Leitsatz (amtlich)

Zur Zulässigkeit von Rücktrittspauschalen bei Reiseverträgen, die im Wege des sog. "Dynamic Packaging" zusammengestellt worden sind.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 05.02.2014; Aktenzeichen 12 O 361/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.2.2014 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, es zu unterlassen, in Bezug auf Reiseverträge, die mit Verbrauchern geschlossen und im Wege des "Dynamic Packaging" gebucht werden, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen, sowie sich darauf bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1.4.1977, zu berufen:

"Die pauschalierten Rücktrittskosten betragen:

Bis zum 15. Tag vor Reisebeginn 40 % des Reisepreises, 14. Tag bis 8. Tag vor Reisebeginn 60 % des Reisepreises, ab 7. Tag vor Reisebeginn 70 % des Reisepreises, am Tag des Reiseantritts oderbei Nichtantritt der Reise 90 % des Reisepreises."

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger, eine Verbraucherzentrale, nimmt die Beklagte, eine Reiseveranstalterin, auf Unterlassung der Verwendung von folgender Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch:

"Die pauschalierten Rücktrittskosten betragen:

Bis zum 15. Tag vor Reisebeginn 40 % des Reisepreises,

14. Tag bis 8. Tag vor Reisebeginn 60 % des Reisepreises,

ab 7. Tag vor Reisebeginn 70 % des Reisepreises,

am Tag des Reiseantritts oder

bei Nichtantritt der Reise 90 % des Reisepreises."

Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Es hat dies damit begründet, deren Zulässigkeit stehe nicht die Fassung des Klageantrags entgegen, weil es zulässig sei, die Art des Rechtsgeschäfts über den rechtlichen Vertragstyp zu definieren.

Der Klägerin stehe auch gem. §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG eine Anspruch gegen die Beklagte zu, die Einbeziehung der streitgegenständlichen Klausel bei Abschluss von Reiseverträgen bzw. die Berufung hierauf bei bereits abgeschlossenen Verträgen zu unterlassen, weil diese Klausel gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 651i BGB verstoße. Die Beklagte habe den Nachweis nicht erbracht, dass die geforderte Pauschale dem typischen Schaden entspreche, der der Beklagten durch den Rücktritt des Kunden entstehe. Ob und inwieweit in der Berechnung der Stornierungspauschalen die ersparten Aufwendungen der Beklagten angemessen berücksichtigt würden, sei mangels Vorlage einer konkreten Berechnung nicht nachvollziehbar. Die Beklagte habe weder dargelegt, in welchem Umfang die einzelnen Reiseleistungen an der Zusammensetzung der Pauschale Anteil hätten, noch nenne sie Zahlen, die ihren Schaden belegten oder weise nach, in welchem Umfang sie tatsächlich Aufwendungen erspart bzw. was sie anderweitig durch Weiterverwendung der Reiseleistungen erwerbe und wie sie diese Beträge aus ihrer Kalkulation heraus gerechnet habe.

Das gelte insbesondere hinsichtlich des Schadens, der im Falle einer Flugstornierung entstehe, weil sich nicht nachvollziehen lasse, wie sich der regelmäßige Schaden konkret zusammensetze. Insbesondere habe die Beklagte nicht dargelegt, in welcher Höhe sie Aufwendungen aufgrund der Erstattung von Steuern und Gebühren erspare und ob und in welchem Umfang dieser Umstand bei der Berechnung der Pauschale Berücksichtigung gefunden habe. Gleiches gelte für die Berechnung der angemessenen Entschädigung hinsichtlich der Reiseleistung Hotel. Die Beklagte trage insbesondere nicht vor, ob und in welchem Umfang sie den anderweitigen Erwerb durch die Weitervermittlung der Hotelzimmer beachtet habe, die aus ihrem Hotelkontingent stammten. Sofern die Weitervermittlung nicht klappe, fehle es an einer Darlegung, inwieweit der Umstand, dass die Hotelzimmer voll oder anteilig zu zahlen seien für die Berechnung der angemessenen Pauschale von Bedeutung sei. Unabhängig davon seien die Aufwendungen, die bei Nichtbelegung eines Hotelzimmers entfielen, wie Reinigungskosten oder Kosten für Mahlzeiten aus der Berechnung herauszunehmen, weil diese Kosten dem Hotelier nicht anfielen und er sie der Beklagten nicht belasten dürfe.

Unabhängig davon überzeugten die Ausführungen der Beklagten hinsichtlich der Weiterverwendung der Reiseleistung Flug nicht. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf ihre Behauptung, sie habe keine Möglichkeit den Flug in ihr eigenes Flugangebot aufzunehmen und einem anderen Kunden anzubieten.

Die Kammer halte auch die Einstiegspauschale von 40 % für deutlich überhöht. Insbesondere sei zu beachten, dass die Pauschale auch bei Stornierungen Monate vor Reisebeginn anfalle. In diesem Fall werde die Beklagte die Reiseleistungen in der Regel aber weitervermitteln können. Des Weiteren habe die Beklagte nicht dargelegt, wie ...

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