Leitsatz (amtlich)

›Zur Frage des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluß im Falle des Nichtzustandekommens des angestrebten Mietvertrages‹

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Dagegen ist die zulässige Anschlußberufung des Beklagten begründet und führt zur vollständigen Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage, weil eine zu seinen Lasten bestehende Schadensersatzverpflichtung unter dem allein denkbaren Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluß bereits dem Grunde nach nicht besteht.

Grundsätzlich sind die mit dem Ziel eines Vertragsschlusses verhandelnden Parteien wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit (vgI. Art 2 Abs. 1 GG, § 305 BGB) bis zu dessen Zustandekommen in ihrem Entscheidungsspielraum in keiner Weise eingeschränkt. Dies gilt selbst dann, wenn einer der Beteiligten in Erwartung des angestrebten Vertragsschlusses bereits Aufwendungen gemacht hat, die sich im Falle des Scheiterns der Verhandlungen als nutzlos erweisen (vgl. z.B. BGH, NJW-RR 1989, 627 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Eine Ersatzpflicht besteht aufgrund der beiderseitigen Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme allerdings dann, wenn eine der Parteien die Verhandlungen ohne triftigen Grund abbricht, nachdem sie in zurechenbarer Weise bei dem anderen Teil Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertages geweckt hat, wenn also nach dessen Vorstellungen die Annahme gerechtfertigt war, es werde mit Sicherheit zum Abschluß kommen (so z.B. BGH, NJW 1970, 1840, 1841 und 1975, 44, 45 sowie aaO.; vgl. auch Palandt/Heinrichs, 58. Aufl., § 276 BGB, Rdn. 74 mit weiteren Nachweisen).

Eine Haftung des Beklagten ist dagegen zu verneinen, wenn die Klägerin mangels konkreter Einigung über den wesentlichen Inhalt der beabsichtigten vertraglichen Regelung auch noch mit einem Scheitern der Verhandlungen rechnen mußte, so daß die von ihr gleichwohl getätigten Aufwendungen ihrem eigenen Risikobereich zuzuordnen waren (vgl. etwa OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 988 sowie BGH, WM 1976, 923 für den fall der noch ausstehenden Klärung der Bebaubarkeit eines zum Verkauf stehenden Grundstücks und der Genehmigungsfähigkeit der Bauplanung des Kaufinteressenten). Diese letztgenannte Möglichkeit ist indes von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme nicht ausgeräumt worden.

Der Lebensgefährte der Klägerin, der Zeuge D., hat bei seiner Vernehmung durch den Senat angegeben, bei einer ersten im Januar 1997 in seiner Gegenwart erfolgten Begegnung der Klägerin mit dem zufällig anwesenden Beklagten in den in Aussicht genommenen Mieträumen, die seinerzeit noch von der Zeugin W. genutzt wurden, seien keinerlei Details der von der Klägerin in Erwägung gezogenen Anmietung erörtert worden. Schon unter diesem Gesichtspunkt kann somit nicht festgestellt werden, daß es bereits zu diesem Zeitpunkt zu Absprachen der Parteien gekommen wäre, die über die beiderseitige Bekundung des Interesses am Abschluß eines Mietvertrages hinausgegangen wären, nachdem der Zeuge W. in seiner Eigenschaft als Verwalter des Objekts dieses; wie er bekundet hat, der Klägerin nachgewiesen hatte.

Über das Stadium unverbindlicher Vorverhandlungen, die nicht geeignet waren, eine auch nur annähern sichere Erwartung des Vertragsschlusses zu begründen, sind die Parteien auch nicht dadurch hinausgelangt, daß der Beklagte am 16.01.1997 auf Wunsch der Klägerin eine Vollmacht unterzeichnete, die dieser nachfolgend ausgehändigt wurde und den Zeugen D. in die Lage versetzte, beim zuständigen Bauamt Einsicht in die Hausakte zu nehmen, von der dieser dann auch Gebrauch machte. Diese Einsichtnahme diente ersichtlich dem Zweck, die Möglichkeiten des geplanten Umbaus der Mieträume in ein Eiscafé zu erkunden und erfolgte demnach innerhalb der Vorbereitungsphase, während der eigentliche Vertragsschluß auch weiterhin noch offen war.

Eine Änderung im Sinne einer vorvertraglichen Bindungswirkung zu Lasten des Beklagten trat auch nicht dadurch ein, daß der Zeuge D. in der Folgezeit Freihandskizzen fertigte, die die Klägerin sodann dem Beklagten vorlegte und gegen deren Ausgestaltung dieser keine Einwendungen erhob. Diese Maßnahme diente ersichtlich ebenfalls der Klärung der Voraussetzungen des ins Auge gefaßten Vertragsschlusses, rechtfertigte jedoch nicht auch nur andeutungsweise die Annahme, mit dessen Zustandekommen sei nunmehr mit Sicherheit zu rechnen.

Eine zur Schadensersatzverpflichtung führende vorvertragliche Bindung des Beklagen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes der Klägerin hinsichtlich des Zustandekommens des von ihr gewünschten Mietvertrages trat auch nicht dadurch ein, daß der Zeuge W. der Klägerin mit Schreiben vom 27.01.1997 mitteilte, der Mietvertragsentwurf werde unterzeichnet, sobald alle erforderlichen behördlichen Genehmigungen erteilt seien. Diese Erklärung, die nach d...

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