Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Pächter bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Zweifel, ob ein ihm zur Nutzung als Swinger-Club verpachtetes Einfamilienhaus zu dem vereinbarten Zweck genutzt werden kann, ist ein Schadensersatzanspruch wegen getätigter Investitionen gem. § 254 BGB ausgeschlossen, wenn er erst nach Vornahme derselben bei der zuständigen Genehmigungsbehörde Erkundigungen über eine mögliche Konzessionierung einholt und hierbei erfährt, dass ein Swinger-Club nicht genehmigungsfähig ist.
2. Das Fehlen einer an sich erforderlichen bauordnungsrechtlichen Genehmigung führt nicht automatisch zur Annahme eines Mangels gem. § 537 BGB a.F. und zur Nichtgewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs. Voraussetzung dafür ist vielmehr, dass die fehlende Genehmigung eine Aufhebung oder erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Folge hat. Eine solche liegt im Allgemeinen nur vor, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts zu dem vereinbarten Zweck untersagt oder wenn ein behördliches Einschreiten insoweit zu erwarten ist.
3. Die Anwendung des § 15 BauNVO ist auf "Baugebiete" beschränkt und erfasst nicht den Außenbereich (§ 35 BauRB).
4. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt nach § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauRB insb. vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Hierzu zählt das Interesse angrenzender Bewohner an der Freihaltung von Verkehrslärm, insb. des Zu- und Abgangs von Besucherfahrzeugen, wie sie bei einer Nutzung als Swinger-Clubs naturgemäß zu erwarten sind.
5. Ein Swinger-Club kann bauplanungsrechtlich nicht einer Gaststätte gleichgesetzt werden. Vielmehr handelt es sich um eine Vergnügungsstätte.
Normenkette
BGB §§ 123, 154 Abs. 2, §§ 242, 254, 537 Abs. 1 a.F., § 538 a.F., §§ 581, 823, 826; BauRB § 35; BauNVO § 15
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 09.06.2004; Aktenzeichen 2 O 172/01) |
Tenor
Unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung wird das am 9.6.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Kleve teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.267,05 EUR zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2001.
Die weiter gehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 65 %, der Beklagte zu 35 %.
Die Kosten der Berufung tragen der Kläger zu 44 %, der Beklagte zu 56 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche aus einem zwischenzeitlich beendeten Mietverhältnis über das an den Kläger zum Betrieb eines Swinger-Clubs vermietete Objekt T.-allee ... in R. Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der getroffenen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (GA 368 R ff.).
Das LG hat der auf Ersatz nutzloser Aufwendungen gerichteten Schadensersatzklage aus § 538 BGB wegen ordnungsbehördlich unzulässiger Nutzung der Mieträume als Swinger-Club - teilweise - i.H.v. 14.210,66 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.6.2001 stattgegeben und die Widerklage auf Zahlung rückständiger Miete bzw. Nutzungsentschädigung i.H.v. 10.379,23 EUR abgewiesen. Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen seine Verurteilung sowie die Abweisung seiner Widerklage. Der Beklagte rügt die Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen in Bezug auf die Beweiserhebung zu der Frage, ob es im Oktober 2000 tatsächlich rechtliche Beschränkungen seitens der Verwaltung der Stadt R. hinsichtlich der Nutzung der Mieträume als Swinger-Club gegeben habe. Das LG habe die Beweisfrage nicht differenziert genug gestellt, weil es verkannt habe, dass es einerseits um die Konzessionsfähigkeit nach der Gewerbeordnung und andererseits um die Nutzungszulässigkeit im baurechtlichen Sinn gegangen sei. Zuständig für die Beantwortung der Beweisfrage sei zudem der Landrat K. als untere Bauaufsichtsbehörde und nicht die Stadt R. gewesen. Die amtliche Auskunft der Stadt R. sei schließlich in mehrfacher Hinsicht unrichtig, weil die Stadt R. die Voraussetzungen der §§ 34, 35 BauRB sowie verkannt habe, dass die dargelegten Störungen grundsätzlich mit Mitteln des Polizeirechts hätten beseitigt werden können. Im Übrigen habe die Behörde Kenntnis über die jahrelange "unzulässige Nutzung" des Mietobjekts in der Vergangenheit gehabt und diese damit geduldet. Eine solche behördliche Duldung schließe den Anspruch aus Mängelhaftung aus. Da die Verweigerung der geschuldeten Mietzahlung i.H.v. 3.500 DM monatlich daher unberechtigt gewesen sei, stehe ihm der mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu. Das LG habe es unterlassen, einen etwaigen Mindestwert für die monatliche Nutzung des Objekts zu schätzen. Soweit der von ihm beanspruchte Betrag von insgesamt 35.000 DM die geltend gemachte Widerklageforderung übersteigt, erklärt er hilfsweise die Aufrechnung ggü. der Klagefo...