Leitsatz (amtlich)
Eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist ungeachtet der Voraussetzungen eines Bargeschäfts nicht gemäß § 142 InsO ausgeschlossen, da das Bargeschäftsprivileg bei der Anfechtung der Besicherung eines Gesellschafterdarlehens generell nicht gilt (BGH, Urt. v. 14.02.2019 - IX ZR 149/16, Rn. 40 ff.). Das gilt auch in den Fällen, in denen das Insolvenzverfahren nach dem 04.04.2017 eröffnet worden ist.
Normenkette
InsO n.F. § 135 Abs. 1, § 142 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 3 O 125/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10.01.2019 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal (3 O 125/18) teilweise abgeändert.
Die Klage wird vollen Umfangs abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger hat von dem Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der C. AG (Schuldnerin) die Zahlung eines Betrages von 34.119,41 EUR nebst Zinsen als Erlös aus der Verwertung vermeintlicher Sicherheiten begehrt. Er war zu 56,5 % an dem Grundkapital der Schuldnerin von 50.000 EUR beteiligt und hatte dieser bereits seit 2009 mehrfach Darlehen zur Überwindung von Liquiditätsengpässen gewährt. Am 20.05.2017 gewährte der Kläger in Kenntnis der wirtschaftlichen Krise der Schuldnerin ein Darlehen in Höhe von 35.004,00 EUR. Es wurde vereinbart, dass das Darlehen mit Zinsen in Höhe von 8 % zurückbezahlt werde, sobald das ZDF noch offene Forderungen der Schuldnerin in Höhe von circa 150.000,00 EUR beglichen habe. Das Darlehen wurde am 23.05.2017 ausgezahlt. Aufgrund eines Antrags der Schuldnerin vom 29.06.2017 wurde das Insolvenzverfahren über deren Vermögen am 01.08.2017 eröffnet. Das ZDF hat die offene Forderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Masse gezahlt. Außerdem hat der Beklagte die Nutzungsrechte und das Eigentum an dem Quellcode (Source-Code) für die von der Schuldnerin erstellte Software "I." an das ZDF veräußert und hierfür einen Betrag von 31.957,34 EUR erhalten.
Der Kläger hat behauptet, er sei zur Darlehensgewährung an die Schuldnerin nur gegen werthaltige Sicherheiten bereit gewesen. Die Schuldnerin habe ihm die Übertragung der Datenträger mit dem Quellcode für die von ihr erstellte Software "I.", der zugehörigen Softwaredokumentation und des ausschließlichen, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten Nutzungsrechts für diese Software angeboten. Dieses Angebot und die zugehörigen Abtretungen und Übereignungen seien von ihm angenommen worden. Die Besicherung der Darlehensforderung stelle ein unanfechtbares Bargeschäft dar. Der Beklagte habe durch die Verwertung der ihm gewährten Sicherheiten einen über dem von ihm zur Zahlung begehrten Betrag liegenden Verwertungserlös erzielt. Auszuzahlen sei der ihm zustehende Forderungsbetrag (Darlehen zuzüglich Zinsen), abzüglich eines Feststellungskostenbeitrages i.H.v. 4 %.
Der Beklagte hat die Gewährung einer Sicherheit, über die unstreitig keine schriftliche Vereinbarung existiert, bestritten und im Übrigen geltend gemacht, die Besicherung sei jedenfalls nach §§ 135 Abs. 1 Nr. 1, 133 Abs. 1 u. 3 InsO anfechtbar. Die Vorschriften über das Bargeschäft fänden auf die Besicherung eines Gesellschafterdarlehens keine Anwendung. Darüber hinaus könne die Absonderungsberechtigung des Klägers, wenn überhaupt, nur im gleichen Rang bestehen wie die gesicherte Hauptforderung und damit im Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat den Beklagten nach Beweisaufnahme unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 30.679,05 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf Auskehr des Erlöses gemäß §§ 50, 51 Nr. 1, 170 Abs. 1 S. 2 InsO. Nach der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass dem Kläger der vom Beklagten verwertete Quellcode für die von der Schuldnerin erstellte Software "I." aufgrund einer mündlichen Vereinbarung vom 20.05.2017 übereignet worden sei. Auszuzahlen sei der Verwertungserlös abzüglich eines Feststellungskostenbeitrags i.H.v. 4 % (1.278,29 EUR). Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen einer Anfechtung des Gesellschafterdarlehens vorlägen, könne sich der Kläger auf das Bargeschäftsprivileg gemäß § 142 InsO berufen. Zwar sei das Verhältnis von § 142 InsO zu § 135 InsO umstritten, nach richtiger Auffassung sei das Bargeschäftsprivileg jedoch nach seinem Wortlaut grundsätzlich bei sämtlichen Anfechtungstatbeständen der Insolvenzordnung anwendbar und finde insbesondere auch Anwendung bei der angemessenen anfängl...