Entscheidungsstichwort (Thema)
Arzthaftung - mehrere Ärzte - dieselbe Angelegenheit - Geschäftsgebühr
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 24.07.2008) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.7.2008 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage ist zwar zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
A. Beide Feststellungsanträge sind zulässig.
Für den Feststellungsantrag zu 1. besitzt die Klägerin das notwendige Rechtsschutzbedürfnis, auch wenn die Beklagte ihre Deckungsverpflichtung vorgerichtlich dem Grunde nach anerkannt hat (Bl. 51 GA). Der Klageantrag beinhaltet bestimmte Bedingungen, deren Berechtigung nach Maßgabe des Versicherungsvertrags die Beklagte vorgerichtlich bestritten hat. So begehrt die Klägerin separaten Deckungsschutz jeweils für ein außergerichtliches Vorgehen gegen Dr. D. und das Kloster P.. Die Berechtigung dieser Vorgehensweise und die daraus resultierende Abrechnung mehrerer Geschäftsgebühren hat die Beklagte prozessual wie auch außergerichtlich ausdrücklich bestritten.
Das Feststellungsinteresse entfällt auch nicht durch den Klageantrag zu 2. Zwar ist bei der Entscheidung über diesen Antrag inzidenter auch über die Deckungspflicht der Beklagten zu entscheiden. In Rechtskraft erwächst die Entscheidung über die Vorfrage jedoch nicht.
Und schließlich ist auch der Feststellungsantrag zu 2. zulässig. Gerade weil der Klägerin noch keine Anwaltsrechnung erteilt worden ist, kann sie nicht vorrangig Freistellung (oder Leistung nach Zahlung des Rechnungsbetrags) verlangen, sondern nur die rechtliche Feststellung geltend machen, dass die Beklagte sie insoweit freizustellen haben wird. Aufgrund des Bestreitens der Beklagten, weitere Zahlungen zu schulden, besteht bereits jetzt das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin an der beantragten Klärung, und zwar konkret dafür, dass die Beklagte nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach deckungspflichtig ist.
B. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Streit der Parteien konzentriert sich im Wesentlichen auf zwei gebührenrechtliche Fragen, die im Sinne der Beklagten zu beantworten sind.
1. Die Bevollmächtigten der Klägerin können für die außergerichtliche Inanspruchnahme aller Anspruchsgegner - die Klinik S., Prof. Dr. S., Dr. D. und das Kloster P. - nur einmal die Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Rechnung stellen, so dass die Beklagte auch nur in diesem Umfang zur Deckung und Freistellung von den Kosten verpflichtet ist.
Die Geschäftsgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags (Vorbemerkung 2.3 des Vergütungsverzeichnisses). Gemäß § 15 Abs. 1 RVG entgelten die Gebühren grundsätzlich die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. In derselben Angelegenheit kann der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal fordern (§ 15 Abs. 2 Satz 1 RVG).
Im Streitfall handelt es sich um eine Angelegenheit im Sinne der genannten Bestimmungen. Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft, das der Rechtsanwalt für seinen Auftraggeber erledigen soll. Maßgeblich ist nicht der Auftrag, da auch ein einheitlicher Auftrag mehrere Angelegenheiten auslösen kann. Es ist vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls festzustellen, ob es sich um mehrere Angelegenheiten handelt. Identität besteht grundsätzlich nur, wenn ein einheitlicher Auftrag vorliegt, die Rechtsverfolgung gebündelt erfolgt und zwischen den einzelnen Gegenständen ein innerer, objektiver Zusammenhang besteht (OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.11.2008 - 12 W 97/08 - eingestellt bei juris). Dies richtet sich nach dem Inhalt der vereinbarten Geschäftsbesorgung, die der Tätigkeit des Rechtsanwalts den auftragstypischen Rahmen verleiht. Solange sich der Anwalt innerhalb dieses Rahmens bewegt, betreffen alle seine Tätigkeiten, mögen sie auch vielzählig, vielgestaltig und zeitaufwendig sein und sich auf verschiedene rechtliche Gegenstände (Rechte oder Rechtsverhältnisse) beziehen, dieselbe Angelegenheit (OLG Düsseldorf (24. Zivilsenat) OLGReport 2009, 123).
Danach ist die außergerichtliche Geschäftsbesorgung der Bevollmächtigten der Klägerin eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne. Es kann dahinstehen, ob nicht auch schon die aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag folgende Obliegenheit zur Kostenminderung (§ 17 Abs. 5 lit. c) cc) ARB 93/2000) und damit die Erwägungen des OLG Celle in seinem Urteil vom 18.1.2007 (JurBüro 2008, 249-250) zum gerichtlichen Verfahren die Annahme nahe legen, dass grundsätzlich auch vorgerichtlich nur eine einzige Angelegenheit vorliegen kann. Denn selbst auf der Grundlage...