Leitsatz (amtlich)
Kapitalzinsen und Sparprämien, die im Rahmen eines zur zusätzlichen Alterssicherung abgeschlossenen Sparvertrages jährlich anfallen, dabei jedoch kapitalerhöhend auf dem Sparkonto verbleiben, sind bei der Bewertung der Einkünfte eines Kindes zum Zwecke der Zahlung von Elternunterhalt nicht als Einkommen, sondern als dem Kind nach Maßgabe von BGH (FamRZ 2006, 1511, 1516) zu belassende Rendite anzusehen.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 4. August 2008 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum vom 01.09.2005 bis 31.05.2007 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 5.362 € nebst Zinsen in Höhe von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.803 € seit dem 01.10.2006 und aus weiteren 1.559 € seit dem 01.06.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz tragen die Klägerin 38 %, der Beklagte 62 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 53 % und der Beklagte zu 47 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 4.212,56 €
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Unterhalt für seine 1928 geborene Mutter in Anspruch. Diese leidet seit 2004 an zunehmender Demenz und den Folgen verschiedener Operationen; sie lebt in einem Wohnstift. Die Klägerin gewährt ihr Sozialhilfe in Form der Übernahme ungedeckter Heimkosten. Davon wurde der Beklagte durch Rechtswahrungsanzeige vom 14.03.2005 unterrichtet.
Der 1958 geborene Beklagte ist das einzige Kind seiner Mutter und von Beruf Staatsanwalt, sein jährliches Bruttoeinkommen liegt bei rund 58.600 €.
Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, sich in Höhe von 7.609,20 € an den in der Zeit von September 2005 bis einschl. Mai 2007 entstandenen ungedeckten Heimkosten von 10.912,34 € zu beteiligen. Im Übrigen hat es die Klage mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten abgewiesen.
Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte eine Reduzierung dieses Betrages auf 5.182 €. Er ist der Auffassung, das Amtsgericht habe zum einen seine konkreten berufsbedingten Aufwendungen nicht ausreichend berücksichtigt; neben den Fahrtkosten falle auch sein Beitrag zum Richterbund ins Gewicht. Das Amtsgericht hätte überdies die Belastungen, die durch seine auch aus ärztlicher Sicht gebotenen nahezu täglichen Fahrten zur Mutter ins Heim entstünden, in Abzug bringen müssen. Schließlich seien seine monatlichen Zahlungen von 230 € für eine seit 1997 bestehende zusätzliche Altersversorgung zu Unrecht unberücksichtigt geblieben.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.
II.
Die Berufung hat im wesentlichen Erfolg.
Der Beklagte ist gemäß §§ 1601 ff. BGB, 94 SGB XII zur Zahlung von Elternunterhalt in Höhe von 5.362 € für die Zeit von September 2005 bis Mai 2007 verpflichtet.
Die vom Beklagten zu leistende Zahlung ist in zweiter Instanz zuletzt nur noch in wenigen Punkten zur Höhe streitig. Im Einzelnen:
In der Sache zu Unrecht macht der Beklagte geltend, dass die Fahrstrecke zwischen seiner Wohnung und seinem Arbeitsplatz 15,7 km betrage. Dass er dabei einen Umweg über die Autobahn in Anspruch nimmt, ist unterhaltsrechtlich unbeachtlich; es ist gerichtsbekannt, dass die auch im Einkommensteuerbescheid angegebene einfache Fahrstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsplatz von 13 km ausreicht, zumal der kürzere Weg den Vorteil hat, chronische Staubereiche auf der Duisburger Stadtautobahn zu umgehen, so dass es auch nicht geboten ist, dem Beklagten zur Zeitersparnis den längeren Weg über die Autobahn zu gestatten.
Weiterhin ist nicht zu verkennen, dass dem Beklagten weitere Fahrtkosten für die - belegten - zahlreichen Besuche seiner Mutter im Wohnstift entstehen. Dass diesen nicht nur eine moralische Verpflichtung des Beklagten, sondern auch gesundheitliche Belange der Mutter zugrunde liegen, hat der Beklagte durch Vorlage entsprechender ärztlicher Bescheinigungen hinreichend dargetan. Dem Beklagten obliegt es jedoch unterhaltsrechtlich, die entstehenden Fahrtkosten auf das notwendige Maß zu beschränken, was vorliegend dadurch zu bewerkstelligen ist, dass die Besuche bei der Mutter mit den Fahrten zum Arbeitsplatz zu koordinieren sind, so dass an einem Arbeitstag eine Fahrtstrecke von rund 34 km zurückzulegen ist (Wohnung-Arbeitsplatz: 13 km; Arbeitsplatz-Wohnstift: 12,3 km; Wohnstift-Wohnung: 8,2 km; ggfs. umgekehrt). Es erscheint angemessen, die monatlichen Fahrtkosten des Beklagten durchgehend mit (220 Arbeitstage x 34 km x 0,30 € / 12 =) 187 € anzusetzen, selbst wenn der Beklagte seine Mutter nicht an jedem Arbeitstag besuchen mag; auch an den übrigen Tagen des Jahres entstehen dem Beklagten Fahrtkosten für die Besuche der Mutter, die damit zum Teil abgegolten und im übrigen vom Beklagten aus seinem Selbstbehalt zu erbringen sind, wie es jedem einen Angehörigen besuchenden Verwandten in gewissem...