Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer auf § 580 Nr. 7b ZPO gestützten Restitutionsklage bedarf es nicht der Vorlage des Originals der Urkunde, wenn die Echtheit der Urkunde unstreitig ist, die Parteien über den Inhalt der Urkunde einig sind und das Gericht überzeugt ist, dass die Angaben beider Parteien auf Wahrheit beruhen. In diesem Fall genügt die Vorlage einer (beglaubigten) Kopie der Urkunde.

2. Ob eine Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO nachträglich aufgefunden wurde, ist rein objektiv zu bestimmen. Sofern der Restitutionskläger zum maßgeblichen Zeitpunkt Kenntnis von der Existenz der Urkunde hatte, ist unerheblich, welche subjektiven Vorstellungen er vom Inhalt und/oder von der Erheblichkeit bzw. der Bedeutung der Urkunde hatte.

3. § 580 Nr. 7b ZPO enthält in Bezug auf die erforderliche Kenntnis von der Existenz der Urkunde keine zeitliche Begrenzung. Eine Parallele zu Aufbewahrungspflichten gem. § 257 HGB ist weder in ihm verankert noch im Hinblick auf den Charakter einer Restitutionsklage geboten.

4. Es gehört nach § 582 ZPO zu den Sorgfaltspflichten des Restitutionsklägers, sich vom Inhalt einer Urkunde, deren Existenz bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess bzw. bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bekannt ist und die eine von ihm im Vorprozess von Anfang an streitig gestellte Tatsache betrifft, Kenntnis zu verschaffen, sofern die Einsichtnahme jederzeit ohne unzumutbaren Aufwand möglich ist/war. Dies gilt auch dann, wenn die Kenntnis von der Existenz der Urkunde mehrere Jahre vor Beginn des Vorprozesses erlangt wurde.

5. In Anbetracht der gem. § 7 Abs. 1 PatG, Art. 60 Abs. 3 EPÜ konstitutiven Wirkung des Erteilungsbeschlusses bedarf es im Hinblick auf die Aktivlegitimation des eingetragenen Patentinhabers nicht der Aufklärung behaupteter Übertragungsvorgänge vor Patenterteilung betreffend die Patentanmeldung.

6. Der Streitwert der Restitutionsklage entspricht dem Wert der Urteilsbeschwer, soweit diese nach dem Aufhebungsantrag beseitigt werden soll.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 4a O 373/06)

 

Tenor

I. Die Restitutionsklage wird abgewiesen.

II. Die Restitutionskläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist für die Restitutionsbeklagte wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Restitutionskläger dürfen die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Restitutionsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert wird auf 3.000.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Restitutionsbeklagte ist seit dem 10.08.2006 eingetragene Inhaberin des EP X XXX XXX (im Folgenden: Klagepatent), dessen zugrundeliegende PCT-Anmeldung am 23.03.1998 durch die X1 AG (im Folgenden: X1 AG) eingereicht wurde. Die Veröffentlichung der Anmeldung geschah am 12.01.2000. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 05.12.2001 zugunsten der zu diesem Zeitpunkt als Anmelderin eingetragenen X1 AG. Mit Urteil vom 27.02.2014 (Anlage RK 1) verurteilte der Senat im Berufungsverfahren I-15 U 1/14 (im Folgenden: Vorprozess) die Restitutionskläger wegen rechtwidriger Benutzung des Klagepatents zur Unterlassung und zur Rechnungslegung. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Restitutionsklägerin zu 1) verpflichtet ist, der Restitutionsbeklagten für die in der Zeit vom 12.02.2000 bis zum 05.01.2002 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Bezüglich aller Restitutionskläger wurde festgestellt, dass sie als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Restitutionsbeklagten allen Schaden zu ersetzen, welcher der X1 AG (in Liquidation) vom 06.01.2002 bis zum 31.05.2006 sowie der Restitutionsbeklagten seit dem 01.06.2006 entstanden ist bzw. noch entstehen wird. Die Aktivlegitimation der Restitutionsbeklagten stellte der Senat aufgrund der Eintragung der Restitutionsbeklagten als Klagepatentinhaberin im Patentregister und der zwischen der X1 AG und der Restitutionsbeklagten am 31.05.2006 geschlossenen Übertragungs- und Abtretungserklärung sowie der Erklärung des Liquidators der X1 AG vom 21.08.2007 (Anlage RK 2) fest. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des Senats vom 27.02.2014 (Anlage RK 1) Bezug genommen. Die gegen das Senatsurteil erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wies der BGH mit Beschluss vom 12.05.2015 zurück.

Die Restitutionskläger behaupten, der Restitutionsbeklagten fehle die Aktivlegitimation für die geltend gemachten und zugesprochenen Ansprüche im Vorprozess. Die Übertragungs- und Abtretungserklärung vom 31.05.2006 (Anlage RK 2) sei tatsächlich ins Leere gelaufen.

Die X1 AG habe bereits mit Wirkung zum 23.11.1998 die dem Klagepatent zugrundeliegende Anmeldung an die X3 AG, welche in der Folge als X2 AG firmierte (Anlage RK 4), veräußert und wirksam übertragen. Dies ergebe sich aus dem - als solchem unstreitigen - Sacheinlage-/Übernahmevertrag zwischen der X1 AG und der X3 AG (im Folgenden: Sacheinlage-/Über...

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