Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4b O 14/20) |
Tenor
I. Die Berufung gegen das am 29.06.2021 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 500.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 371 XXA (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Rückruf sowie auf Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch.
Das Klagepatent wurde am 07.06.2003 unter Inanspruchnahme der Priorität zweier deutscher Anmeldungen vom 14.06.2002 und 27.02.2003 von der B GmbH & Co. KG angemeldet. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 17.12.2003. Seit dem 27.08.2009 ist die Klägerin als Inhaberin des Klagepatents eingetragen. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 23.09.2009 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft.
Auf einen gegen das Klagepatent erhobenen Einspruch hielt die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts das Klagepatent mit Zwischenentscheidung vom 26.06.2011 beschränkt aufrecht. Die dagegen gerichteten Beschwerden wies die Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts mit Entscheidung vom 18.01.2013 (Anlage K 11) zurück.
Das Bundespatentgericht wies eine gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage mit Urteil vom 09.09.2014 ab. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung wies der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28.03.2017 (Az.: X ZR 17/15; Anlage CMS K 2) zurück.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12.06.2020 eine weitere Nichtigkeitsklage (Az.: 6 Ni 27/20 (EP)) gegen das Klagepatent erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Am 26.10.2021 erging ein gerichtlicher Hinweis des Bundespatentgerichts nach § 83 Abs. 1 S. 1 PatG (Anlage B 10).
Das Klagepatent trägt die Bezeichnung "Waage". Sein Patentanspruch 1 ist wie folgt gefasst:
"Waage (1) mit einer Tragplatte (4) zur Aufnahme einer zu wiegenden Masse und mit einer elektrischen Schaltvorrichtung (16, 24) zur Aus- oder Anwahl einer Funktion der Waage (1), dadurch gekennzeichnet, dass die Schaltvorrichtung (16, 24) einen kapazitiven Näherungsschalter mit einer an der Tragplatte (4) angeordneten Elektrode (18, 38, 44) zur Überwachung der Umgebungskapazität der Elektrode (18, 38, 44) aufweist, wobei die Tragplatte (4) aus einem elektrisch nicht leitenden Material besteht und die Elektrode (18, 38, 44) unter der Tragplatte (4) angeordnet ist und die mit der elektrischen Schaltvorrichtung (16, 24) erfolgende Aus- oder Anwahl einer Funktion im Einschalten der Waage besteht."
Die nachfolgend verkleinert wiedergegebene Figur 1 der Klagepatentschrift zeigt eine erste erfindungsgemäße Waage in perspektivischer Ansicht:
Die Beklagte ist ein französisches Unternehmen, das neben Medizinprodukten, Bad-, Küchen- und Schlafzimmerzubehör unter anderem auch mechanische und elektronische Küchenwaagen vertreibt. Sie bietet bundesweit im Internet digitale Küchenwaagen mit der Modellbezeichnung "C" sowie "D" (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) wie folgt an (die Abbildungen wurden S. 9 und 10 der Klageschrift entnommen):
Die Klägerin erwarb im Rahmen eines Testkaufs ein Exemplar des Modells "D" über die Webseite der Beklagten. Die Lieferung erfolgte nach Rösrath in Nordrhein-Westfalen.
Die Klägerin sieht im Angebot und im Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland eine wortsinngemäße Verletzung des Patentanspruchs 1 des Klagepatents.
Die Beklagte hat erstinstanzlich die Aktivlegitimation der Klägerin sowie eine Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform in Abrede gestellt und die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat zudem die Ansicht vertreten, etwaige Ansprüche der Klägerin seien verwirkt und das Klagepatent werde sich im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat die Klägerin die Klage zurückgenommen, soweit sie Ansprüche vor dem 19.02.2010 geltend gemacht hat.
Mit Urteil vom 29.06.2021 hat das Landgericht Düsseldorf eine Verletzung des Klagepatents bejaht und wie folgt erkannt:
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem Präsidenten zu vollziehen ist, zu unterlassen
Waagen mit einer Tragplatte zur Aufnahme einer zu wiegend...