Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, unter welchen Umständen der mit einem konkreten Mandanten abgeschlossene RA-Beratungsvertrag Schutzwirkungen zugunsten Dritter und damit bei Falschberatung eine Schadensersatzpflicht auch gegenüber der außerhalb des Mandatsverhältnisses stehenden Person auslösen kann
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 16.07.2013; Aktenzeichen 4c O 8/13 4c O 8/13) |
Tenor
A. Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels - das am 16.7.2013 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer des LG Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.210,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 6.9.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
B. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 87 Prozent und dem Beklagten zu 13 Prozent auferlegt.
C. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 Prozent des für die jeweils andere Partei aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
D. Die Revision wird nicht zugelassen.
E. Der Streitwert des Rechtsstreits und des Berufungsverfahrens wird bis zum 14.5.2014 auf 95.811,02 EUR, danach auf 91.620,02 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit ihrer Klage macht die Klägerin, die zur gleichen Unternehmensgruppe wie die B, die C und die D gehört, Schadensersatzansprüche wegen einer anwaltlichen Falschberatung geltend.
Am 12.5.2009 führte Herr André G, der damalige Geschäftsführer der C, mit dem Beklagten ein Telefonat, in dessen Verlauf er dem Beklagten ein rechtsanwaltliches Mandat im Hinblick auf die Prüfung, ob der Import von Fahrradkörben aus der Volksrepublik China nach Deutschland und der anschließende Vertrieb bestimmte Schutzrechte verletzt, erteilte. Der genaue Inhalt des Telefonats ist zwischen den Parteien ebenso umstritten wie der Umfang der Mandatserteilung.
Daraufhin übersandte der Beklagte am 15.5.2009 ein an die "C" adressiertes Schreiben (Anlage B 1), in dem es u.a. heißt:
"Schutzrechte der E für Produkte mit der Kennzeichnung 'H'
Sehr geehrter Herr G,
wir kommen zurück auf Ihren Anruf vom 12.5.2009. Sie hatten darin angesprochen, dass es in Ihrem Hause Interesse gäbe, eine gleich wirkende, jedoch abweichend konstruierte Befestigung für Fahrradkörbe und dergleichen herzustellen. Hierzu gibt es bereits Konstruktionszeichnungen Ihrerseits. In dem Zusammenhang hatten Sie darauf hingewiesen, dass ähnliche Produkte unter der Kennzeichnung "H" bereits im Markt seien. Wir haben diese Homepage unter der Domain "www.H.de" in Augenschein genommen. Danach ist das Unternehmen E der Anbieter der so bezeichneten Produkte. Bei einer ersten Recherche nach Patenten und Gebrauchsmustern beim Deutschen Patent- und Markenamt, die auf die Firma E angemeldet sind, sind wir auf insgesamt 96 Schutzrechte gestoßen. [...]
Wir fügen daher die ausgedruckte Liste des Deutschen Patent- und Markenamtes für Sie bei. Wir würden Sie bitten, diese durchzusehen und uns dann die Schutzrechte aufzugeben, die nach Ihrer Einschätzung den technischen Bereich tatsächlich berühren, den Sie ebenfalls mit der schnellen Verbindung der Fahrradkörbe abdecken wollen. [...] Eine abschließende Beurteilung, ob die auf Ihr Haus zurückgehende Konstruktion Schutzrechte der E verletzt, kann dann im Anschluss erfolgen. [...]."
In der Folge übersandte der Beklagte ein weiteres, ebenfalls an die C adressiertes Schreiben vom 24.7.2009, hinsichtlich dessen vollständigen Inhalts zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Anlage K 2 Bezug genommen wird. In diesem Schreiben, dessen Betreff "Schutzrechte auf fahrradlenkergestützte Halterung für Metallbügeltaschen; entgegenstehende Schutzrechte von E" lautet, heißt es u.a.:
"Sehr geehrter Herr G,
entsprechend Ihrem Wunsch haben wir auf der Grundlage des von Ihnen freundlicherweise übersandten Produktes Ihres Hauses, welches Sie uns von Ihrem chinesischen Lieferanten übersandten, dieses anhand der Auflistung der Schutzrechte, welche wir Ihnen unter dem 15.5.2009 zur Verfügung gestellt hatten, auf entgegenstehende Schutzrechte überprüft.
Sie hatten bei dem letzten Telefonat darauf hingewiesen, dass es bereits im Markt Gerüchte gäbe, dass das dem System "Klick fix" zugrunde liegende Patent in nahe liegender Zukunft ausliefe. Diese Vermutung scheint zutreffend zu sein. Bezogen auf die für fahrradlenkergestützte Halterung für einen Korb mit Aluminiumprofil findet Schutz über das Europäische Patent 0 413 XYX B1, welches unter dem 19.6.1990 angemeldet wurde die Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 3 920 XXY vom 22.6.1989 wiederum in Anspruch nimmt.
Allerdings scheint dieses Schutzrecht nicht mehr in Kraft zu stehen, da augenscheinlich zuletzt im Jahr 2005 die Verläng...