Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Rückgabe der Gewährleistungsbürgschaft; nachträgliche Vereinbarung eines bestimmten Zeitpunktes des Verjährungsablaufs; Anwendung der Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens auf übersandtes Abnahmeprotokoll
Leitsatz (amtlich)
- Klagt der Auftragnehmer auf Herausgabe der von ihm gestellten (Gewährleistungs-) Bürgschaftsurkunde ist die Klage auf Herausgabe der Urkunde an die Bürgin, nicht an den klagenden Auftragnehmer zu richten (Anschluss an BGH, Urteil vom 09.07.2015, VII ZR 5/15, NZBau 2015, 549 Rn 18.
- Vereinbaren die Bauvertragsparteien, dass für die Dauer der Gewährleistungszeit der Auftraggeber berechtigt ist, 5 % der vertraglich vereinbarten Vergütung zur Sicherung etwaiger Gewährleistungsansprüche einzubehalten und wird darüber hinaus dem Auftragnehmer eine Ablösungsmöglichkeit durch Stellung einer unbefristeten selbstschuldnerischen Gewährleistungsbürgschaft eingeräumt, liegt hierin nicht eine von den Regelungen des § 17 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2002) abweichende Rückgabeverpflichtung des Auftraggebers.
- Eine als Sicherheit für Mängelansprüche erhaltene Bürgschaft ist regelmäßig nach Wegfall des Sicherungszweckes, d.h. nach Ablauf der Verjährungsfrist bzw. eingetretener Verjährung etwaiger Mängelansprüche zurückzugeben.
- Legen die Vertragsparteien anlässlich der Durchführung der Abnahme gemeinsam ausdrücklich fest, dass das Abnahmedatum den Beginn der Gewährleistung markiert und geben sie darüber hinaus ein festes Datum für das Ende der Gewährleistung an, stellt sich dies als rechtsgeschäftliche Abänderungsvereinbarung im Hinblick auf frühere vertragliche Regelungen dar, an der sich die Vertragsparteien festhalten müssen.
- Die Bauvertragspartei, die zu einem Abnahmetermin einen Vertreter ohne Vertretungsmacht entsendet, muss sich dessen Erklärungen nach den zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben entwickelten Grundsätzen zurechnen lassen, wenn sie den im Abnahmeprotokoll enthaltenen und unterschriebenen Erklärungen des Vertreters nicht unverzüglich nach Zugang des Protokolls widerspricht (Anschluss an BGH, Urteil vom 27.01.2011, VII ZR 186/09, NJW 2011, 1965).
Normenkette
BGB §§ 164, 242, 765; VOB/B (2002) § 17 Nr. 8 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 13.08.2015; Aktenzeichen 4 O 390/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.08.2015 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Duisburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin die Gewährleistungsbürgschaftsurkunde der Z V AG (Deutschland), Kaution-und Kreditversicherung, S. straße, F., Nr... vom 28.11.2005 über nominal 142.500 EUR herauszugeben.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldner auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, soweit nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in selber Höhe geleistet hat.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A) Die Klägerin begehrt aus abgeleitetem Recht Herausgabe einer den Beklagten ausgereichten Gewährleistungsbürgschaft der Z V AG vom 28.11.2005; dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde.
Die Beklagten schlossen am 21.6.2005 mit der F. C. T. mbH (nachfolgend Firma T.) einen Werkvertrag (Generalunternehmervertrag) über die Sanierung und den Umbau des E.-Marktes Z.. straße in D. In diesem Vertrag heißt es auszugsweise:
§ 1: Vertragsgegenstand:
1.) Der AN saniert für den AG in den nachfolgenden Vertragsanlagen näher beschriebene bauliche Anlage:
- Anl. 1 Angebot vom 6.6.2005
- Anl. 2 ergänzende Baubeschreibung
- Anl. 3 Bau- und Leistungsbeschreibung E. Version 13.6.2005
- Anl. 4 Vergabeprotokoll vom 6.6.2005
(...) § 2: Vertragsbestandteile
Bestandteile des Vertrages sind in der nachfolgenden Reihenfolge:
1) die in § 1 Ziffer 1 erwähnten Anlagen;
2.) Die Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B (in der jetzt geltenden Fassung) und Teil C (z.Z. gültige DIN-Normen), soweit dieser Vertrag nichts Abweichendes besT. t.
(...) § 9: Gewährleistung
die Gewährleistungspflicht des AN richtet sich nach den BesT. ungen der VOB, Teil B, die Gewährleistungsfristen werden 5 Jahren für Bauleistungen und mit 1 Jahr für Anstricharbeiten, feuerberührte und drehende Teile vereinbart. Für Planungsleistungen gelten die BesT. ungen des BGB's.
(...) In dem unter § 1 des Vertrages angeführten Vergabeprotokoll vom 6.6.2005 heißt es unter
4.5 Sicherheiten
(...) 5 % der netto Schlussrechnungssumme als Sicherheit für 60 Monate ab Abnahme
5 % aus (handschriftlich nunmehr) offen wird nachgereicht Eur für Dach-(...) vom 61..-120. Monat ab Abnahme
sowie unter
5. Rechte des Bestellers bei Mängeln im Stadium nach Abnahme:
5.1 Verjährung der Mängelansprüche Bauwerke: 5 Jahre
drehende Teile: 2 Jahre
Dach-Abdichtung: 10 Jahre
5.2 Beginn der Verjährungsfrist: Nach Abnahme
(...:) Ob zu den von der Fa. T.. ents...