Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen eines konkludent zustande gekommenen Architektenvertrages und seines Umfangs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Da es sich bei einem mündlich abgeschlossenen Architektenvertrag um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft handelt, sind für die Bestimmung dessen Zustandekommens die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Auslegungskriterien unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, die bei der Ermittlung eines gemeinsamen übereinstimmenden rechtsgeschäftlichen Willens von Bedeutung sind, heranzuziehen. Hierbei können die Beteiligten ihren auf Abschluss eines Architektenvertrages gerichteten Willen ausdrücklich oder auch konkludent zum Ausdruck bringen. Die Vorschriften der HOAI sind als reines Preisrecht insoweit nicht behelflich.

2. Bei der Gewichtung der jeweiligen Einzelumstände ist dem in der Baupraxis regelmäßig zu machenden Erfahrungswert Rechnung zu tragen, dass gerade bei Architekten- und Ingenieurleistungen die Schwelle zwischen Akquisition und Beauftragung nicht oder nur schwer objektiv festzumachen ist. Letztlich entscheidend ist im Zusammenhang mit dieser Grenzziehung, wie aus der Warte des Leistungsempfängers das Handeln des Architekten oder bei Verwertung der Architektenleistung dies aus Sicht des Architekten nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu verstehen ist, ob also hieraus auf einen Rechtsbindungswillen geschlossen werden kann. In diesem Kontext sind insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung einer Angelegenheit, das erkennbare Interesse des Begünstigten und die nicht ihm, wohl aber dem Leistenden erkennbare Gefahr, in die er durch eine fehlerhafte Leistung geraten kann, als Indizien anzuführen, die auf einen Rechtsbindungswillen schließen lassen.

 

Normenkette

BGB § 151

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 7 O 85/16)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers sowie die Anschlussberufung des Beklagten zu 1) wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 24.11.2017 (Aktz.: 7 O 85/16) dahingehend abgeändert, dass der Beklagte zu 1) verurteilt wird, an den Kläger 6.066,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2016 zu zahlen. Die Berufung sowie die Anschlussberufung werden im Übrigen zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie des Berufungsverfahrens sind von dem Kläger zu 76 % und von dem Beklagten zu 1) zu 24 % zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), welche dem Kläger in voller Höhe auferlegt werden.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Auf die Berufung des Klägers sowie die Anschlussberufung des Beklagten zu 1) wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 24.11.2017 (Aktz.: 7 O 85/16) dahingehend abgeändert, dass der Beklagte zu 1) verurteilt wird, an den Kläger 6.066,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2016 zu zahlen. Die Berufung sowie die Anschlussberufung werden im Übrigen zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie des Berufungsverfahrens sind von dem Kläger zu 76 % und von dem Beklagten zu 1) zu 24 % zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), welche dem Kläger in voller Höhe auferlegt werden.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

A. Die Parteien streiten um Honoraransprüche aus einem Architektenvertrag.

Der Beklagte zu 1) ist seit dem 15.08.2015 alleiniger Eigentümer des Bestandsobjektes "I....75, W...", bei welchem es sich um ein freistehendes Einfamilienhaus mit ca. 170 qm Wohnfläche aus dem Jahr 1971 handelt. Die Beklagte zu 2) ist die Lebensgefährtin des Beklagten zu 1). Der Kläger ist Architekt und als solcher tätig bei der "i....bürogemeinschaft".

Bereits im September 2014 trat der Beklagte zu 1), damals noch als Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft, die zunächst Eigentümerin des Objektes war, an den Kläger heran, um sich über etwaige Umbau- bzw. Verwertungsmöglichkeiten des Objektes zu informieren. Ende Juli 2015 meldete sich der Beklagte zu 1) erneut telefonisch bei dem Kläger. Hierüber verhält sich der Telefonvermerk der damaligen Mitarbeiterin des Klägers, der Zeugin E.., in welchem es heißt: "hätte gerne ein gesamtes Sanierungskonzept inkl. Sanierungskosten" (vgl. Anlage H23, Bl. 334). Anfan...

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