Leitsatz (amtlich)

§ 109 Abs. 2 EnWG stellt in völkerrechtlich zulässiger Weise auf das so genannte Auswirkungsprinzip ab, da die Regulierung der im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland belegenen Energienetze durch Auslandsbeschränkungen in gleichem Ausmaß beeinträchtigt werden kann wie durch Beschränkungen, die im Inland veranlasst werden.

Nach § 109 Abs. 2 EnWG darf die Regulierungsbehörde Aufsichtsmaßnahmen gem. § 65 EnWG auch gegenüber einem Unternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union anordnen, sofern sich eine Verhaltensweise im Geltungsbereich des EnWG auswirkt, selbst wenn sie im Sitzstaat veranlasst wurde.

Der Abschluss eines Anstellungsvertrages zwischen einer Führungskraft und einem vertikal integrierten Unternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union unter Verstoß gegen das nachvertragliche Beschäftigungsverbot gem. § 10c Abs. 6 iVm. Abs. 5 EnWG wirkt sich nachteilig im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aus, da hierdurch sowohl der ordnungsgemäße Betrieb eines in der Bundesrepublik Deutschland belegenen Transportnetzes als auch das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Wirksamkeit der sektorspezifischen Regulierung der Energienetze beeinträchtigt wird.

Die nachvertraglichen Beschäftigungsverbote gem. § 10c Abs. 5 und 6 EnWG setzen weder den Nachweis einer tatsächlichen Diskriminierung noch einer konkreten Diskriminierungsgefahr voraus. Ein derartiger Nachweis kann auch nicht über § 109 Abs. 2 EnWG gefordert werden, da hierdurch das Telos der sektorspezifischen Entflechtung verfälscht würde.

Selbst wenn man den Anwendungsbereich des § 109 Abs. 2 EnWG völkerrechtlich durch ein sog. Einmischungsverbot begrenzen wollte, stünde dies der Zuständigkeit der Regulierungsbehörde zum Erlass von Aufsichtsmaßnahmen gem. § 65 EnWG bei Verstößen gegen § 10c Abs. 5 und 6 EnWG nicht entgegen, da die öffentlichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland an der wettbewerbsanalogen und gemeinwohlorientierten Regulierung der Energienetze die Interessen des Veranlasserstaates an der Einhaltung seiner Privatrechtsordnung regelmäßig überwiegen.

 

Normenkette

EnWG § 10c Abs. 5-6, §§ 65, 109 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Beschlusskammer 7 der Bundesnetzagentur (Beschluss vom 16.12.2015; Aktenzeichen BK7-15-049)

 

Tenor

Die Beschwerde der Betroffenen und des Beigeladenen zu 2) gegen den Beschluss der Beschlusskammer 7 der Bundesnetzagentur vom 16.12.2015 - BK7-15-049 - in der Fassung des Berichtigungsschreibens vom 19.2.2016 wird zurückgewiesen.

Die Betroffene und der Beigeladene zu 2) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur als Gesamtschuldner. Etwaige Auslagen der Beigeladenen zu 1) werden nicht erstattet.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 50.000,- EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die in... ansässige Betroffene und Beschwerdeführerin zu 1) ist ein 100%iges Tochterunternehmen der A. mit Sitz in... (vormals...). Die Betroffene ist ihrerseits Alleingesellschafterin der B. (...) mit Sitz in... Zusammen mit der B. und weiteren Tochterunternehmen bildet die Betroffene die C. mit Sitz in... (...), die in der Europäischen Union mittels verschiedener Unternehmen in den Bereichen Gewinnung, Vertrieb und Speicherung von Erdgas tätig ist. Nach den Feststellungen der Bundesnetzagentur ist die Betroffene in der Europäischen Union selbst im Energiebereich tätig.

Der C. hält über die B. indirekt... % der Gesellschaftsanteile an den in Deutschland tätigen Transportnetzbetreibern... (Beigeladene zu 1), D. und E. Die anderen... % der Gesellschaftsanteile werden von der F. gehalten, deren Gesellschaftsanteile wiederum vom G. gehalten werden. Zum Ablauf des 30.9.2015 vollzogen die A. und die H. einen Tausch von Unternehmensanteilen. Der G. hat seine Beteiligungen an den Erdgashandels- und Speichergesellschaften der heutigen I. im Gegenzug für eine Beteiligung an der Gasförderung an den C. abgegeben. Die Zusammenarbeit im "Erdgastransportgeschäft" über die oben benannten Transportnetzbetreiber der Beigeladenen zu 1), der D. und der E., im Rahmen der heutigen I. war nicht von der Transaktion umfasst, sondern wurde mit unveränderten Beteiligungsverhältnissen fortgesetzt (siehe die Entscheidung der Kommission nach Art. 6 Abs. 1 lit. b VO (EG)...). Zu diesem Zwecke wurden die Anteile der Transportnetzbetreiber der Beigeladenen zu 1), der D. und der E., in eine neue Holdinggesellschaft ausgegliedert, die O.. Die Anteile an der O. werden zu... % von einer weiteren Holdinggesellschaft gehalten, der P.. Zu... % werden die Anteile an der O. von der Q. gehalten, einer Holdinggesellschaft der I.. Der C. ist über die B. zu... % sowohl an der P. als auch an der Q. beteiligt. Der G. ist an diesen beiden Beteiligungsgesellschaften jeweils zu... % über die R. bzw. die S. beteiligt.

Die Bundesnetzagentur hat die Beigeladene zu 1) durch Beschluss vom 5.2.2013 (Az. BK7-12-031) unter verschiedenen Auflagen nach § 4a EnWG als Unabhängiger Transportnetzbet...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?