Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung aus einem Patent oder Gebrauchsmuster. Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung wegen Verletzung eines Gebrauchsmusters für eine Tintenpatrone zur Verwendung in einem Tintendrucker, da der Rechtsbestand des Verfügungsgebrauchsmusters nicht mit ausreichender Sicherheit positiv prognostiziert werden kann
Leitsatz (redaktionell)
Der Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung aus einem Patent oder Gebrauchsmuster kommt nur in Betracht, wenn sowohl der Bestand des Antragschutzrechtes als auch die Frage der Schutzrechtsverletzung dem Ergebnis so eindeutig zu Gunsten des Verfügungsklägers zu beantworten sind, dass eine fehlerhafte, in einem etwa nachfolgenden Hauptsacheverfahren zu revidierende Entscheidung nicht ernstlich zu erwarten ist. Zweifel an der Schutzfähigkeit des Verfügungsschutzrechtes können das Vorliegen eines Verfügungsgrundes ausschließen.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 22.09.2009) |
Tenor
I.
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das am 22. September 2009 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
II.
Die Verfügungsklägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe
Die Berufung der Verfügungsklägerin ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht und mit im wesentlichen zutreffender Begründung hat das Landgericht im angefochtenen Urteil, auf dessen Ausführungen zunächst Bezug genommen wird, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Dem Verfügungsantrag, für den das Landgericht das Rechtsschutzbedürfnis im angefochtenen Urteil allerdings aus zutreffenden Gründen anerkannt hat, kann in der Sache schon deshalb nicht entsprochen werden, weil der Rechtsbestand der Verfügungsgebrauchsmuster nach derzeitigem Sach- und Streitstand zu unsicher ist und es deshalb an einem Verfügungsgrund fehlt.
I.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (InstGE 9, 140 - Olanzapin; zuletzt Urt. vom 29. April 2010, I-2 O 126/09 - Harnkatheter, Umdruck S. 8 ff.), dass der Erlass einer einstweiligen Verfügung aus einem Patent oder Gebrauchsmuster, insbesondere wenn er auf Unterlassung gerichtet ist, nur in Betracht kommt, wenn sowohl der Bestand des Antragsschutzrechtes als auch die Frage der Schutzrechtsverletzung im Ergebnis so eindeutig zugunsten des Verfügungsklägers zu beantworten sind, dass eine fehlerhafte, in einem etwa nachfolgenden Hauptsacheverfahren zu revidierende Entscheidung nicht ernstlich zu erwarten ist. (ebenso OLG Karlsruhe, InstGE 11, 143 - VA-LVG-Fernseher). Zweifel an der Schutzfähigkeit des Verfügungsschutzrechtes können das Vorliegen eines Verfügungsgrundes ausschließen. Die Rechtsbeständigkeit muss das Verletzungsgericht in eigener Verantwortung einschätzen (Senat, InstGE 9, 140, 146 - Olanzapin). Es hat selbständig zu klären, ob der Sachvortrag des Verfügungsbeklagten ernstzunehmende Anhaltspunkte dafür bietet, dass das Antragsschutzrecht ggfs. keinen Bestand haben wird. Seine Schutzunfähigkeit muss als Folge der Einwendungen des Verfügungsbeklagten aus Sicht des Verletzungsgerichts weder zwingend noch überwiegend wahrscheinlich, aber aufgrund einer in sich schlüssigen, vertretbaren und letztlich nicht von der Hand zu weisenden Argumentation des Verfügungsbeklagten möglich sein, um einem Verfügungsantrag den Erfolg versagen zu können. Grundsätzlich kann auch bei einem Patent von einem hinreichenden Rechtsbestand nur dann ausgegangen werden, wenn das Verfügungsschutzrecht bereits ein erstinstanzliches Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat (Senat, a.a.O. - Olanzapin). Erst recht gilt das für ein Gebrauchsmuster, das vor seinem Entstehen im Gegensatz zu einem Patent nicht in einem behördlichen Erteilungsverfahren auf seine Schutzfähigkeit überprüft worden ist, sondern auf der Grundlage der vom Anmelder erstellten Unterlagen eingetragen wird. Um ein Gebrauchsmuster für ein einstweiliges Verfügungsverfahren tauglich zu machen, bedarf es einer positiven Entscheidung der dafür zuständigen mit technischer Sachkunde ausgestatteten Instanzen im Löschungsverfahren. Von dem Erfordernis einer dem Verfügungskläger günstigen kontradiktorischen Rechtsbestandentscheidung kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden (vgl. hierzu Senat, a.a.O. - Harnkatheter, Umdruck S. 11 und 12).
II.
Vor diesem Hintergrund kommt der Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung im Streitfall nicht in Betracht, da der Rechtsbestand der Verfügungsgebrauchsmuster nicht mit ausreichender Sicherheit positiv prognostiziert werden kann.
1.
Die Schutzfähigkeit der Verfügungsgebrauchsmuster wird von der Verfügungsbeklagten mit guten Gründen substantiiert bezweifelt. Gestützt hierauf hat sie unter dem 23. Juni 2009 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) beantragt, beide Gebrauchsmuster zu löschen. Die Einwendungen der Verfügungsbeklagten gegen den Rechtsbestand der Antragsschutzrechte stellen sich nicht als haltlos dar. Dass die ...