Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 05.07.2010)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 5. Juli 2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls vom 10.09.2008. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit.

Der Fahrzeugschaden des Klägers stellt sich wie folgt dar:

Reparaturkosten 16.712,71 € brutto Wiederbeschaffungswert 13.006,76 € (differenzbesteuert)

(130 % des Wiederbeschaffungswertes = 16.908,78 €)

Restwert 5.800,00 € brutto (Mehrwertsteueranteil 19 %).

Der Kläger hat das Fahrzeug vollständig und fachgerecht reparieren lassen und zwar zu einem Preis von 16.865,31 € brutto. Die Beklagte hat lediglich auf Wiederbeschaffungsaufwandbasis reguliert, weil der Kläger bereits im Dezember 2008 ein Ersatzfahrzeug erworben und seinen Pkw Mercedes Herrn XXX überlassen hat, der die laufenden Kosten für dieses Fahrzeug übernommen hat und auf den das Fahrzeug auch zugelassen wurde. Streitiger Sachvortrag des Klägers ist, dass der Kläger ab dem 09.12.2009 (also nach einem Jahr) das Fahrzeug wieder in Besitz genommen hat und seitdem weiter genutzt hat.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, soweit der Kläger Reparaturkostenersatz verlangt. Es hat dies damit begründet, dass der Kläger das Fahrzeug nicht hinreichend lange, nämlich 6 Monate lang, weiter genutzt habe. Es sei unerheblich, ob dem Kläger die Nutzungsberechtigung an dem Fahrzeug zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurück übertragen worden sei, denn in diesem Fall sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger das Fahrzeug nur repariert habe, um dieses selbst wieder nutzen zu können.

Hiergegen richtet sich die zulässige Berufung des Klägers, mit welcher er restlichen Schadensersatz (Reparaturkostenbasis) ersetzt verlangt. Er behauptet, dass er das reparierte Fahrzeug, nachdem er es zunächst 2 Monate weiter genutzt habe, im Dezember 2008 seinem Freund XXX leihweise zur Verfügung gestellt und ihm dieser das Fahrzeug am 09.12.09 zurückgegeben habe. Seine Eigentümerstellung habe er nicht verloren. Er habe daher auch sein Nutzungsrecht nicht aufgeben wollen, welches er zwischenzeitlich nun über 9 Monate auch ausgeübt habe. Insofern sei es gerechtfertigt, Reparaturkostenersatz auch im Rahmen der sogenannten 130 %-Rechtsprechung zu verlangen. Hilfsweise verlangt er Ersatz auf Basis des ungekürzten Wiederbeschaffungswertes.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage auf Reparaturkostenersatz zu Recht abgewiesen; auch steht dem Kläger kein Ersatzanspruch in Höhe des ungekürzten Wiederbeschaffungswertes zu.

Im Einzelnen ist hierzu noch folgendes auszuführen:

1.

Dem Eigentümer eines Kfz wird im Rahmen der sogenannten 130 %-Grenze grundsätzlich zugebilligt, auf Kosten des Schädigers eine eigentlich unwirtschaftliche Reparatur durchzuführen. Maßgebend hierfür ist die Überlegung, dass ihm sein Fahrzeug in besonderer Weise vertraut ist, er insbesondere weiß, wie dieses ein- und weitergefahren, gewartet und sonst behandelt worden ist, ob und welche Mängel dabei aufgetreten und auf welche Weise sie behoben worden sind. Damit ist ihm mit einer Ersatzbeschaffung auf dem Gebrauchtwagenmarkt, auf die er ansonsten verwiesen wäre, nicht in gleicher Weise gedient. Ob die - die unwirtschaftliche Reparatur - rechtfertigende Interessenlage besteht, kommt regelmäßig dadurch zum Ausdruck, dass der Geschädigte das Fahrzeug noch längere Zeit weiter nutzt. Dabei wird ein Zeitraum von 6 Monaten regelmäßig als ausreichend, aber auch als erforderlich angesehen (BGH NJW 2006, 2179; VersR 2008, 134; VersR 2008, 135).

Dieser Nachweis des Integritätsinteresses ist auch bei - wie hier vorliegender - konkreter Abrechnung auf Rechnungsbasis in den sogenannten 130 %-Fällen durch den Geschädigten erforderlich. Auch hier trifft der aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot folgende Grundsatz zu, dass allein ein Integritätsinteresse am Behalten des vertrauten Fahrzeugs die Erstattung des höheren Reparaturaufwandes rechtfertigt, wenn bei der Reparatur der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs überschritten wird. Ist dies nicht - etwa durch eine Weiternutzung von sechs Monaten - nachgewiesen, kann der Geschädigte mithin im Regelfall nur den Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt verlangen (BGH NJW 2008, 2183, Senat, Beschluss vom 3. März 2008 - I-1 W 6/08 -, juris Rn. 21 f.; Heß/Burmann, NJW - Spezial 2007, 207 f. und 2008, 170 f.; Eggert/Ernst, Verkehrsrecht aktuell 2010, 128) Er muss also auch hier neben der durchgeführten vollständigen und fachgerechten Reparatur nach Maßgabe des Sachverständigengutachtens das Fahrzeug regelmäßig 6 Monate weiter nutzen.

Dabei muss die Weiternutzung nicht in jedem Fall durch den Geschädigten selbst erfolgen. Hat der Geschädigte etwa das Fahrzeug bereits vor dem Unfall regelmäßig Dritten (z.B. Familienangehörigen) überlassen,...

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