Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedarfsberechnung bei gleichrangigen Ehegatten nach § 1609 BGB
Leitsatz (amtlich)
Die Ansprüche gleichrangiger Ehegatten, die beide über Einkommen verfügen, sind auf der Grundlage des ab dem Jahre 2008 geltenden Unterhaltsrechts derart zu ermitteln, dass die tatsächlichen Einkünfte sowohl der Ehegatten als auch des Unterhaltsverpflichteten zu addieren und – ggf. nach Bereinigung um das Anreizsiebtel – danach durch die Personenzahl der Unterhaltsgemeinschaft zu teilen sind. Der sich hiernach ergebende Bedarf ist um die eigenen Einkünfte des unterhaltsberechtigten Ehegatten zu kürzen. Durch eine Kontrollberechnung, bei der die Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten auf Basis der Steuerklasse 1 ermittelt werden, ist sicherzustellen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht an hohen Einkünften des weiteren Ehegatten partizipiert.
Normenkette
BGB § 1570 (a.F.), § 1573 Abs. 2, § 1609
Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Urteil vom 25.04.2006; Aktenzeichen 253 F 216/05) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG Düsseldorf vom 25.4.2006 - Az. 253 F 216/05 - teilweise abgeändert und wie folgt neuge-fasst:
In Abänderung des vor dem AG Münster am 15.7.1999 im Verfahren 43 F 113/98 geschlossenen Vergleichs und unter Einbeziehung der am 22.8.2005 bei dem Notar D. in T. errichteten notariellen Urkunde - UR-Nr.: 138/2005 - wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin beginnend mit Oktober 2004 insgesamt nachehelichen Ehegattenunterhalt wie folgt zu zahlen:
- im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2004 monatlich 695 EUR;
- im Zeitraum von Januar bis Februar 2005 monatlich 593 EUR;
- im Zeitraum von März bis Juni 2005 monatlich 572 EUR;
- für Juli 2005 645 EUR;
- im Zeitraum von August 2005 bis Juni 2007 monatlich 696 EUR;
- für Juli 2007 585 EUR;
- im Zeitraum von August bis Dezember 2007 monatlich 564 EUR;
- im Zeitraum von Januar bis März 2008 monatlich 625 EUR;
- ab April 2008 monatlich 477 EUR;
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Beklagte zu 93 % und die Klägerin zu 7 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Beklagte zu 96,7 % und die Klägerin zu 3,3 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin hinsichtlich des ab Januar 2008 zu zahlenden Unterhalts gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des monatlich zu zahlenden Un-terhalts abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird hinsichtlich des ab dem Jahr 2008 zu zahlenden Ehegattenunterhalts zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind seit Februar 1997 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der Ehe der Parteien sind drei Kinder hervorgegangen, K., geb. am 26.8.1985, P., geb. am 14.3.1988, und A.-L., geboren am 6.7.1995. Der Beklagte hat erneut geheiratet. Aus seiner zweiten Ehe stammen die Kinder J., geb. am 9.3.1999, und N., geb. am 28.8.2001.
Durch einen vor dem AG Münster am 15.7.1999 geschlossenen Vergleich hat sich der Beklagte zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt an die Klägerin i.H.v. 647 DM = 330,81 EUR monatlich verpflichtet. Gegenstand des nunmehrigen Verfahrens ist das Begehren der Klägerin auf höheren Ehegattenunterhalt. Insoweit hat sich der Beklagte während des Verfahrens erster Instanz durch eine einseitige notarielle Urkunde vom 22.8.2005 verpflichtet, an die Klägerin ab September 2005 einen nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 439 EUR zu zahlen.
Wegen des Parteivorbringens erster Instanz sowie des Inhalts der Entscheidungsgründe im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des AG Düsseldorf.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag insoweit weiter verfolgt, als über das einseitige notarielle Schuldanerkenntnis von 439 EUR monatlich ab September 2005 hinaus nachehelicher Unterhalt ausgeurteilt wurde.
Mit der Abänderungswiderklage begehrt er die Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts.
Der Beklagte meint, der Klägerin seien spätestens ab August 2005 fiktiv eigene Einkünfte im Rahmen eines 400 EUR-Jobs anzurechnen, so dass ihr Bedarf unter Berücksichtigung des von ihm anerkannten Unterhalts von 439 EUR gedeckt sei. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem AG erstmals behauptet habe, A.-L. leide an Neurodermitis, bestreitet er eine solche Erkrankung mit Nichtwissen und verweist darauf, dass eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes von der Klägerin nicht dargelegt sei.
Ferner bestreitet er die Tilgung von Kreditverpflichtungen durch die Klägerin.
Schließlich meint er, das AG habe zu Unrecht auf seiner Seite einen Karrieresprung verneint. Ohnehin sei es Aufgabe des Unterhaltsberechtigten, bei Einkommenssteigerungen des Unterhaltsverpflichteten darzulegen und zu beweisen,...