Leitsatz (amtlich)
1. Die Klausel
"Der Mieter wird Schönheitsreparaturen nach den Erfordernissen der Praxis vornehmen."
belastet den Mieter mit der Renovierungspflicht und stellt nicht lediglich den Vermieter von dieser Pflicht frei.
2. Ein nach dem Mietvertrag zulässiger, dem Vermieter aber vertragswidrig nicht angezeigter Einbau muss von dem Mieter nicht weggenommen werden, wenn ihm die Wegnahme vertraglich freigestellt ist (hier: Parkettboden in einer gemieteten Arztpraxis).
Normenkette
BGB §§ 280, 535, 546
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 07.10.2005; Aktenzeichen 2 O 424/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 7.10.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Duisburg teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 3.900 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2004 zu zahlen.
2. Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger zu 70 %, der Beklagte zu 30 %, die des zweiten Rechtszuges der Kläger zu 1/3, der Beklagte zu 2/3.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Das zulässige Rechtsmittel, mit welchem der Beklagte (Mieter) seine Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz wegen unterbliebener Schönheitsreparaturen (3.900 EUR nebst Zinsen) und unterbliebenen Rückbaus der Mietsache (1.113 EUR + 780 EUR = 1.893 EUR nebst Zinsen) nach beendetem Mietverhältnis (Arztpraxis) bekämpft, hat hinsichtlich der Position "Schönheitsreparaturen" keinen, hinsichtlich der Position "Rückbau" vollen Erfolg. Im Einzelnen gilt das Folgende:
1. Nicht zu beanstanden ist das angefochtene Urteil, soweit der Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. (netto) 3.900 EUR (nebst Zinsen) wegen unterbliebener Herstellung der Schönheitsreparaturen verurteilt worden ist. Dieser Anspruch ist gem. § 6 Halbs. 1 Mietvertrag i.V.m. §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet.
a) Rechtsirrtümlich ist die Auffassung des Beklagten, die in Rede stehende Vertragsklausel ("Der Mieter wird Schönheitsreparaturen nach den Erfordernissen der Praxis vornehmen") begründe keine vertragliche Verpflichtung des Mieters, erforderlich werdende Schönheitsreparaturen (abweichend vom Gesetz) durchzuführen. Vielmehr enthalte die Vertragsklausel nur eine Freizeichnung des Klägers (Vermieter) von der diesen ansonsten treffenden gesetzlichen Pflicht (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), während der Mietzeit die Dekoration der Mietsache im vertragsgemäßen Zustand zu erhalten.
aa) Die (zulässige) Formularklausel ist gem. §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie die beteiligten Verkehrskreise sie unter Beachtung von Treu und Glauben im Rechtsverkehr und der Verkehrssitte bei unvoreingenommer Betrachtung verstehen dürfen (vg. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 133 Rz. 26, § 305c Rz. 16, jeweils m.w.N.). Unter Anlegung dieses Maßstabs kann kein vernünftiger Zweifel darüber herrschen, dass es sich nicht bloß um eine den Vermieter entlastende Freizeichnungsklausel, sondern um eine den Mieter belastende Renovierungsklausel handelt. Die Überwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter verfolgt allerdings einerseits den Zweck, den Vermieter von der nach dem Gesetz (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) ihm obliegenden Erhaltungspflicht freizustellen und ihn insoweit von diesen finanziellen Verpflichtungen zu entlasten. Der Vermieter verfolgt damit aber andererseits in erkennbarer und inzwischen verkehrsüblicher Weise (seit BGH v. 30.10.1984 - VIII ARZ 1/84, BGHZ 92, 363 = MDR 1985, 400 = NJW 1985, 480 st. Rspr., z.B.; v. 28.4.2004 - VIII ZR 230/03, NJW 2004, 2087) auch das Erhaltungsinteresse, also das Interesse, dass die Mietsache nicht an Wert verliert, den sie durch den altersbedingten Verschleiß und die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführten Abnutzungen erleidet. Dieses Interesse kann nur dann gewahrt werden, wenn die erforderlichen Schönheitsreparaturen auch durchgeführt werden.
bb) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des Beklagten, der Kläger habe mit der Formulierung, die Schönheitsreparaturen seien "nach den Erfordernissen der Praxis" [gemeint ist evident "Arztpraxis"] durchzuführen, zu erkennen gegeben, dass er kein Erhaltungsinteresse verfolgt habe. Denn diese Formulierung stellt es nicht in das (subjektive) Belieben des Beklagten, die Schönheitsreparaturen durchzuführen oder zu unterlassen. Sie spricht vielmehr nur die Fälligkeit der Schönheitsreparaturen an, ohne die sonst in Formularklauseln vielfach zur Orientierung genannten Renovierungsfristen zu nennen (vgl. BGH v. 9.3.2005 - VIII ZR 17/04, MDR 2005, 679 = BGHReport 2005, 767 = NJW 2005, 1426). Damit ist nicht mehr und nicht weniger als das zum Ausdruck gebracht, von dem auch das Gesetz in § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeht: Fällig sind die Schönheitsreparaturen immer dann, wenn sich die Mietsache in einem so abgenutzten Zustand befindet, dass es aus der Sicht eines objektiven B...