Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufklärungspflichten beim Vertrieb US-amerikanischer Regulation-S-Aktien durch eine Anlagevermittlungsgesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein gewerblicher Vermittler US-amerikanischer Regulation-S-Aktien muss den Anleger grundsätzlich schriftlich über die spezifischen Risiken solcher Emissionen, insbesondere die Sperrfrist und die in dieser geltenden Handelsbeschränkungen, aufklären.

2. Wirtschaftliche Kenntnisse und Börsenerfahrung des Anlegers entbinden den Vermittler nicht von dieser Verpflichtung, wenn sie sich nicht auf die speziellen Risiken der konkreten Anlageform erstrecken.

3. Der für die ordnungsgemäße Aufklärung der Anleger verantwortliche Geschäftsführer einer Anlagevermittlungsgesellschaft haftet nach § 826 BGB persönlich, wenn er veranlasst, dass die gebotene Aufklärung nicht in der erforderlichen Schriftform erfolgt, und damit bewusst die Möglichkeit unvollständiger oder verharmlosender Risikohinweise eröffnet.

 

Normenkette

BGB § 826

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 7 O 62/99)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 7.9.2000 wird nicht angenommen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert 126.579,81 DM

 

Tatbestand

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.

Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu 1) zu Recht für verpflichtet erachtet, den insoweit unerfahrenen Kläger über die besonderen Risiken von Geschäften mit Regulation-S-Aktien schriftlich aufzuklären. Die Aufklärung muss sich insbesondere über die Sperrfrist von 40 Tagen für den inneramerikanischen Handel, die daraus resultierenden Risiken, den vom Emittenten gewährten Rabatt, etwaige Kick-back-Zahlungen an die Beklagte zu 1) sowie die Gefahr der Verwässerung des Buchwertes der Aktie und des Marktes durch Regulation-S-Aktien verhalten. Andernfalls ist ein uninformierter Anleger nicht in der Lage, das erhöhte Risiko von Geschäften mit Regulation-S-Aktien realistisch einzuschätzen.

Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Haftung des Beklagten zu 2) aus § 826 BGB sind nicht zu beanstanden. Der Beklagte zu 2) hat die Unerfahrenheit des Klägers mit Regulation-S-Aktien und die besonderen damit verbundenen Risiken in sittlich anstößiger Weise unter Inkaufnahme eines Schadens des Klägers ausgenutzt.

Oberlandesgericht Düsseldorf

Im Namen des Volkes

Urteil

6 U 186/99

7 O 62/99

LG Düsseldorf

Verkündet am 7.9.2000 M., Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

1. der S. GmbH i.L.,

2. des Herrn H.,

Beklagten und Berufungskläger,

gegen

Herrn T.,

Kläger und Berufungsbeklagten,

hat der 6. Zivilsenat des OLG Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 29.6.2000 durch den Vorsitzenden Richter am OLG K. und die Richter am OLG S. und M.

für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.8.1999 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Der Tenor des genannten Urteils wird gem. § 319 Abs. 1 ZPO dahin berichtigt, dass es im Zinsausspruch statt 17.9.1996 richtig 17.9.1997 heißt.

Die Kosten des zweiten Rechtszuges tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 170.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können auch durch Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Die Beklagte zu 1) vermittelte gewerbsmäßig den An- und Verkauf US-amerikanischer Wertpapiere. Der Kläger, ein seit 1970 selbstständig tätiger Versicherungsagent, nimmt sie und den Beklagten zu 2), ihren früheren alleinigen Geschäftsführer und heutigen Liquidator, wegen unterlassener oder unvollständiger Aufklärung über die Risiken von Aktiengeschäften auf Schadensersatz in Anspruch. Dem Rechtsstreit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Im März 1996 wandte sich die Beklagte zu 1) durch ihren Telefonverkäufer A. fernmündlich an den Kläger und empfahl ihm den Erwerb US-amerikanischer Technologieaktien. Aufgrund dieses Gesprächs erteilte der Kläger ihr am 20.3.1996 einen ersten Kaufauftrag über namhafte, an der New York Stock Exchange (NYSE) bzw. im elektronischen Kursnotierungssystem NASDAQ (National Association of Security Dealers Automated Quotation System) notierte Aktienwerte, der in der Folge indes nicht ausgeführt wurde. Gleichzeitig zahlte er per Verrechnungsscheck 34.500 DM auf ein bei der B. in F. geführtes Konto der von der Beklagten zu 1) als Broker beauftragten Investmentbank E., USA, bei der die Beklagte zu 1) ein Wertpapierkonto auf seinen Namen einrichtete. Mit Schreiben vom 21.3.1996 übersandte ihm die Beklagte zu 1) das Merkblatt „Wissenswertes über ein Investmentbankkonto für amerikanische Wertpapiere”, in der sie u.a. ihre besondere Spezialisierung und Kompetenz auf dem Gebiet des US...

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