Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Entscheidung vom 03.02.2010) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 3. Februar 2010 mit den Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach den Feststellungen befuhr er am gegen 23 Uhr mit seinem Fahrrad die , obwohl er Alkohol getrunken hatte und infolgedessen fahruntüchtig war; eine um 0.50 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,82 ___AMPX_‰_SEMIKOLONX___X. Die (Sprung-) Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, weil das Amtsgericht nicht erkennbar geprüft und erörtert hat, ob der Angeklagte bei Begehung der Tat schuld unfähig war, obwohl diese Frage sich aufgedrängt hat; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die erhobenen Verfahrensrügen sind unzulässig.
Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ist eine Verfahrensrüge nur dann in zulässiger Weise erhoben, wenn "die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben" sind. Diese Angaben müssen mit Bestimmtheit und so genau und vollständig gemacht werden, dass das Revisionsgericht allein anhand der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen zutreffen (vgl. BVerfGE 112, 185 = NJW 2005, 1999, 2001 m. Nachw. zur st. Rspr. des BGH; zuletzt BGH NJW 2007, 3010 [13]; NJW 2007, 3587 [13]; StV 2008, 8).
Soweit als verfahrensfehlerhaft beanstandet wird, das Amtsgericht sei "dem Beweisantrag auf Ermittlung und Vernehmung des Zeugen nicht nachgegangen mit der Begründung, dieser sei nicht zu ermitteln", handelte es sich schon nach dem Antragswortlaut nicht um einen Beweis-, sondern um einen Beweisermittlungsantrag. Die Rüge könnte nur Erfolg haben, wenn weiter ausgeführt wäre, was konkret das Amtsgericht hätte tun können (und pflichtwidrig unterlassen habe), um den Aufenthalt des Zeugen zu ermitteln (vgl. BGH, 1 StR 82/03 vom 15. April 2003 ≪Juris≫). Dazu ist nichts vorgetragen.
Soweit der Angeklagte geltend macht, die Blutentnahme auf Anordnung (allein) der Polizeibeamten habe gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO verstoßen, ist nicht vorgetragen, dass er diesen rechtlichen Gesichtspunkt ausdrücklich und zur rechten Zeit vorgebracht hat:
Ein Angeklagter, der einen zu erhebenden oder schon erhobenen Beweis für unverwertbar hält, muss der Verwertung in der Hauptverhandlung bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt widersprechen (BGHSt 52, 38 Rdnr. 15 = NJW 2007, 3587 mwN). Dass der Widerspruch befristet - bis zum durch § 257 StPO bestimmten Zeitpunkt - zu erheben ist, dient der gebotenen Verfahrensförderung, ohne dem Betroffenen unzumutbare Anforderungen aufzuerlegen (BGHSt aaO, Rdnr. 17). Ein vor der Hauptverhandlung oder nach dem genannten Zeitpunkt erhobener Widerspruch ist unbeachtlich.
Das Vorbringen des Angeklagten zur Verwertbarkeit der Blutprobe erschöpft sich in rechtlichen Ausführungen zu Gegenstand und Reichweite des Richtervorbehalts des § 81a Abs. 2 StPO. Was - und wann - er dazu in der Hauptverhandlung erklärt hat, ist der Rechtfertigungsschrift nicht zu entnehmen.
Die Verfahrensrüge wäre im Übrigen auch unbegründet. Der Senat hat durch Beschlüsse vom 21. Januar 2010 in einer Revisionssache (III-1 RVs 1/10) und in einer Bußgeldsache (IV-1 RBs 3/10) in der Besetzung mit drei Richtern entschieden, dass die polizeiliche Anordnung einer Blutentnahme zur Nachtzeit regelmäßig durch Gefahr im Verzug gerechtfertigt ist und der Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO in der richterlichen Eildienstzeit (6.00 bis 21.00 Uhr, JMBl. NRW 2007, 165) in aller Regel kein Beweis verwertungs verbot nach sich zieht.
Bei der Feststellung des äußeren Tatgeschehens hat die Überprüfung des Urteils anhand der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Überzeugung des Amtsrichters, dass der Angeklagte mit dem Fahrrad gefahren ist, beruht auf einer - in der Beweiswürdigung belegten - tragfähigen Tatsachengrundlage. Insoweit ist das Rechtsmittel unbegründet. Jedoch hält die (stillschweigende) Annahme des Amtsgerichts, dass der Angeklagte bei Begehung der Tat nicht wegen einer krankhaften seelischen Störung durch einen akuten Alkoholrausch unfähig (§ 20 StGB) war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, rechtlicher Überprüfung nicht stand:
Bei der Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat ist zu seinen Gunsten von dem höchstmöglichen Abbauwert der Blutalkoholkonzentration (BAK) auszugehen (Fischer, StGB, 57. Aufl. [20...