Leitsatz (amtlich)

1. Um Verzerrungen im Effizienzvergleich auszuschließen, sind nicht nur Erlöse aus der Auflösung von Baukostenzuschüssen, sondern auch solche aus der Auflösung von Netzanschlusskostenbeiträgen erlösmindernd als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 ARegV zu behandeln.

2. Die Übergangsregelung des § 6 Abs. 2 ARegV gibt der Regulierungsbehörde verbindlich vor, bei der Bestimmung der Erlösobergrenzen für die erste Anreizregulierungsperiode das Ergebnis der in der letzten Entgeltgenehmigung vorgenommenen Kostenprüfung als Ausgangsniveau heranzuziehen. Dieses ist auch angesichts der nachträglichen Erkenntnisse aus der Rechtsprechung des BGH nicht zu aktualisieren. Einer Gleichbehandlungszusage, die die Regulierungsbehörde im Rahmen der kostenorientierten Entgeltregulierung abgegeben hat, kann daher nur das Verständnis zukommen, dass die Regulierungsbehörde in zukünftigen Verfahren, in denen sie eine eigenständige Kostenprüfung vorzunehmen hat, der dann geklärten Rechtslage entsprechend verfahren werde.

3. Die Härtefallregelung des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV stellt eine Auffangregelung dar, die grundsätzlich dann eingreifen muss, wenn die übrigen vom Verordnungsgeber vorgesehenen Anpassungsmöglichkeiten nicht einschlägig oder ausreichend sind und die Beibehaltung der festgesetzten Erlösobergrenzen andernfalls zu einer unzumutbaren Härte führen würde. Dabei verbietet sich der Blick auf eine einzelne Kostenart und deren möglicherweise überproportionale Steigerung. Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung der Kosten- und Vermögenssituation.

4. Die Anpassung der individuellen Effizienzvorgabe und damit der festgesetzten Erlösobergrenze nach § 16 Abs. 2 ARegV ist eine gegenüber § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV vorrangige Härtefallregelung, die den Netzbetreiber entsprechend § 21a Abs. 5 Satz 4 ARegV vor einer generellen Überforderung schützen soll. Nur wenn und soweit die auch hier gebotene Gesamtkostenbetrachtung dazu führt, dass diese Möglichkeit der Anpassung der Erlösobergrenze nicht ausreichend ist, kommt - nachrangig - eine Anpassung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV in Betracht.

5. Mit der Implementierung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors in die Methodik der Anreizregulierung hat der Verordnungsgeber die ihm eingeräumte Verordnungsbefugnis nicht überschritten. Er korrigiert die im Verbraucherpreisindex abgebildete gesamtwirtschaftliche Produktivitätsentwicklung lediglich und gestaltet somit den Ausgleich der allgemeinen Geldentwertung sachgerecht aus. Die Einschätzung des Verordnungsgebers, inwieweit in Strom- oder Gasnetzen als monopolistisch strukturierten Wirtschaftsbereichen bei der Simulation von Wettbewerb durch Einführung einer Anreizregulierung höhere Produktivitätssteigerungen zu realisieren sind als in wettbewerblich organisierten Märkten, ist auch angesichts ihres prognostischen Charakters gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar.

6. Durch den Erweiterungsfaktor kann nur berücksichtigt werden, dass sich die Versorgungsaufgabe des Netzbetreibers während der Regulierungsperiode nachhaltig ändert. Veränderungen im Übergangszeitraum kann nur im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Anpassungs- und Korrekturmöglichkeiten Rechnung getragen werden.

 

Normenkette

EnWG § 21a; ARegV § 4 Abs. 4 S. 4 S. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 2, §§ 9-10, 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 13, § 14 Abs. 1 Nr. 3, § 16 Abs. 2, § 25

 

Verfahrensgang

Beschlusskammer 8 der Bundesnetzagentur

 

Tenor

Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der Beschlusskammer 8 der gegnerischen Bundesnetzagentur vom ... - BK 8 - wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der gegnerischen Bundesnetzagentur zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf ... EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beschwerdeführerin ist ein Energieversorgungsunternehmen mit Sitz in B.

Im September 2008 leitete die Bundesnetzagentur gegen sie von Amts wegen das Verfahren zur Bestimmung der Erlösobergrenzen nach § 4 Abs. 1 und 2 der ARegV i.V.m. § 21a Abs. 2 Satz 1 EnWG ein. Mit Blick darauf hatte die Betroffene bereits zuvor die Einbeziehung eines pauschalierten Investitionszuschlags und eines Erweiterungsfaktors für das Jahr 2009 beantragt. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens übermittelte sie erforderliche Daten und Informationen; des Weiteren hatte sie Gelegenheit, sich u.a. zu der beabsichtigten Entscheidung der Bundesnetzagentur zu äußern. Im Rahmen ihrer Stellungnahme vom ... hat sie u.a. um eine Bereinigung des für sie ermittelten Effizienzwerts wegen Besonderheiten ihrer Versorgungsaufgabe gebeten; der von der Bundesnetzagentur durchgeführte Effizienzvergleich hatte für sie unter Zugrundelegung der SFA-Methode mit standardisierten Kapitalwerten einen Effizienzwert von 85,2 % ergeben.

Durch die angegriffene Festlegung hat die Beschlusskammer 8 der Bundesnetzagentur die ...

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