Leitsatz (amtlich)
1. Analog § 142 InsO wirkt sich eine vom Geschäftsführer veranlasste Zahlung dann nicht im Sinne des § 64 Satz 1 GmbHG masseschmälernd aus, wenn der Gesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Zahlung eine mindestens gleichwertige Gegenleistung zufließt, unabhängig davon, ob mit dieser Gegenleistung ein dem unmittelbaren Gläubigerzugriff unterliegenden Gegenstand zugeführt wird oder nicht. Dementsprechend wirken sich wiederkehrende Zahlungen der Gesellschaft für von ihr fortlaufend bezogene Versorgungsdienstleistungen nicht im Sinne des § 64 Satz 1 GmbHG masseschmälernd aus.
2. Um Wertungswidersprüche zum Recht der Insolvenzanfechtung zu vermeiden, wirken sich auch die vom Geschäftsführer veranlassten Vergütungszahlungen nicht im Sinne des § 64 Satz 1 GmbHG masseschälernd aus, wenn mit ihnen Arbeitsleistungen abgegolten werden, die der Gesellschaft in den letzten drei Monaten erbracht worden sind.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 01.07.2014; Aktenzeichen 5 O 231/11) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das am 01.07.2014 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Düsseldorf teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 39.874,56 nebst Zinsen hiervon in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2010, zuzüglich Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von insgesamt EUR 1.419,19 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 26 % und der Beklagte zu 74 %.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der G. (im Folgenden: "Schuldnerin") von dem Beklagten als deren "director" gemäß § 64 GmbHG bzw. §§ 15a InsO, 823 Abs. 2 BGB die Erstattung von Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR 15.716,78, welche die Schuldnerin mit Mitteln der Barkasse und des Geschäftskontos in der Zeit vom 14.09.2009 bis zum 24.11.2009 erbrachte, sowie Ersatz des Betrags von EUR 38.223,47, den einzelne Gläubiger bei der Schuldnerin durch verschiedene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen am 10. und am 17.09.2009 eintrieben.
Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 25.07.2014 insoweit Bezug genommen, als diese den Feststellungen des Senats nicht widersprechen.
Die alleinige Geschäftstätigkeit der Schuldnerin bestand darin, für die in L. residierende W. (im Folgenden: "W.") den Verkauf ihrer Anteilsscheine an der in L. ansässigen A. (im Folgenden: "A.") zu vermitteln. Der hierzu am 01.08.2006 geschlossene Vertrag sah unter Nr. 4. (2) vor, dass die Schuldnerin für ihre Vermittlungstätigkeit eine Provision erhält, sobald der Kaufvertrag zwischen der W. und dem Anleger zustande kommt und der hierfür vereinbarte Kaufpreis an die W. gezahlt wird. Nach der am 02.01.2007 erstellten Anlage 1) zu diesem Vertrag sollte die Schuldnerin eine Provision von 5 % erhalten, wenn der Anleger von ihr und W. gemeinsam geworben wird.
Die B. und das F. ließen der C. am 07. und 26.08.2009 Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse über EUR 18.799,86 und EUR 19.457,98 zustellen, die sich auf das bei ihr unter der Nr... geführte Geschäftskonto der Schuldnerin bezogen. Aufgrund der erst-genannten Pfändung- und Überweisung wurde am 27.08.2009 das seinerzeitige Kontoguthaben von EUR 2.035,37 an die B. ausgezahlt. Diese Zahlung verlangt der Kläger nicht ersetzt. Am 07.09.2009 ging auf dem vorgenannten Geschäftskonto eine Überweisung der A. über EUR 50.000,- ein. Am 10.09.2009 erhielten daraufhin die B. den restlichen Pfändungsbetrag von EUR 16.764,49 und das F. seinen vollständigen Pfändungsbetrag von der C. ausgekehrt. Außerdem pfändete das H. am 17.09.2009 aus der Barkasse der Schuldnerin einen Betrag von EUR 2.001,-, der von dem H. an die D., E., I. und J. ausgekehrt wurde.
Das LG hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2014 der Klage in Höhe von EUR 53.940,25 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz daraus seit dem 16.09.2010 sowie vorgerichtlicher Kosten in Höhe von EUR 1.746,38 stattgegeben. Es sei gemäß Art. 3 Abs. 1 EuInsVO international zuständig. Der Anwendungsbereich der EuInsVO sei eröffnet, da die EuGVVO gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. b EuGVVO nicht auf Verfahren anwendbar sei, die in einem untrennbaren Zusammenhang mit einem Konkurs- und Vergleichsverfahren stünden. Letzteres sei jedoch bei den Klageforderungen der Fall. Hinsichtlich der Anspruchsgrundlage des § 15a ...