Verfahrensgang

LG Krefeld (Aktenzeichen 11 O 98/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.07.2021 verkündete Urteil der Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Krefeld unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 55.053,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2020 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin leistet den technischen Service und Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten für eine Biogasanlage der A. GmbH & Co.KG (nachfolgend: Zedentin). Teil der Biogasanlage ist ein Blockheizkraftwerk, in dem über einen Motor der B. vom Typ 0000000 Strom und Wärme produziert wird. Die Klägerin ließ Wartungen des Motors von der Beklagten ausführen. Koordiniert wird die Wartung von dem (selbständigen) Auftragnehmer der Klägerin C., einem Kfz-Sachverständigen.

Für die Wartung gibt es Vorgaben des Herstellers. Unter dem 13.08.2013 gab der Hersteller eine Servicemitteilung heraus (GA 752/pdf 648). In dieser heißt es, dass neue Haupt- und Passlager eingeführt werden. Im Rahmen der technischen Weiterentwicklung würden neue Haupt- und Passlager (Sputterlager mit Synthecschicht) eingeführt. Für das Hauptlager werden die Teilenummern 001 (ALT) und 002 (NEU), für das Passlager 003 (ALT) und 004 (NEU) angeführt. Ferner wird auf Folgendes hingewiesen:

"Die Haupt- und Passlager ALT dürfen nicht mehr verbaut werden.

Eine Mischverbauung der Haupt- und Passlager ALT und NEU in einem Motor ist nicht zulässig."

Erstmalig wurde die Wartung des Motors (Wartungsmaßnahme E40) am 25.05.2016 durchgeführt. Weitere E40-Wartungen fanden am 28.08.2016 und 14.11.2016 statt.

Am 06.02.2017 fand eine weitere E40-Wartung bei ca. 43.000 Betriebsstunden statt. In dem Servicenachweis über die Wartung am 06.02.2017 wurde ein Axialspiel der Kurbelwelle von 0,40 mm dokumentiert (Anlage K 23.4, GA 400/pdf 317). Das Axialspiel darf maximal 0,120 bis 0,240 mm betragen (Anlage K 24, GA 401/pdf 318).

In der Zeit vom 24.04. bis 28.04.2017 führte die Beklagte für die Klägerin die E60-Wartung aus (Angebot Beklagte vom 28.02.2017 = Anlage K 1, GA9/pdf 9, Rechnung vom 17.05.2017 = Anlage K 2, GA 17/pdf 17). In dem Angebot vom 28.02.2017 bot die Beklagte unter Pos. 440 1 Stück Passlager für KW (= Kurbelwelle) mit der Teilenummer 003 und 6 Stück Kurbelwellenlager mit der Teilenummer 001 an. Diese Teilenummern entsprechen den Teilenummern ALT aus der Servicemitteilung vom 13.08.2013. In der Rechnung über die Wartungsarbeiten vom 24.04. bis 28.04.2017 wurde unter Pos. 330 1 Stück Passlager mit der Teilenummer 003 abgerechnet.

Im Nachgang zu der vom 24.04. bis 28.04.2017 durchgeführten Wartung wurden am 31.07.2017 eine E30-Wartung, am 30.10.2017 eine E40-Wartung und 07.02.2018 eine E40-Wartung durchgeführt.

Am 17.03.2018 fiel der Motor mit der Anzeige "kritische Motorsteuerung" aus. Die Beklagte untersuchte den Motor und reparierte den Schaden. Hierfür stellte sie 89.301,93 EUR in Rechnung, u. a. für den Austausch des Motorblocks. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, für den Motorschaden verantwortlich zu sein. Sie klagt aus eigenem und abgetretenen Recht der Zedentin.

Die Klägerin hat sich zunächst auf ein von dem Maschinenbruchversicherer eingeholtes Gutachten berufen (Anlage K 4, GA29/pdf 29). Darin ist vermerkt, dass die letzte E40-Wartung und der letzte Ölwechsel am 07.02.2018 bei 51.828 Betriebsstunden stattgefunden hätten. Die letzte E60-Wartung habe am 28.04.2017 bei 45.165 Betriebsstunden stattgefunden. Primär seien Schäden an der Kurbelwelle, an den beiden Grundlagerdeckeln und an den Grundlagerschalen entstanden (Gutachten Seite 11). Die Zerstörung der Grundlager sei Folge eines Ermüdungsbruchs mit "ausgebrochenem" Lagermaterial (Gutachten Seite 12). Die Grundlager seien mit hoher Wahrscheinlichkeit noch im Originalzustand. Die Teilenummer der Grundlagerschalen könne mit 001 rekonstruiert werden, die Teilenummer der Passlagerschalen mit 003 (Gutachten Seite 25). Die Grund- und Passlager seien danach nicht gegen die optimierten Grundlager/Passlager gemäß Servicemittelung der Fa. B. ausgetauscht worden (Gutachten Seite 26). Bei Umsetzung der Servicemitteilung wäre der vorbeschriebene Schaden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vermeidbar gewesen (Gutachten Seite 34).

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass die Haupt- und Passlager hätten ausgetauscht werden müssen. Sie habe die Wartungen gemäß Wartungsplan der Beklagten ausführen lassen. In der Anlage K 21 heißt es: "Instandsetzung E60 gemäß Hersteller-Vorgaben". Hieraus l...

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