Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 2 Nr. 3 UStG.
2. Die steuerfreie Vermietung gem. § 4 Nr. 12a UStG erfasst nicht nur den Nettomietzins, sondern als Nebenleistungen auch die hierauf zu zahlenden Nebenkostenvorauszahlungen und Verwaltungskosten sowie die von dem Mieter angemieteten Tiefgaragen- und Außenstellplätze.
3. Zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung, wenn der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mieter vertraglich zur Zahlung der Mehrwertsteuer verpflichtet ist, der Vermieter jedoch nicht wirksam zur Mehrwertsteuer optieren konnte.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; UStG § 4 Nr. 12a, § 9 Abs. 1, §§ 14-15, 18 Abs. 1, § 27 Abs. 2 Nr. 3; Umsatzsteuerrichtlinien Nr. 148a (5)
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 06.07.2001; Aktenzeichen 15 O 111/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.7.2001 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Düsseldorf abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger wird verurteilt, an die P. GbR 15.735,17 EUR (= 30.775,32 DM) nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 9.5.2001 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10 % über dem zu vollstreckenden Betrag abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vorab in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rückzahlung bzw. Zahlung von neben dem Nettomietzins zu leistender Umsatzsteuer. Wegen des Vorbringens der Parteien bis zur mündlichen Verhandlung vom 31.10.2002 wird auf den Tatbestand des Senatsurteils vom 21.11.2002 (OLG Düsseldorf; Urt. v. 21.11.2002 - I-10 U 146/01, GA 176 R-177 R) verwiesen. Nach Aufhebung und Zurückverweisung des vorgenannten Urteils durch Urteil des BGH v. 28.7.2004 - XII ZR 292/02, MDR 2004, 1406 = BGHReport 2005, 8 hat der Senat mit Beschl. v. 29.3.2005 (GA 201) den Hinweis erteilt, dass den Beklagten ein Optionsrecht nach § 9 Abs. 1 UStG nicht zugestanden habe, weil die Voraussetzungen des § 27 Abs. 2 Nr. 3 UStG nicht vorgelegen hätten. Die Beklagten haben daraufhin ergänzend vorgetragen und u.a. unter Vorlage der seinerzeitigen Besprechungsnotizen ihr Vorbringen vertieft, die Zahlung der Umsatzsteuer auf den Nettomietzins und die Nebenkostenvorauszahlung sei Gegenstand der Vertragsverhandlungen gewesen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 25.4.2005 (GA 208 ff.) Bezug genommen.
Der Senat hat über den Inhalt der Gespräche, die zwischen den Parteien anlässlich der Verhandlungen über den Abschluss des Mietvertrages hinsichtlich der streitgegenständlichen Praxisräume geführt worden sind, Beweis erhoben durch Vernehmung der weiteren Gesellschafter der radiologischen Praxisgemeinschaft (im weiteren: R.-GbR), der Zeugen Dres. G.-H. und W. Nach eingehender Erörterung des Beweisergebnisses hat der Beklagtenvertreter auf die Vernehmung der von ihm benannten Zeugen verzichtet. Die Parteivertreter haben sodann mit den im Senatsurteil vom 21.11.2002 dargestellten Anträgen zur Sache und zum Ergebnis der Beweisaufnahme verhandelt. Mit Schriftsatz vom 24.11.2005 hat der Kläger zu dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung bezogen und u.a. für seine bereits in der Klageschrift aufgestellte Behauptung, der "Fehler" sei erstmals im Juli 2000 durch den damaligen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater des Klägers Herrn Dipl.-Kfm. T. K. entdeckt worden, Beweis durch dessen Vernehmung angetreten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Senat hält aufgrund des Ergebnis der Beweisaufnahme vom 27.10.2005 an seiner Auffassung fest, dass die Klage auf Rückzahlung geleisteter Umsatzsteuer i.H.v. 47.730,03 EUR (= 93.351,83 DM) nicht begründet ist, während der Kläger als Gesellschafter der R.-GbR für die von dieser i.H.v. weiteren 15.735,17 EUR (= 30.775,32 DM) geschuldete und im Wege der Widerklage geltend gemachte Umsatzsteuer gem. § 535 S. 2 BGB a.F., § 128 HGB einzustehen hat (BGH v. 29.1.2001 - II ZR 331/00, MDR 2001, 459 = BGHReport 2001, 237 m. Anm. Sprau = AG 2001, 307 = NJW 2001, 1056 = WuM 2001, 134).
I.1. Der Kläger kann die von der R.-GbR mit der Miete gezahlte Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 47.730,03 EUR (= 93.351,83 DM) nicht gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB von den Beklagten zurückverlangen. Die Zahlungen sind nicht ohne Rechtsgrund erfolgt.
(a) Zwar ist Rechtsgrund für die geleistete Umsatzsteuer nicht die in § 6 Ziff. 10 des schriftlichen Mietvertrages getroffene Regelung, weil der mit dieser Vereinbarung bezweckte Erfolg angesichts der Steuerfreiheit der Ausgangsumsätze der R.-GbR nach § 4 Nr. 14 UStG und mangels wirksamer Option der Vermieterin nach § 9 Abs. 1 UStG zur Steuerpflicht nicht eintreten konnte. Gemäß § 4 Nr. 12a) UStG sind Mietverträge über Grundstücke grundsätzlich von der Umsatzsteuerpflicht befreit mit der Folge, dass der Vermieter nicht berec...