahren, in dem ebenso das Bedürfnis besteht, effektiven Rechtsschutz sicherzustellen, wenn eine Sachentscheidung über einen Eilantrag noch nicht erfolgen kann und deshalb zu befürchten ist, dass in der Zwischenzeit vollendete Tatsachen geschaffen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 09.03.2010, VI-Kart 1/10 (V) - Rn. 12 bei juris; Beschluss vom 07.09.2006, VI-Kart 15/06 (V), Umdruck S. 9 f., bei juris; siehe auch OLG Düsseldorf Vergabesenat, VergabeR 2008, 835). Der Vorrang effektiven Rechtsschutzes gebietet es deshalb, die verwaltungsrechtlichen Grun...

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