Leitsatz (amtlich)
Zu den Pflichten von Inline-Scatern auf gemeinsamen Rad- und Fußwegen.
Normenkette
StVO § 41 Abs. 2 Nr. 5c, § 24 Abs. 1, § 16 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger befuhr mit seinem Fahrrad einen 3,20 m breiten asphaltierten Weg entlang des Rheins, der durch Zeichen 240 als gemeinsamer Rad- und Fußweg ausgewiesen war. Vor ihm waren in gleicher Richtung die Beklagte und deren Freund auf Inline-Scates unterwegs. Beide fuhren zunächst nebeneinander, trennten sich dann aber, als ihnen ein anderer Radfahrer entgegen kam. Als dieser an ihnen vorbei gefahren war, blieb die Beklagte zunächst hinter ihrem Freund zurück. Der Kläger klingelte darauf und setzte dazu an, die Beklagte zu überholen. Dabei kam es zur Kollision. Der Kläger stürzte und zog sich multiple Verletzungen, u.a. eine Claviacularfraktur und eine Rippenfraktur zu. Außerdem wurde sein Fahrrad erheblich beschädigt. Er hat von der Beklagten Schadenersatz und Schmerzensgeld verlangt.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil ein Verschulden der Beklagten nicht nachgewiesen sei. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Das LG ist auf Grund zutreffender Tatsachenfeststellungen zu der Einschätzung gelangt, dass eine für § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 StVO erforderliche schuldhafte Sorgfaltspflichtsverletzung der Beklagten nicht bewiesen wurde.
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II. Da es sich vorliegend um eine Kollision eines Radfahrers mit einem als Fußgänger zu behandelnden Inline-Skater handelt, kommt als Haftungsgrundlage für die geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche allein §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, 1 Abs. 1 StVO, 249 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB in Betracht.
Den erforderlichen Nachweis für eine solche Haftung, nämlich dass die Beklagte das Unfallereignis durch einen schuldhaften Verstoß gegen die ihr im Zusammenhang mit der konkreten Verkehrslage auf den Fuß-und Radweg obliegenden Pflichten zumindest mit verursacht hat, hat der Kläger indes nicht erbracht.
III. Zwischen den Parteien unstreitig ereignete sich die Kollision auf einen für Kraftfahrzeuge gesperrten und durch das Straßenverkehrszeichen Nr. 240 zu § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO ("Gemeinsamer Fuß- und Radweg) für Fußgänger und Fahrradfahrer gleichermaßen freigegebenen Weg, den der Kläger als Radfahrer und die Beklagte als Inline-Skaterin befuhr.
Bei der Beklagten handelte es sich dabei um eine Fußgängerin, die sich eines besonderen Fortbewegungsmittels i.S.d. § 24 Abs. 1 StVO bediente. Da die gesetzliche Neuregelung des § 24 Abs. 1 StVO n.F. hinsichtlich der klarstellenden, verkehrsrechtlichen Beurteilung der Inlineskater als Fußgänger erst mit Wirkung zum 1.9.2009 in Kraft trat, konnte diese unmittelbar für die Beurteilung des Unfallereignisses am 19.8.2008 nicht herangezogen werden. Ausgehend von der Grundsatzentscheidung des BGH vom 19.3.2002 (NJW 2002, 1955) war aber bereits vor dieser Novellierung anerkannt, dass es sich bei Inline-Skates um besondere Fortbewegungsmittel i.S.d. § 24 Abs. 1 StVO a.F. handelte, so dass der Inlineskater grundsätzlich den für Fußgänger geltenden Verkehrsregeln unterworfen war (vgl. auch OLG Koblenz NJW-RR 2001, 1392; KG, Urt. v. 5.7.2007 - 12 U 195/05 zitiert nach Juris, Jagow/Burmann/Hess, Straßenverkehrsrecht, § 24 Rz. 3). Infolgedessen war die Beklagte als Fußgängerin unter Nutzung von Inlineskates insbesondere auch berechtigt, gemeinsame Fuß- und Radwege, die durch das Zeichen 240 nach § 41 Abs. 2 Nr. 5 StPO ausgeschildert sind, zu nutzen (vgl. KG, a.a.O.).
1.) Ein schuldhafter Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot durch die Beklagte kam aufgrund der vorgenannten rechtlichen Einordnung im Hinblick auf die Benutzung von Inline-Skates nicht in Betracht. Aus der grundsätzlichen Einordnung der Inlineskater als Fußgänger folgt, dass die Beklagte gerade nicht dem strikten Rechtsfahrgebot unterlag, sondern wie herkömmliche Fußgänger den Rad-/Gehweg grundsätzlich in der gesamten Breite nutzen durfte. Denn Fußgänger können auch auf einem von Radfahrern und Fußgängern zulässigerweise benutzten gemeinsamen Rad-/Gehweg den von ihnen bevorzugten Wegteil frei wählen (KG VersR 1977, 770; Zieres in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., § 27 Rz. 600). Dies folgt ausdrücklich für Inline-Skater nunmehr auch aus der ab dem 1.9.2009 geltenden Neuregelung des § 31 Abs. 2 StVO, wonach ein Rechtsfahrgebot lediglich auf Fahrbahnen, Seitenstreifen und Radwegen, bei denen ausnahmsweise durch das Zusatzzeichen die entsprechende Freigabe für Inlineskater vorgegeben wird, gilt. Im Umkehrschluss ergibt sich hieraus, dass bei einer gemeinsamen Freigabe eines Weges für Fußgänger und Fahrradfahrer der Inlineskater sich gerade nicht an dem entsprechenden rechten Fahrbahnrand bewegen muss. Eine Pflichtverletzung der Beklagten war daher nicht bereits deshalb gegeben, wenn sie - wie vom Kläger behauptet - den Radweg nicht äußerst rechts befahren hätte und au...