Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung eines an einen erbberechtigten Ehegatten rückübertragenen Grundstücks im Beitrittsgebiet im Zugewinnausgleich nach Ehescheidung
Leitsatz (redaktionell)
Ist einem erbberechtigten Ehegatten nach Inkrafttreten des Vermögensgesetzes ein Grundstück rückübertragen worden, das vor dem Tod des Erblassers entschädigungslos enteignet und in das Volkseigentum der früheren DDR überführt worden war, ist der Wert dieses Grundstücks im Zugewinnausgleich dem Anfangsvermögen des erbberechtigten Ehegatten zuzurechnen.
Normenkette
VermG § 1; BGB § 1374 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Kempen (Urteil vom 28.05.2004) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.5.2004 verkün-dete Urteil des AG - FamG - Kempen wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nach-gelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwen-den, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Weise Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage wegen eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich i.H.v. 224.604,07 EUR abgewiesen worden ist.
Gründe
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zugewinnausgleich in Anspruch. Die am 1.6.1984 geschlossene Ehe der Parteien ist auf den am 10.11.1993 zugestellten Scheidungsantrag durch rechtskräftiges Urteil vom 27.5.1994 geschieden worden. Die Klägerin hat keinen Zugewinn erzielt, während das Endvermögen des Beklagten zum Stichtag (10.11.1993) sein Anfangsvermögen übersteigt. Die Parteien streiten zweitinstanzlich nur noch darüber, ob sich das Anfangsvermögen des Beklagten nach § 1374 Abs. 2 BGB um den anteiligen Wert mehrerer in den neuen Bundesländern gelegener Grundstücke erhöht.
Der Beklagte ist zu einem Anteil von 3/8 Miterbe nach seinem am 22.5.1965 verstorbenen Vater H. P., der Eigentümer des Grundstücks in D. war. Außerdem hat er zu einem 10/48-Anteil seine am 16.3.1977 verstorbene Tante H. P. beerbt, in deren Eigentum drei in D. und M. gelegene Immobilien gestanden hatten. Alle vier Grundstücke waren im Jahre 1962 - also noch vor dem Tod der Erblasser - entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt worden. Nach Inkrafttreten des Vermögensgesetzes sind die Immobilien in den Jahren 1992 bzw. 1994 und 1995 (übrige Grundstücke) auf die Erbengemeinschaften rückübertragen worden.
Das AG hat die Klage abgewiesen, weil der Beklagte unter Berücksichtigung des seinem Anfangsvermögen zuzurechnenden Wertes der rückübertragenen Grundstücke keinen Zugewinn erzielt habe. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die die Anwendbarkeit des § 1374 Abs. 2 BGB in Abrede stellt und beantragt, in Abänderung des Urteils AG Kempen - 17 F 129/95 - vom 28.5.2004 den Beklagten zu verurteilen, an sie 239.840 EUR nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Klage zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstoffs wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 889 ff. GA) sowie die erstinstanzlich eingeholten Wertgutachten des Sachverständigen K. vom 27.3.2002 (Bl. 545 ff. GA) und vom 15.12.2003 (Bl. 768 ff. GA) Bezug genommen.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht kein Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten zu, weil dieser keinen Zugewinn erzielt hat.
I. Das Ausgleichsbegehren ist unabhängig von dem Streit der Parteien über die rechtliche Behandlung der in D. und M. gelegenen Grundstücke unbegründet, soweit die Klägerin Zahlung von mehr als 224.604,07 EUR verlangt.
Das Endvermögen des Beklagten beträgt 1.004.473,55 DM und setzt sich wie folgt zusammen:
Hausgrundstück 400.000 DM
./. LBS -3.300 DM
./. Bausparkasse Wüstenrot -12.000 DM
./. Sparkasse Korschenbroich -77.800 DM
306.900 DM: 2 = 153.450 DM
Grundstücke
- T. S., D. (Bl. 545 ff. GA)
527.000 DM × ⅜ = 197.625 DM
- H.-B.-S., D. (Bl. 614 ff. GA)
3.100.000 DM × 10/48 = 645.833,33 DM
85.000 DM × 10/48 = 17.708,33 DM
197.000 DM × 10/48 = 41.041,67 DM
./. Girokonto ;-51.184,78 DM
1.004.473,55 DM
Den Wert des Hausgrundstücks von 400.000 DM hatte die Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 8.11.2002 unstreitig gestellt (S. 2, Bl. 716 GA). Den Kontostand seines Girokontos am Bewertungsstichtag hat der Beklagte unangegriffen belegt (Bl. 119 GA). Der anteilige Wert der in den neuen Bundesländern gelegenen Grundstücke ist nach den Ausführungen des Sachverständigen K. in seinen Gutachten vom 27.3.2002 unstreitig.
Das Anfangsvermögen des Beklagten i.S.d. § 1374 Abs. 1 BGB besteht aus dem bei Eheschließung unstreitig bereits vorhandenen Sparvermögen von 103.237 DM, dessen indexierter Wert (× 90,0: 73,8 =) 125.898,78 DM beträgt. Bei einer Differenz von 878.574,77 DM ergibt sich eine hälftige Ausgleichsforderung von maximal 439.287,39 DM; dies entspricht 224.604,07 EUR.
II. Auch insoweit steht der Klägerin jedoch kein Anspruch zu, weil ...