Leitsatz (amtlich)
1. Wer ein Fahrzeug als "Oldtimer mit Macken" (hier: Porsche 911Targa, Erstzulassung 2/1973, Kilometerstand 95.000) kauft, muss mit der vorausgesetzten oder üblichen Beschaffenheit nicht widersprechenden (Verschleiß-) Erscheinungen (hier: Bremsanlage, Spureinstellung, Lenkungsspiel, Ölverlust) auch dann rechnen, wenn ihm das Fahrzeug als "fahrbereit" verkauft worden ist.
2. Gibt der Verkäufer dem Käufer Kenntnis von einem Sachverständigengutachten, das ausdrücklich darauf hinweist, dass der Bewertung des Fahrzeugs mit der Zustandsnote von 3 - nur eine oberflächliche Untersuchung zugrunde lag und der Sachverständige es für möglich hielt, dass eine genauere Untersuchung des Fahrzeugs zu einer Abwertung um 0,5 Punkte und damit zu einem erheblich geringeren Marktwert führen konnte, vertraut der Käufer gleichwohl auf die Einstufung des Fahrzeugs mit Note 3 - und bleibt ihm deshalb ein schlechterer Fahrzeugzustand unbekannt, so verhält er sich grob fahrlässig.
Normenkette
BGB §§ 323, 434 Abs. 1 S. 1, § 434 S. 2 Nr. 2, § 437 Nr. 2, § 442 Abs. 1 S. 1, § 442 S. 2
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 23.07.2012; Aktenzeichen 4 O 322/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 23.7.2012 verkündete Urteil der 04. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Duisburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt:
bis 23.000 EUR,
ab 25.2.2013: 11.911 EUR.
Gründe
I. Der Kläger macht Ansprüche auf Rückabwicklung eines bei der Beklagten getätigten Kaufes eines Porsche 911 Targa, Erstzulassung 2/1973, Kilometerstand 95.000, geltend.
Das von dem selbständigen Kfz-Händler S. über das Internet angebotene Fahrzeug war zuvor am 9.4.2010 vom TÜV Rheinland "im Umfang einer Hauptuntersuchung" "mit positivem Ergebnis" untersucht worden; hierbei hatte der TÜV den Erhaltungs- und Pflegezustand des Fahrzeugs jeweils als gut bezeichnet.
Am 13.5.2011 schlossen die Parteien einen Kaufvertrag über den Pkw zum Preis von 21.911 EUR; Ende Mai 2011 übergab die Beklagte dem Kläger das Fahrzeug.
In einer dem Kläger bekannt gegebenen Fahrzeugkurzbewertung vom 28.4.2010 des Sachverständigen L. Sch. (Classic-Data Bewertungspartner) wurde der Zustand des Fahrzeugs auf Basis der Classic-Data-Bewertungskriterien mit der gemittelten Zustandsnote 3 - bewertet und der Marktwert auf 20.000 EUR geschätzt. Weiter heißt es dort:
"Hinweis:
Bei der Besichtigung wurde nur der äußere Zustand ohne genaue Prüfung und Probefahrt berücksichtigt. Bei sorgfältiger Prüfung können sich Differenzen der Zustandsnote bis +/- 0,5 ergeben."
Dem Gutachten beigefügt war eine Beschreibung der Zustandsnoten ("Marktbeobachtung"). Dort heißt es zu der Note 3: "Gebrauchter Zustand: Normale Spuren der Jahre. Kleinere Mängel, aber voll fahrbereit. Keine Durchrostungen. Keine sofortigen Arbeiten notwendig. Nicht schön (i.S.v. besonders gepflegt), aber gebrauchsfähig." und zu Note 4: "Verbrauchter Zustand. Nur bedingt fahrbereit. Sofortige Arbeiten notwendig: Leichtere bis mittlere Durchrostungen: Einige kleinere Teile fehlen oder sind defekt. Teilrestauriert. Leicht zu reparieren (bzw. restaurieren)."
In dem schriftlichen Kaufvertrag findet sich die vorgedruckte Bestimmung: "Das Fahrzeug ist fahrbereit", die mit "ja" angekreuzt ist, ferner unter "Sondervereinbarungen" der handschriftliche Eintrag:
"Oldtimer mit Macken, keine Garantie".
Bei der Überführungsfahrt des Pkw von Duisburg nach Rheine blieb das Fahrzeug liegen. Da ein Gang nicht mehr eingelegt werden konnte, wurde der Wagen durch den ADAC abgeschleppt und in die nächstgelegene Werkstatt, die Auto D. GmbH in Rheine, verbracht, wo das Schaltgestänge für 192,07 EUR repariert wurde. Hierbei wurde - so der Kläger - starker Ölverlust festgestellt.
Mit Anwaltsschreiben vom 30.6.2011 rügte der Kläger Bremsanlage, Spureinstellung, Lenkungsspiel als mangelhaft, beanstandete "Ölverlust in erheblichem Umfang" und forderte die Beklagte auf, sich bis zum 11.7.2011 zu erklären, ob sie bereit sei, das Fahrzeug ordnungsgemäß auf ihre Kosten instand zu setzen und die Mängel zu beheben.
Unter dem 12.7.2011 erklärte der Kläger sodann mit Bezug auf die Fristsetzung in seinem Schreiben vom 30.6.2011 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Rücknahme des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises bis zum 20.7.2011 auf.
Die Beklagte lehnte eine Rückzahlung des Kaufpreises ab.
Am 29.8.2011 stellte der TÜV Nord bei einer Untersuchung verschiedene Mängel des Fahrzeugs fest, weshalb eine Prüfplakette wegen "erheblicher Mängel" (u. A. "Rahmen/tragende Teile hinten unsachgemäß repariert ...", Durchrostungen Mitte, die Rahmen oder tragende Teile erheblich schwächen", ebenso hinten; "starker Ölverlust am Motor, tropft", "Stabilisator an der Vorderachse, Befestigung ausgeschlagen/schadhaft", ebenso an der Hinterachse) nicht erteilt wurde.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 21.911 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpu...